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Erben wehren sich nach Kräften gegen die Forderung des Pflichtteilsberechtigten nach einem notariellen Nachlassverzeichnis

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG München – Beschluss vom 25.10.2017 – 18 U 1202/17

  • Erben wenden gegen Klage des Pflichtteilsberechtigten eine Schiedsklausel im Testament ein
  • Erben beklagen Schikane und Rechtsmissbrauch durch den Pflichtteilsberechtigen
  • OLG legt Rücknahme der Berufung nahe

Das Oberlandesgericht München hatte als Berufungsgericht darüber zu befinden, ob ein Pflichtteilsberechtigter gegen die Erben einen Anspruch auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses hat.

In der Angelegenheit waren ein Pflichtteilsberechtigter und die Erben aneinander geraten.

Die Erben hatten dem Pflichtteilsberechtigten bereits ein privat erstelltes Nachlassverzeichnis zukommen lassen.

Dieses von den Erben verfasste Nachlassverzeichnis reichte dem Pflichtteilsberechtigten aber nicht aus, um seinen Pflichtteil abschließend beziffern zu können.

Der Pflichtteilsberechtigte forderte die Erben daher auf, ihm ein von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis zur Verfügung zu stellen.

Erben fühlen sich vom Pflichtteilsberechtigten schikaniert

Diese Forderung lehnten die Erben vehement ab. Sie warfen dem Pflichtteilsberechtigten vor, dass er sie nur schikanieren wolle und seine Forderung rechtsmissbräuchlich sei.

Weiter solle sich der Pflichtteilsberechtigte, so die Erben, erst einmal fundiert mit dem bereits vorliegenden privaten Nachlassverzeichnis auseinander setzen und hierzu fundiert Stellung nehmen.

Die vom Pflichtteilsberechtigten gegen die Vollständigkeit, Verständlichkeit und Richtigkeit des privaten Nachlassverzeichnisses vorgebrachten Einwände seien, so die Erben, jedenfalls allesamt unbegründet.

Pflichtteilsberechtigter erhebt Klage

Der Pflichtteilsberechtigte wollte sich so eine Behandlung durch die Erben offenbar nicht gefallen lassen und erhob vor dem Landgericht Klage gegen die Erben unter anderem auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Gegen diese Klage erhoben die Erben dann grundsätzliche Bedenken. Sie trugen nämlich unter Hinweis auf eine im Testament des Erblassers enthaltene Schiedsklausel vor, dass die Klage bereits unzulässig sei.

Der Erblasser hatte in seinem Testament nämlich ausdrücklich (und wahrscheinlich vorausahnend) angeordnet, dass ein etwaiger Streit über Pflichtteilsansprüche den staatlichen Gerichten entzogen und einem schiedsrichterlichen Verfahren unterworfen sein sollte.

Das Landgericht ließ sich in erster Instanz von den Einwänden der Erben nicht irritieren und verurteilte die Erben zur Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses.

Erben legen Berufung zum OLG ein

Dieses Urteil wollten die Erben aber nicht hinnehmen und legten gegen das Urteil erster Instanz Berufung zum Oberlandesgericht ein.

Beim OLG konnte man dem Vortrag der Erben aber auch nichts abgewinnen und legte den Erben ohne auch nur eine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt zu haben nahe, ihre Berufung mangels Erfolgsaussichten zurückzunehmen.

In der Begründung seiner Entscheidung verwies das OLG darauf, dass die vom Erblasser in seinem Testament aufgenommene Schiedsklausel unwirksam sei, da es dem Erblasser verwehrt ist, in sein Testament Regelungen aufzunehmen, die den Pflichtteilsberechtigten in Bezug auf die Verfolgung und Durchsetzung seines Pflichtteilanspruches beschränken.

OLG bejaht den Anspruch des Pflichtteilsberechtigten

Die weiter von den Erben erhobenen Einwände der Schikane und des Rechtsmissbrauchs sahen die Richter beim OLG ohne nähere Begründung ebenfalls als nicht durchgreifend an.

Schließlich stellte das OLG auch noch fest, dass ein Pflichtteilsberechtigter grundsätzlich immer und ohne nähere Begründung bei den Erben ein notarielles Nachlassverzeichnis anfordern kann, selbst wenn die Erben bereits ein privat erstelltes Nachlassverzeichnis zur Verfügung gestellt haben.

Ein notarielles Nachlassverzeichnis biete dem Pflichtteilsberechtigten schlicht eine höhere Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit des vorgelegten Verzeichnisses. Diesen Vorteil könne der Pflichtteilsberechtigte nutzen, ohne hierfür den Erben noch eine gesonderte Begründung schuldig zu sein.

Ob die Erben dem Hinweis des OLG gefolgt sind und die Berufung zurückgenommen haben, ist nicht überliefert.

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