Tochter ist Vorsorgebevollmächtigte ihres Vaters und gleichzeitig Erbin der Mutter – Einsetzung eines Kontrollbetreuers ist zulässig!
BGH – Beschluss vom 26.07.2017 – XII ZB 143/17
- Tochter ist gleichzeitig Alleinerbin der Mutter und Vorsorgebevollmächtigte des Vaters
- Geschwister regen bei Gericht die Einsetzung eines Kontrollbetreuers an
- Tochter klagt durch drei Instanzen und verliert den Prozess
Der Bundesgerichtshof hatte über die Frage zu entscheiden, ob einer Tochter, die als Vorsorgebevollmächtigte ihres demenzkranken Vaters eingesetzt war, ein Kontrollbetreuer zur Seite gestellt werden muss, wenn die Tochter zeitgleich Erbin der vorverstorbenen Mutter ist.
Der an Demenz erkrankte Vater hatte seiner Tochter im Jahr 2009 eine umfassende Generalvollmacht erteilt.
Die Ehefrau des Vaters und Mutter der Tochter verstarb im September 2015. In dem Testament der Mutter war die Tochter als alleinige Erbin eingesetzt. In dem Testament der Ehefrau war ein Vermächtnis zugunsten des Ehemannes angeordnet, wonach dem Ehemann ein Wohnrecht zugewandt wurde.
Eltern setzen zugunsten der Tochter ein Vermächtnis aus
Kurz vor dem Ableben der Ehefrau hatte diese gemeinsam mit ihrem Ehemann schriftlich festgelegt, dass die gemeinsame Tochter
"per Vermächtnis … für die Pflege von mir und meinem Ehemann und für die Hilfe in unserem Haus und Garten“
einen Geldbetrag in Höhe von 70.000 Euro erhalten soll.
Die Geschwister der mit der Vorsorgevollmacht ausgestatteten Tochter regten nach dem Tod der gemeinsamen Mutter beim Amtsgericht an, dass eine Kontrollbetreuung angeordnet werden solle. Die Geschwister sahen für ihre Schwester in ihrer Rolle als Vorsorgebevollmächtigte des Vaters auf der einen Seite und als Erbin der Mutter andererseits ein Konfliktpotential.
Das Amtsgericht ordnete in der Folge eine Kontrollbetreuung an und setze einen Kontrollbetreuer ein.
Hiergegen legte die Tochter Beschwerde ein. Die Beschwerde wurde allerdings vom Landgericht als unbegründet zurückgewiesen.
Bevollmächtigte geht bis zum Bundesgerichtshof
Damit wollte sich die Tochter aber nicht zufrieden geben und legte gegen die Entscheidung des Landgerichts Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ein.
Auch dort hielt man aber die Einsetzung eines Kontrollbetreuers für durchaus geboten und wies auch die Rechtsbeschwerde zurück.
In der Begründung seiner Entscheidung wies der BGH grundlegend darauf hin, dass „nach § 1896 Abs. 3 BGB … ein Betreuer auch zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden“ kann.
Eine solche Kontrollbetreuung dürfe, so der BGH, aber wie jede andere Betreuung nur dann eingerichtet werden, wenn sie tatsächlich erforderlich ist.
Eine Kontrollbetreuung könne nicht alleine mit dem Umstand begründet werden, dass der Vollmachtgeber aufgrund seines Zustandes nicht mehr in der Lage ist, die bevollmächtigte Person zu überwachen.
Interessenkonflikte rechtfertigen eine Kontrollbetreuung
Es müssten in jedem Fall weitere Umstände gegeben sein, die die Errichtung einer Kontrollbetreuung gebieten.
Dies könne zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Bevollmächtigte mit den ihn übertragenen Geschäften ersichtlich überfordert ist oder wenn es Zweifel daran gibt, ob der Bevollmächtigte seine Geschäfte mit der erforderlichen Redlichkeit abwickelt.
Ausreichend für die Anordnung einer Kontrollbetreuung sei der begründete Verdacht, dass der Bevollmächtigte Rechtsgeschäfte tätigt, die nicht im Interesse des Vollmachtgebers sind.
Vor diesem Hintergrund konnte der BGH ebenso wie die Instanzgerichte im zu entscheidenden Fall das Bedürfnis für eine Kontrollbetreuung erkennen.
Die Tochter sei nämlich von ihrer Mutter in deren Testament als Alleinerbin eingesetzt worden. Als Erbin der Mutter musste sich aber für ihren Vater mit dessen Ansprüchen auf den Pflichtteil, auf sein Vermächtnis und dessen Zugewinnausgleichanspruch auseinander setzen. Die Tochter stand mithin in Bezug auf die erbrechtlichen Ansprüche ihres Vaters als Bevollmächtigte und Erbin sowohl auf Gläubiger- als auch auf Schuldnerseite.
Diese Konfliktsituation rechtfertige, so der BGH, im zu entscheidenden Fall die Einsetzung eines Kontrollbetreuers.
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