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Bankkonten des Erblassers – Wie tief muss der Notar bei einem Streit um den Pflichtteil für das notarielle Nachlassverzeichnis graben?

Von: Dr. Georg Weißenfels

BGH – Beschluss vom 07.03.2024 - I ZB 40/23

  • Pflichtteilsberechtigte und Erbin streiten über einen Zeitraum von vierzehn Jahren
  • Der BGH entscheidet am Ende zugunsten der Erbin
  • Welche Pflichten treffen den Notar bei einem notariellen Nachlassverzeichnis?

Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits zum zweiten Mal in ein und derselben Nachlasssache mit einem Streit um den Pflichtteil zu beschäftigen.

In der Angelegenheit war die Erblasserin im Jahr 2010 verstorben.

Die Erblasserin hatte in ihrem Testament ihre Tochter als Alleinerbin eingesetzt.

Die Enkeltöchter der Erblasserin fordern ihren Pflichtteil

Damit waren zwei Töchter einer weiteren aber vorverstorbenen Tochter der Erblasserin enterbt und pflichtteilsberechtigt.

Die Pflichtteilsberechtigten verklagten die Alleinerbin vor Gericht auf Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses über den Bestand des Nachlasses.

Diesen Anspruch erkannte die Erbin vor Gericht an und legte am 04.05.2018 ein von einem Notar erstelltes Nachlassverzeichnis vor.

Ist das notarielle Nachlassverzeichnis vollständig?

Über die Frage, ob dieses von der Erbin vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis ausreichend und vollständig ist, entbrannte sodann ein Streit zwischen den Beteiligten.

Dieser Streit ging über mehrere gerichtliche Instanzen.

Schließlich entschied der BGH im Jahr 2020 in letzter Instanz, dass das vorliegende notarielle Nachlassverzeichnis nicht ausreichend sei.

Der BGH begründete seine Entscheidung mit dem Hinweis, dass das Nachlassverzeichnis keine umfassenden Angaben über die Geschäftsbeziehung der Erblasserin zu einer bestimmten Bank in Österreich enthalten würde.

Die Erbin legt ein ergänztes Nachlassverzeichnis vor

Am 18.07.2020 legte die Erbin dann ein vom Notar ergänztes Nachlassverzeichnis vor, das nähere Angaben zu einem Konto der Erblasserin bei der Raiffeisenbank Millstättersee in Kärnten enthielt.

Die beiden Pflichtteilsberechtigten hielten ihren Auskunftsanspruch aber auch nach Vorlage dieses ergänzten Nachlassverzeichnisses nicht als erfüllt an.

Die Pflichtteilsberechtigten gingen abermals vor Gericht gegen die Erbin vor und wollten auf diesem Weg an weitere Informationen insbesondere zu Bankkonten der Erblasserin sowohl in Deutschland als auch in Österreich gelangen.

Die Sache landet zum zweiten Mal beim Bundesgerichtshof

Die Angelegenheit ging abermals bis zum Bundesgerichtshof.

Dieses Mal folgte der BGH aber den Argumenten der Erbin und entschied, dass das von der Erbin vorgelegte notarielle Nachlassverzeichnis in der im Jahr 2020 ergänzten Form ausreichend sei und den Pflichtteilsberechtigten keine weiteren Auskunftsansprüche gegen die Erbin zustehen würden.

Folgende Erwägungen legte der BGH dabei seiner Entscheidung zugrunde:

  • Grundsätzlich muss der Notar den Nachlass selbst und eigenständig ermitteln. Welche Ermittlungen er vornimmt, entscheidet der Notar nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen.
  • Der Notar ist in der Ausgestaltung seiner Ermittlungen zum Nachlassbestand weitgehend frei, muss aber diejenigen Nachforschungen anzustellen, die ein objektiver Dritter in der Lage des Pflichtteilsberechtigten für erforderlich halten würde.
  • Der Notar muss den Erben gegebenenfalls dazu auffordern, eigene Auskunftsansprüche gegenüber Banken durchzusetzen.
  • Ohne nähere konkrete Anhaltspunkte muss der Notar keine Ermittlungen bei allen deutschen Banken anstellen, um mögliche weitere Konten der Erblasserin ausfindig zu machen.
  • Ein Notar muss sich nicht an das Bundeszentralamt für Steuern wenden (§ 802l ZPO), um dort nähere Auskünfte zu Bankkonten des Erblassers einzuholen. Für eine solche Anfrage fehlt eine Rechtsgrundlage und eine solche Anfrage würde auch gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen.
  • Der Notar muss aufgrund bloßer Mutmaßungen des Pflichtteilsberechtigten keine weiteren Ermittlungen anstellen.

Im Ergebnis attestierte der BGH der Erbin (und dem Notar), dass sie alles unternommen hätten, um über den Bestand des Nachlasses umfassend Auskunft zu erteilen.

Die Vermutung liegt nahe, dass die beiden betroffenen Pflichtteilsberechtigten diese Frage durchaus abweichend beurteilen.

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