Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Verjährungsbeginn beim Pflichtteil – Muss man Kenntnis von einem positiven Nachlasswert haben?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Pflichtteil verjährt grundsätzlich in drei Jahren
  • Kenntnis von einzelnen Nachlasswerten ist für den Beginn der Verjährungsfrist nicht erforderlich
  • Kenntnis von einem insgesamt positiven Nachlass kann für Verjährung bedeutsam sein

Erbschaftsangelegenheiten entwickeln sich zuweilen eher schleppend. So kommt es immer wieder vor, dass Beteiligte erst Jahre nach dem Eintritt des Erbfalls Kenntnis davon erlangen, dass sich durchaus namhaftes Vermögen im Nachlass befunden hat.

In vielen Fällen, in denen man als Beteiligter an einer Nachlassangelegenheit erst Jahre nach dem Erbfall Kenntnis von den tatsächlichen Verhältnissen des Erblasservermögens erhält, steht die Verjährung im Raum.

Dies gilt insbesondere für den Pflichtteilsberechtigten, der auf der einen Seite zwar ein naher Familienangehöriger des Erblassers ist, auf der anderen Seite aber keinerlei Rechte am Nachlass hat. Entsprechend muss der Pflichtteilsberechtigte seine Entscheidungen manchmal auf Basis einer eher dünnen Informationsgrundlage treffen.

Pflichtteilsberechtigter erfährt Jahre nach dem Erbfall von Vermögen des Erblassers

Welche Rechte hat aber der Pflichtteilsberechtigte, wenn er erst Jahre nach dem Eintritt des Erbfalls Kenntnis davon erhält, dass das Erblasservermögen – entgegen ursprünglicher Annahmen – durchaus werthaltig war und der Pflichtteilsanspruch entsprechend lukrativ gewesen wäre?

Dem Grunde nach verjährt der Pflichtteilsanspruch in drei Jahren. Die Verjährung des Pflichtteils beginnt nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Pflichtteilsberechtigte von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Erben Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Übersetzt bedeutet dies: Tritt der Erbfall beispielsweise im Jahr 2018 ein und wird dem Pflichtteilsberechtigten – wie üblich – in diesem Jahr vom Nachlassgericht das Testament bzw. der Erbvertrag übermittelt, dem er seine Enterbung entnehmen kann, dann verjährt der Pflichtteil zum Ende des Jahres 2021.

Im Beispielsfall kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Anspruch mithin am  01.Januar 2022 nicht mehr vor Gericht durchsetzen. Der Erbe als Anspruchsgegner muss vor Gericht in diesem Fall lediglich die Verjährung einwenden, um eine Klage des Pflichtteilsberechtigten abzuwehren.

Jahre nach dem Erbfall tauchen Millionenwerte auf

Was soll aber gelten, wenn der Pflichtteilsberechtigte im Jahr 2022 – und damit nach Eintritt der Verjährung –  plötzlich davon erfährt, dass sich im Nachlass Millionenwerte befunden haben, von denen er bisher keine Ahnung hatte?

Oder ist es gerechtfertigt, die Verjährung zuzulassen, wenn der Pflichtteilsberechtigte nicht nur von einzelnen Vermögenswerten nichts wusste, sondern insgesamt – irrtümlich – davon ausging, dass der Nachlass überschuldet und nicht werthaltig ist?

Die erstere Frage ist bereits vom Bundesgerichtshof rechtskräftig entschieden worden. Demnach ist es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist nicht erforderlich, dass der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis über den konkreten Nachlassbestand oder sogar über den Nachlasswert hat.

Wie entscheiden die Gerichte?

Taucht im Nachgang – und nach Ablauf der Verjährungsfrist – weiteres Vermögen des Erblassers auf, dann spricht eine Menge dafür, dass Gerichte eine Klage des Pflichtteilsberechtigten mit Hinweis auf die Verjährung abweisen würden.

Etwas anderes gilt allerdings möglicherweise für die Fälle, bei denen der Pflichtteilsberechtigte davon ausgeht, dass der Nachlass insgesamt einen negativen Wert hat und der Pflichtteilsberechtigte aus diesem Grund von der Geltendmachung seines Anspruchs in unverjährter Zeit abgesehen hat.

In einem solchen Fall gibt es durchaus Literaturmeinungen, die den Eintritt der Verjährung – auch nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist – verneinen.

Begründet wird dies mit dem Argument, dass der Pflichtteilsanspruch nur dann entsteht, wenn der Nachlass einen positiven Wert hat. Die Kenntnis von einem solchen positiven Nachlasswert gehöre aber, so diese Meinung, zu den Tatsachen im Sinne von § 2303 BGB, von denen der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis haben muss.

Soweit ersichtlich, ist die Frage bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt worden. Für Betroffene besteht mithin zumindest eine Chance, auch noch nach Jahren ihren Pflichtteilsanspruch durchsetzen zu können.

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