Klage wegen Erbe, Pflichtteil oder Vermächtnis – Wo findet der Gerichtsprozess statt?
- Eine Klage ist in erster Instanz vor dem Amtsgericht oder dem Landgericht zu erheben
- Der maßgebliche Ort für den Prozess kann durch den Wohnort des Beklagten bestimmt werden
- Es gibt für erbrechtliche Angelegenheiten einen besonderen Gerichtsstand
Manchmal bleibt einem nach einem Erbfall nichts anderes übrig, als seine Rechte mit Hilfe der staatlichen Gerichte zu realisieren.
Bevor jedoch eine Klage erhoben werden kann, muss geklärt werden, welches Gericht für die konkrete Angelegenheit zuständig ist.
Relativ einfach lässt sich in aller Regel noch die so genannte sachliche Zuständigkeit des Gerichts klären.
Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Landgerichts?
Soweit es in einer Erbsache nämlich um eine finanzielle Forderung geht, legen die §§ 23 und 71 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) fest, ob die Klage vor dem Amtsgericht oder dem Landgericht erhoben werden muss.
Nach § 23 GVG gilt nämlich folgendes:
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfasst in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt.
Bis zu einem Betrag in Höhe von 5.000 Euro hat man sich demnach mit seinem Anliegen an das Amtsgericht zu wenden.
Ist die Forderung größer als 5.000 Euro, dann ist das Landgericht die richtige Anlaufstelle für eine Klage.
Wo muss die Klage eingereicht werden?
Noch interessanter als die sachliche Zuständigkeit des Gerichts ist für den Betroffenen oft die Frage, welches Gericht örtlich für die Angelegenheit zuständig ist.
Die örtliche Zuständigkeit entscheidet über die Frage, an welchem Ort ein Gerichtsprozess stattzufinden hat.
Je nach örtlicher Zuständigkeit des Gerichts haben Kläger bzw. Beklagter eine mehr oder weniger lange Anreise zu einem Verhandlungstermin vor Gericht.
Auch kann es in rechtlichen Detailfragen sehr wohl einen Unterschied machen, ob man sich mit seiner Angelegenheit vor einem Gericht in München oder in Hamburg einzufinden hat.
Der allgemeine Gerichtsstand wird durch den Wohnort des Beklagten definiert
Dem Grundsatz nach gilt hier, dass eine Klage vor dem Gericht erhoben werden muss, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Wohnsitz hat, §§ 12, 13 ZPO (Zivilprozessordnung).
Wohnt also der Erbe beispielsweise in Hamburg, kommt der Pflichtteilsberechtigte oder der Vermächtnisnehmer aber aus München, dann kann der Erbe in Hamburg auf Zahlung des Pflichtteils bzw. Erfüllung des Vermächtnisses in Anspruch genommen werden.
Für den Pflichtteilsberechtigten bzw. den Vermächtnisnehmer bedeutet dies, dass er (und sein Anwalt) für anstehende Verhandlungstermine nach Hamburg zu reisen haben.
Der besondere Gerichtsstand für erbrechtliche Angelegenheiten
Wem solche potentiellen Reiseaktivitäten als Kläger missfallen, der kann nach § 27 ZPO gegebenenfalls auch auf einen anderen Gerichtsort ausweichen.
Nach § 27 ZPO gibt es nämlich einen besonderen Gerichtsstand für erbrechtliche Angelegenheiten.
Danach gilt folgendes:
Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen Verfügungen von Todes wegen, Pflichtteilsansprüche oder die Teilung der Erbschaft zum Gegenstand haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei dem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.
Nach dieser Regelung können demnach eine Vielzahl von Ansprüchen von Erben, Vermächtnisnehmern oder auch Pflichtteilsberechtigten bei dem Gericht anhängig gemacht werden, in dessen Bezirk der Erblasser seinen Wohnsitz gehabt hat.
Der Kläger hat ein Wahlrecht
Wohnte der Erblasser mithin beispielsweise in Frankfurt, kommt der Erbe aus Hamburg und der Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigte aus München, dann kann eine Klage auf den Pflichtteil bzw. das Vermächtnis auch bei dem sachlich zuständigen Gericht in Frankfurt anhängig gemacht werden.
Dabei schließen sich der allgemeine Gerichtsstand nach § 12 ZPO und der besondere Gerichtsstand der Erbschaft nach § 27 ZPO gegenseitig nicht aus.
Der Kläger hat vielmehr nach § 35 ZPO die Wahl, an welchem Ort er die Gerichte bemühen will.
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