Notarieller Erbvertrag und eidesstattliche Versicherung reichen für Nachweis der Erbfolge gegenüber Grundbuchamt
OLG München – Beschluss vom 12.01.2012 – 34 Wx 501/11
- Kind als Alleinerbe legt dem Grundbuchamt einen notariellen Erbvertrag zum Nachlweis seines Erbrechts vor
- Grundbuchamt fordert Erbschein an
- OLG korrigiert das Grundbuchamt
Mit der Frage, anhand welcher Urkunden eine Erbin die Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt nachzuweisen hat, hatte sich das Oberlandesgericht München auseinander zu setzen.
In der Angelegenheit war das einzige Kind eines Ehepaars mit dem Antrag an das Grundbuchamt herangetreten, dass das Grundbuch nach dem Erbfall berichtigt werden möge und das Eigentum an einer Immobilie von der zuletzt verstorbenen Mutter auf die Tochter als Erbin umgeschrieben wird.
Eheleute errichten notariellen Erbvertrag
Die Eheleute hatten bereits im Jahr 1965 einen notariellen Erbvertrag abgeschlossen, in dem sie sich gegenseitig als Alleinerben einsetzten. Zur Erbfolge nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners enthielt der Erbvertrag folgende Regelung:
„Erben des Zuletztversterbenden sind die gemeinschaftlichen Kinder nach gleichen Teilen. Der Letztlebende kann jedoch eines hiervon als Alleinerben einsetzten … .“
Der Ehemann war bereits vorverstorben, die Ehefrau schied im Jahr 2011 aus dem Leben. Das im Jahr 1961 geborene einzige Kind der Eheleute beantragte nach dem Tod ihrer Mutter und gestützt auf die Erbfolgeregelung in dem Erbvertrag aus dem Jahr 1965 die Berichtigung des Grundbuchs.
Die Antragstellerin erklärte dabei gegenüber dem Grundbuchamt, dass außer ihr keine weiteren gemeinsamen Kinder ihrer Eltern vorhanden sind.
Für die Antragstellerin und Alleinerbin war ihr Erbrecht und auch ihr Recht auf Grundbuchkorrektur mit diesen Angaben zweifelsfrei nachgewiesen. Anderer Auffassung war allerdings das Grundbuchamt, das der Alleinerbin trocken mitteilte, dass der Nachweis der Erbfolge in ihrem Fall durch die Vorlage eines Erbscheins nachgewiesen werden müsse.
Erbin hält Erbschein für überflüssig und legt Beschwerde ein
Die Alleinerbin wollte allerdings keine zusätzlichen Kosten für einen Erbschein tragen, sah ihr Erbrecht ohnehin als erwiesen an und legte gegen den Beschluss des Grundbuchamtes Beschwerde ein.
Nachdem das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abhelfen wollte, hatte das OLG eine Entscheidung zu treffen.
Das Gericht gab der Erbin im Ergebnis Recht. Das Grundbuchamt konnte also von der Antragstellerin nicht die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis ihres Erbrechts verlangen.
Dabei ging das OLG in seiner Entscheidung von der Regelung in § 35 GBO (Grundbuchordnung) aus. Nach dieser Vorschrift kann der Nachweis der Erbfolge grundsätzlich nur durch einen Erbschein geführt werden.
Ausnahmsweise kann der erforderliche Nachweis jedoch auch durch die Vorlage eines notariellen Erbvertrages oder eines notariellen Testaments erfolgen, wenn das Grundbuchamt die Erbfolge alleine auf Grundlage dieser Urkunden für nachgewiesen erachtet. Reicht dem Grundbuchamt dieser Nachweis nicht, kann es auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen.
Grundbuchamt hat Erbfolge zu ermitteln
Das OLG wies jedoch darauf hin, dass es nicht im Belieben des Grundbuchamtes stehe, ob es einen – kostenpflichtigen – Erbschein verlangt oder nicht. Es hat vielmehr eine vom Antragsteller vorgelegte letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) selbstständig auszulegen und die Erbfolge zu ermitteln. Wenn diese vom Grundbuchamt vorzunehmende Prüfung zu einem zweifelsfreien Ergebnis hinsichtlich der Erbfolge kommt, darf es nicht auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen.
Die Tatsache, dass keine weiteren Kinder vorhanden sind, die bei der Erbfolge – und auch bei der Grundbuchänderung – berücksichtigt werden müssten, kann grundsätzlich durch eine eidesstattliche Versicherung der Erbin nachgewiesen werden. Diese Erklärung reicht in Verbindung mit Personenstandsurkunden (z.B. Familienstammbuch, Abstammungsurkunde) aus, um das Nichtvorhandensein weiterer Kinder nachzuweisen.
Im vorliegenden Fall kam hinzu, dass die Antragstellerin bei einem anderen Grundbuchamt eine weitere in den Nachlass fallende Immobilie bereits problemlos ohne Vorlage eines Erbscheins auf sich hatte umschreiben lassen.
Auch dieser Umstand bewog das Gericht dazu, im zu entscheidenden Fall aus Praktikabilitätsgründen nicht auf der Vorlage eines Erbscheins zu bestehen.
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