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Grundbuchamt fordert trotz notariellem Testament einen Erbschein für Grundbuchberichtigung

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Frankfurt – Beschluss vom 08.01.2018 – 20 W 215/17

  • Erblasser hinterlässt Immobilie und notarielles Testament
  • Erbin will nach dem Erbfall Grundbuch berichtigen lassen
  • Grundbuchamt besteht auf Vorlage eines Erbscheins

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte zu klären, ob ein Grundbuchamt für eine Grundbuchberichtigung von einem Erben einen Erbschein verlangen kann, obwohl der Erbe in Besitz eines notariellen Testaments ist.

In der Angelegenheit hatte ein Ehemann seine Ehefrau in einem notariellen Testament als nicht befreite Vorerbin eingesetzt. Nacherben, so die Anordnungen in dem Testament weiter, sollten die beiden Töchter des Ehepaares und die Enkelkinder sein.

Nach dem Eintritt des Erbfalls erklärte eine der Töchter gegenüber dem Nachlassgericht, dass sie die Nacherbschaft ausschlagen will, da sie ihren Pflichtteil geltend machen wollte.

Erbin beantragt Grundbuchberichtigung

In der Folge beantragte die Ehefrau und alleinige (Vor-)erbin beim zuständigen Nachlassgericht die Berichtigung des Grundbuchs in Bezug auf eine zum Nachlass gehörende Immobilie. Zum Nachweis ihres Erbrechts verwies die Ehefrau auf das notarielle Testament ihres Ehemannes nebst gerichtlichem Eröffnungsprotokoll.

Das Grundbuchamt weigerte sich aber, die beantragte Grundbuchberichtigung vorzunehmen und gab der Antragstellerin auf, einen (kostenpflichtigen) Erbschein vorzulegen.

Hiergegen legte die betroffene Antragstellerin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

OLG weist Beschwerde zurück

Das OLG wies die Beschwerde als unbegründet zurück. Das Grundbuchamt habe, so das OLG, zu Recht auf der Vorlage eines Erbscheins bestanden.

Der Nachweis der Erbfolge sei, so das OLG, gegenüber dem Grundbuchamt grundsätzlich durch einen Erbschein zu führen. Wenn die Erbfolge auf einem notariellen Testament oder Erbvertrag beruhe, so genüge statt des Erbscheins auch die Vorlage dieser notariellen Urkunde und der gerichtlichen Eröffnungsniederschrift.

Ausnahmsweise könne das Grundbuchamt trotz Vorliegen eines notariellen Testaments auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen,

„wenn sich bei der Prüfung des Erbrechts begründete konkrete Zweifel ergeben, die nur durch weitere Ermittlungen über den tatsächlichen Willen des Erblassers oder sonstige tatsächliche Verhältnisse geklärt werden können, denn zu solchen Ermittlungen ist das Grundbuchamt im Unterschied zum Nachlassgericht nicht befugt.“

Dieser Fall sei, so das OLG, im zu entscheidenden Fall gegeben.

Eine im Testament benannte Nacherbin habe nämlich die ihr angetragene Nacherbschaft ausgeschlagen. Das Grundbuchamt könne zwar anhand der vorliegenden Unterlagen möglicherweise noch rechtssicher klären, ob die Ausschlagung der Nacherbschaft form- und fristgemäß erklärt wurde.

Grundbuchamt kann Wirksamkeit der Ausschlagung nicht prüfen

Das Grundbuchamt sei hingegen nicht in der Lage festzustellen, ob die Ausschlagung möglicherweise deswegen nicht wirksam ist, weil die betroffene Nacherbin die Nacherbschaft gegebenenfalls zu einem früheren Zeitpunkt angenommen habe. Nach Annahme der Nacherbschaft hätte aber keine wirksame Ausschlagung mehr erfolgen können.

Diese Frage könne nur das Nachlassgericht in einem Erbscheinverfahren und gerade nicht das Grundbuchamt klären.

Im Ergebnis musste sich die Erbin danach um einen Erbschein bemühen, um die Grundbuchberichtigung vollziehen zu können.

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