Das Pflichtteilsrecht des geschiedenen Ehegatten …
... gibt es nicht.
Mit Rechtskraft der Scheidung bzw. bereits mit Antrag auf Scheidung erlischt das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten, § 1933 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Nachdem das gesetzliche Erbrecht aber Grundlage für jeden Pflichtteilsanspruch ist, fällt der geschiedene Ehepartner aus dem Kreis derjenigen heraus, die von dem oder den Erben ihren Pflichtteil fordern können.
Das gesetzliche Erbrecht und damit auch das Pflichtteilsrecht ist mit dem Bestand der Ehe verknüpft.
Trotz dieser eindeutigen Rechtsfolge gibt es aber im Erbfall Berührungspunkte zwischen dem geschiedenen Ex-Ehepartner des Erblassers und dem Pflichtteilsrecht.
Unterhaltsrecht des Ex-Ehegatten wird durch Pflichtteil begrenzt
Nach § 1586 b BGB erlischt nämlich ein Unterhaltsanspruch, den der geschiedene Ex-Ehegatte gegen den Erblasser nach der Scheidung hatte, nicht mit dem Erbfall. Auch nach dem Tod des ursprünglichen Unterhaltschuldners hat der Ex-Ehegatte also Anspruch auf Unterhaltszahlungen.
Diese Unterhaltszahlungen schuldet nach dem Tod des Erblassers der Erbe als so genannte Nachlassverbindlichkeit. Der Erbe hat danach dem geschiedenen Ex-Partner des Erblassers den Unterhalt grundsätzlich in genau dem Umfang weiter zu bezahlen, wie es der Ex-Partner auch vom Erblasser verlangen konnte.
Haftung wird auf den (fiktiven) Pflichtteil begrenzt
Die Haftung des Erben für den nachehelichen Unterhalt wird jedoch durch § 1586 b BGB begrenzt. Der Erbe soll nach dieser gesetzlichen Vorschrift nicht über den Betrag hinaus haften, die dem Pflichtteil des Ehegatten entspricht. Der geschiedene Ex-Ehegatte soll also durch den Umstand, dass die Ehe durch eine Scheidung beendet wurde nicht mehr erhalten, als wenn die Ehe durch den Tod des Partners beendet worden wäre.
Dabei berechnet sich die "Haftungsgrenze Pflichtteil" in diesem Fall (zu Gunsten des Erben) alleine nach erbrechtlichen Grundsätzen. Um die Haftungsbeschränkung zu ermitteln, geht es also nur um die Berechnung des Wertes der Hälfte des gesetzlichen Erbteils des Ehegatten.
Nach § 1586 b BGB ist es insbesondere nicht zulässig, güterrechtliche Besonderheiten, die sich insbesondere aus der Vorschrift des § 1371 BGB ergeben, zu Berechnung des Pflichtteils heranzuziehen.
Maßgeblich für die (fiktive) Berechnung des Pflichtteils ist der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Versterbens des Erblassers, nicht etwa der Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt der Scheidung.
Im Rahmen der Ermittlung des Pflichtteils sind aber auch etwaige Pflichtteilsergänzungsansprüche nach den §§ 2325 ff. BGB zugunsten des geschiedenen Expartners zu berücksichtigen.
Hat der Erblasser also zu Lebzeiten und innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall Dritten Schenkungen gemacht, dann ist der Wert dieser Schenkungen nach den Regeln des § 2325 BGB dem Wert des Nachlasses hinzuzurechnen. Jede insoweit relevante Schenkung treibt die Belastung für den Erben nach oben.
Verwirkung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit
Nachdem mit dem Erbfall die Haftung für den Unterhaltsanspruch auf den Erben übergeht und dieser wirtschaftlich für den Unterhalt einzustehen hat, kann der Erbe grundsätzlich auch über die Haftungsbeschränkung des § 1586 b BGB hinaus alle Rechte gegen den Unterhaltsanspruch geltend machen, die auch dem Erblasser schon zugestanden wären.
Hier kommen für den Erben insbesondere die in § 1579 BGB aufgeführten Gründe in Frage, die zu einer Beschränkung oder Versagung des nachehelichen Unterhalts führen können.
Namentlich kann der Erbe sich seiner Zahlungspflicht dann ganz oder zumindest zum Teil entledigen, wenn die weitere Zahlung von Unterhalt grob unbillig wäre, weil
- die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 BGB Unterhalt verlangen kann,
- der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
- der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
- der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
- der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
- der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
- dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
- ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die vorgenannten Gründe.
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