Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Das Ehegattentestament und das Pflichtteilsrisiko

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Wenn sich die Eheleute gegenseitig als alleinige Erben einsetzen, können Kinder im ersten Erbfall den Pflichtteil fordern
  • Pflichtteilsauseinandersetzungen sollten vermieden werden
  • Pflichtteilsstrafklauseln im Testament können Abhilfe schaffen

Ehepaare haben die Möglichkeit, ihre Erbfolge zusammen zu regeln. Das Gesetz erlaubt verheirateten Paaren ein so genanntes gemeinschaftliches Testament zu verfassen.

In einem gemeinschaftlichen Testament steht häufig das Bedürfnis der Eheleute im Vordergrund, sich gegenseitig wirtschaftlich abzusichern. Zu diesem Zweck bestimmen die Eheleute häufig, dass nach dem zuerst versterbenden Ehepartner der überlebende Ehepartner alleiniger Erbe werden soll.

Mit einer solchen Regelung stellen die Eheleute sicher, dass sich das gesamte Familienvermögen nach Eintritt des ersten Erbfalls in der Hand des überlebenden Partners vereinigt.

Neben der Versorgung des überlebenden Partners ist den Eheleuten, so sie gemeinsame Kinder haben, regelmäßig auch wichtig, in ihrem gemeinsamen Testament die Kinder zu bedenken. Regelmäßig wird dieser Gesichtspunkt durch eine Einsetzung der gemeinsamen Kinder als so genannte Schlusserben realisiert. Nach dem Tod des zunächst überlebenden Ehepartners soll das Familienvermögen auf die Kinder übergehen.

Mit einer solchen Regelung im gemeinsamen Testament – Ehegatte als Alleinerbe, Kinder als Schlusserben – wähnen sich die Eheleute auf der sicheren Seite. Alle sind für den Ernstfall versorgt und das Vermögen bleibt in der Familie.

Kinder sind enterbt und können den Pflichtteil geltend machen

In der Praxis ist es für viele Eheleute vollkommen überraschend, dass sie mit der vorstehend skizzierten – und absolut üblichen – Erbfolgeregelung ein nicht unbeträchtliches Risiko eingehen.

Dieses Risiko besteht in möglichen Pflichtteilsansprüchen der Kinder im ersten Erbfall.

Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Erbersatzanspruch, der immer dann eingreift, wenn ein Erblasser einen nahen Familienangehörigen von der Erbfolge ausgeschlossen hat, § 2303 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Der Pflichtteil ist ein auf Geld gerichteter Anspruch und besteht in Höhe der Hälft des Wertes des gesetzlichen Erbteils des Betroffenen.

Und wenngleich die Kinder in einem klassischen Ehegattentestament ausdrücklich als Schlusserben eingesetzt sind und nach dem Willen der Eltern am Ende der Tage alles erhalten sollen, verbleibt es doch dabei, dass die Kinder für den ersten Erbfall komplett von der Erbfolge ausgeschlossen und auf „Null“ gesetzt sind.

Durch die Benennung des Ehepartners als alleinigen Erben im ersten Erbfall sind die Kinder von der Erbfolge ausgeschlossen. Dieser Umstand wird auch nicht dadurch „repariert“, indem die Kinder für den zweiten Erbfall als Schlusserben eingesetzt sind.

Wie können die Kinder im ersten Erbfall reagieren?

Die mit einem klassischen Ehegattentestament konfrontierten Kinder können im ersten Erbfall auf verschiedene Weise reagieren.

Die Kinder können den Umstand, dass sie im ersten Erbfall nichts bekommen klaglos zur Kenntnis nehmen und sich dem Willen der Eltern beugen, dass das Familienvermögen erst dann auf die Kinder übergehen soll, wenn auch der zweite Ehepartner verstorben ist.

In diesem Fall geht die Erbfolgeplanung der Eltern auf und alles geht einen geräuschlosen und konfliktfreien Gang.

Die Kinder können aber alternativ nach dem ersten Erbfall auch ihren Pflichtteil von dem zunächst überlebenden Ehepartner fordern. In diesem Fall kommt es zuweilen zu eher hässlichen Auseinandersetzungen zwischen dem (für den ersten Erbfall) enterbten Kind und dem überlebenden Ehepartner.

Langwierige Diskussionen und auch Gerichtsverfahren über den Wert des Nachlasses und die Höhe des dem Kind zustehenden Pflichtteils sind in diesem Fall eher die Regel als die Ausnahme.

Für den überlebenden Ehegatten, der als alleiniger Erbe auch alleiniger Schuldner des Pflichtteils ist, können in einer solchen Situation ungemütliche Zeiten anbrechen. Das gilt insbesondere für die Fälle, in denen der Nachlass nicht genügend Barmittel enthält, um den Pflichtteilanspruch auszahlen zu können.

Im Einzelfall war der überlebende Ehepartner hier schon gezwungen, beispielsweise den Familienwohnsitz zu veräußern, nur um sich genügend Barmittel für die Regulierung des Pflichtteils zu verschaffen.

Was können die Eltern machen?

Eltern, die im Rahmen der Regelung ihrer Erbfolge das Pflichtteilsrisiko erkannt haben, können durchaus gegensteuern.

So kann das Pflichtteilsrisiko dann komplett ausgeschalten werden, wenn die Kinder im ersten Erbfall nicht von der Erbfolge ausgeschlossen werden, sondern ebenfalls eine Zuwendung, sei es in Form einer Erbeinsetzung oder durch ein Vermächtnis, erhalten.

Aber auch dann, wenn die Eltern an der alleinigen Erbeinsetzung des Partners für den ersten Erbfall festhalten wollen, gibt es erbrechtliche Instrumente, die das Pflichtteilsrisiko zumindest eingrenzen.

So können Kinder zuweilen durch eine so genannte Pflichtteilsstrafklausel davon abgehalten werden, im ersten Erbfall ihren Pflichtteil zu fordern. Eine solche Klausel sieht vor, dass dasjenige Kind, das im ersten Erbfall seinen Pflichtteil fordert und durchsetzt, auch für den zweiten Erbfall auf den Pflichtteil gesetzt ist.

Eine solche Klausel löst bei den Kindern regelmäßig zumindest einen Nachdenkprozess aus.

Auf Nummer sicher gehen die Eltern, wenn sie mit ihren Kindern einen notariellen Pflichtteilsverzicht für den ersten Erbfall vereinbaren. Ein solcher Verzicht mag im Einzelfall etwas kosten, löst aber die Probleme der Eheleute nachhaltig.

Schließlich haben die Eltern zu Lebzeiten schon die Möglichkeit, auf die Höhe des (zukünftigen) Pflichtteils Einfluss zu nehmen: Zuwendungen und Geschenke der Eltern muss sich der Pflichtteilsberechtigte dann auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen, wenn dies die Eltern spätestens bei Vornahme der Zuwendung so bestimmt haben, § 2315 BGB.

Hier besteht also bei lebzeitigen Zuwendungen für die Eltern die Möglichkeit, einen zukünftigen Pflichtteil der Kinder zumindest zu reduzieren.

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