§ 2312 BGB - Wert eines Landguts

Von: Dr. Georg Weißenfels

§ 2312 BGB - Wert eines Landguts

(1) Hat der Erblasser angeordnet oder ist nach § 2049 anzunehmen, dass einer von mehreren Erben das Recht haben soll, ein zum Nachlass gehörendes Landgut zu dem Ertragswert zu übernehmen, so ist, wenn von dem Recht Gebrauch gemacht wird, der Ertragswert auch für die Berechnung des Pflichtteils maßgebend. Hat der Erblasser einen anderen Übernahmepreis bestimmt, so ist dieser maßgebend, wenn er den Ertragswert erreicht und den Schätzungswert nicht übersteigt.

(2) Hinterlässt der Erblasser nur einen Erben, so kann er anordnen, dass der Berechnung des Pflichtteils der Ertragswert oder ein nach Absatz 1 Satz 2 bestimmter Wert zugrunde gelegt werden soll.

(3) Diese Vorschriften finden nur Anwendung, wenn der Erbe, der das Landgut erwirbt, zu den in § 2303 bezeichneten pflichtteilsberechtigten Personen gehört.

Die Berechnung der Höhe eines Pflichtteilsanspruchs unterliegt grundsätzlich strengen Regeln. Eine dieser Regeln besagt, dass der Ermittlung des Pflichtteils der Zeitwert des Nachlasses zugrunde zu legen ist. Das, was die einzelnen zur Erbschaft zählenden Gegenstände am Tag des Ablebens des Erblassers Wert waren, ist Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils.

Von diesem Grundsatz wird bei Vererbung von landwirtschaftlichen Betrieben eine Ausnahme gemacht. Soweit zum Nachlass ein "Landgut" gehört, soll der Erbe und Hofübernehmer finanziell entlastet werden. Pflichtteilsansprüche weichender Erben sollen sich, so der Zweck der gesetzlichen Vorschrift in § 2312 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nicht an dem Zeitwert des landwirtschaftlichen Betriebes, sondern an dem regelmäßig sehr viel niedrigeren so genannten Einheitswert orientieren.

Auf diesem Weg soll es dem Hofübernehmer und Erben ermöglicht werden, den landwirtschaftlichen Betrieb fortzuführen ohne von nicht leistbaren Pflichtteilsansprüchen von Geschwistern oder Ehepartnern finanziell erdrückt zu werden.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 2312 BGB ist, dass sich im Nachlass überhaupt ein "Landgut" im Sinne des Gesetzes befindet. Nach der Rechtsprechung ist unter einem Landgut "eine Besitzung zu verstehen, die eine zum selbständigen und dauernden Betrieb der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht oder der Forstwirtschaft geeignete und bestimmte Wirtschaftseinheit darstellt und mit den nötigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden versehen ist. Sie muss eine gewisse Größe erreichen und für den Inhaber eine selbständige Nahrungsquelle darstellen; dass eine Ackernahrung vorliegt, ist nicht erforderlich" (OLG Hamm, Urteil vom 02.08.2012, Az. 10 U 118/12).

Gehört nach dieser Definition ein landwirtschaftlicher Betrieb zum Nachlass und soll nach dem Willen des Erblassers nur einer von mehreren in Frage kommenden Erben den Hof im Wege der Erbfolge übernehmen, dann müssen die weichenden Erben bei ihren Pflichtteilsansprüchen grundsätzlich Abstriche machen.

Hat der Erblasser keine abweichende Anordnung getroffen, so ist Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils der (im Vergleich zum Verkehrswert niedrigere) Ertragswert. Der Erblasser kann von dieser gesetzlichen Regel allerdings abweichen und einen anderen Übernahmewert als Berechnungsgrundlage für den Pflichtteil bestimmen.

Die für den Erben und Hofübernehmer günstige Regel des § 2312 BGB findet nach Absatz 3 nur dann Anwendung, wenn der Hofübernehmer selber zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten zählt. Übergibt der Erblasser den Hof also an einen Familienfremden, dann bemisst sich der Pflichtteil nach den sonst auch geltenden Regeln nach § 2311 BGB nach dem Zeitwert des landwirtschaftlichen Betriebes.

Weiter gilt die Sondervorschrift des § 2312 BGB auch nur für das Erblasservermögen, das zum Landgut, zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehört. Alles andere Vermögen wird bei der Pflichtteilsberechnung mit dem Verkehrswert in Ansatz gebracht.

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