Tochter attackiert ihre Mutter mit einem Messer – Die Attacke rechtfertigt nicht die Enterbung der Tochter!
Landgericht Ellwangen – Urteil vom 29.08.2025 – 3 O 315/24
- Tochter attackiert ihre Mutter mit einem Messer
- Die Mutter will die Tochter in ihrem Testament komplett enterben
- Das Gericht entscheidet, dass die Enterbung im Testament unwirksam ist
Das Landgericht Ellwangen hatte über die Wirksamkeit einer in einem Testament angeordneten Enterbung zu entscheiden.
In der Angelegenheit hatte eine Mutter folgendes in ihrem Testament festgelegt:
„Meine Kinder sowie deren Abkömmlinge sind von jeglicher Erbschaft nach mir ausgeschlossen.
Soweit möglich, entziehe ich ihnen den Pflichtteil wegen deren Verfehlungen innerhalb meiner Familie. Die Verfehlungen sind bekannt. Ich will ausdrücklich diese Verfehlungen nicht in dem heutigen Testament genau beschreiben. Es handelt sich um Morddrohungen gegen mich und meine Familie in den Jahren 1992.“
Weitere Angaben zu den Vorgängen aus dem Jahr 1992 enthielt das Testament nicht.
Die Polizei nimmt über die Attacke der Tochter ein Protokoll auf
Der Vorfall aus dem Jahr 1992 wurde allerdings genauer in einem von der Polizei aufgenommenen Protokoll beschrieben:
„Ich stelle Anzeige gegen meine Tochter M.. Am 24. Juli 1992 kam es zu einer Auseinandersetzung mit meiner Tochter M.. Der Grund für diese Auseinandersetzung war, dass sie von mir ständig Geld verlangt und mich bedroht hat. Als sie wieder mit Drohung Geld von mir verlangt hat, habe ich gesagt, dass ich gar kein Geld geben werde. Als ich: 'Bis zu diesem Alter habe ich all deine Bedürfnisse erfüllt. Ich habe deine Führerscheinkosten übernommen. Ich habe 2 neue Autos gekauft.', gesagt habe, rannte sie in die Küche, schnappte nach einem Messer und wollte mich töten. Sie ist auf mich losgegangen, ich habe gegen ihre Hand geschlagen und das Messer auf den Boden fallen lassen. Ich bin geflohen und habe mich nur mit Mühe gerettet.“
Jahre später verstarb die Mutter und wurde von ihrem Ehemann beerbt.
Nach dem Tod der Mutter fordert die Tochter ihren Pflichtteil
In der Folge wandte sich die Tochter an den Erben und forderte ihren Pflichtteil.
Der Erbe verweigerte den Pflichtteil mit Hinweis auf das Testament der Erblasserin, in dem der Tochter der Pflichtteil seiner Auffassung nach wirksam entzogen worden war.
Das von der Tochter angerufene Gericht entschied, dass die von der Mutter in ihrem Testament angeordnete Enterbung nicht wirksam sei und der Tochter ihr Pflichtteil zustehen würde.
Die Mutter begründet die Enterbung im Testament nicht ausreichend
Das Gericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Enterbung der Tochter in dem Testament mit angeblich von der Tochter gegen die Mutter geäußerten „Morddrohungen“ begründet worden sei.
Näheres zu einer solchen Morddrohung konnte das Gericht aber weder der vorliegenden polizeilichen Anzeige aus dem Jahr 1992 noch einer Zeugenbefragung des Erben entnehmen.
Nachdem sich die Erblasserin in ihrem Testament zum genauen Grund für die Enterbung eher vage ausgedrückt hatte, ging dies zulasten des insoweit beweisbelasteten Erben.
Die Tochter war mithin nicht enterbt und hat einen Anspruch auf ihren Pflichtteil.
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