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Pflichtteil: Das vom Erben geschuldete Nachlassverzeichnis muss vollständig und auf den Todestag bezogen sein!

Von: Dr. Georg Weißenfels

LG Heidelberg – Urteil vom 14.10.2021 – 1 O 42/21

  • Erbin übergibt mehrere Teilverzeichnisse über den Nachlass
  • Pflichtteilsberechtigte rügt die Auskünfte als nicht ausreichend
  • Gericht gibt einer Auskunftsklage der Pflichtteilsberechtigten statt

Das Landgericht Heideberg hatte in einem Pflichtteilsstreit über einen Auskunftsanspruch einer Pflichtteilsberechtigten zu entscheiden.

In der Angelegenheit hatte eine Erblasserin ihre Tochter als alleinige Erbin eingesetzt.

Einer Tochter eines vorverstorbenen Sohnes der Erblasserin stand ein Pflichtteilsanspruch gegen die Erbin zu.

Pflichtteilsberechtigte fordert Auskunft von der Erbin

Um ihren Pflichtteilsanspruch realisieren zu können, forderte die Pflichtteilsberechtigte die Erbin auf, Auskunft über die Zusammensetzung des Nachlasses zu erteilen.

Daraufhin übermittelte der Ehemann der Erbin eine Auflistung über den Nachlass. Auf Basis dieser Auflistung leistete die Erbin eine Zahlung auf den Pflichtteilsanspruch.

Die Pflichtteilsberechtigte war mit dieser Art der Auskunftserteilung nicht zufrieden und insistierte weiter auf eine vollständige Aufstellung über den pflichtteilsrelevanten Nachlass.   

Erbin bessert ihre Auskunft nach

In der Folge erreichten die Pflichtteilsberechtigte weitere Erläuterungen der Erbin zum Nachlass.

Nachdem auch diese Erläuterungen die Pflichtteilsberechtigte nicht zufrieden stellen konnten, erhob die Pflichtteilsberechtigte Auskunftsklage gegen die Erbin.

Im Rahmen dieses Rechtsstreits wurde dann ein von der Erbin unterzeichnetes Nachlassverzeichnis vorgelegt.

Erbin kündigt Auswertung von Kontoauszügen an

Weiter ließ die Erbin die Pflichtteilsberechtigte ergänzend wissen, dass sie in den Jahren 2017 und 2018 Zahlungen von der Erblasserin erhalten habe.

Auch kündigte die Erbin an, nach Auswertung der Kontoauszüge von Konten der Erblasserin weitere Informationen preisgeben zu wollen.

Die Pflichtteilsberechtigte vertrat die Auffassung, dass die Erbin mit den bisher erteilten Auskünften ihrer Auskunftspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen sei.

Erbin hält die erteilten Auskünfte für ausreichend

Die Erbin hielt dagegen, dass sie spätestens mit dem im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Nachlassverzeichnis alles Notwendige veranlasst haben.

Das Gericht hielt diese Argumentation der Erbin für zu dünn und gab der Auskunftsklage der Pflichtteilsberechtigten in vollem Umfang statt.

In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass es einem Erben zwar unbenommen sei, die geschuldete Auskunft durch mehrere Teilauskünfte und nicht nur in Form eines Verzeichnisses zu erteilen.

Die Auskunft des Erben muss insgesamt vollständig sein

Insgesamt müsse die Auskunft aber vollständig sein und diese Voraussetzung habe die Erbin zu keinem Zeitpunkt erfüllt.

So sei die erste vom Ehemann der Erbin erstellte Auflistung nicht auf den Todestag der Erblasserin bezogen gewesen und habe auch keine Angaben zu Schenkungen der Erblasserin enthalten.

Auch das im gerichtlichen Verfahren vorgelegte Nachlassverzeichnis sei nicht ausreichend gewesen, da es weder Angaben zu ausgleichungspflichtigen Zuwendungen noch zu Schenkungen der Erblasserin enthalten habe.

Erbin verliert den Prozess und muss das Nachlassverzeichnis noch einmal nachbessern

Insgesamt würde, so das Gericht, keine vollständige Auskunftserteilung durch die Erbin vorliegen.

Die bloß teilweise Erfüllung des Auskunftsanspruchs durch die Erbin müsse die Pflichtteilsberechtigte jedenfalls nicht hinnehmen.

Im Ergebnis musste sich die Erbin danach noch einmal an die Arbeit machen, um ein ordnungsgemäßes Nachlassverzeichnis zu erstellen.

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