Grundbuch berichtigen – Welche Unterlagen muss man dem Grundbuchamt vorlegen?
- Erbschein oder Europäisches Nachlasszeugnis reichen immer
- Notarielles Testament oder Erbvertrag mitsamt Eröffnungsprotokoll müssen regelmäßig auch anerkannt werden
- Privates Testament reicht nicht aus
In vielen Erbfällen befinden sich Immobilien im Nachlass. Dies ist für die betroffenen Erben auf der einen Seite erfreulich, da Grundstücke und Wohnungseigentum in Anbetracht der derzeitigen Zinskrise im wahrsten Sinne des Wortes oft Gold Wert sind.
Eine Immobilie im Nachlass bedeutet für den Erben nach Eintritt des Erbfalls aber auch ein höheres Maß an Verwaltungsaufwand. Anders als beispielsweise bei vom Erblasser hinterlassenen Bargeld oder Schmuckstücken kann der Erbe nämlich unmittelbar nach dem Erbfall nicht frei über die zu seiner Erbschaft zählenden Immobilie verfügen.
Zwar gilt auch für das Eigentum an Häusern, Wohnungen und Grundstücken, das zum Nachlass gehört, der Grundsatz, dass diese Werte unmittelbar mit dem Erbfall auf den Erben und Rechtsnachfolger des Erblassers übergehen, § 1922 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).
Um diesen Rechtsübergang vom Erblasser auf den Erben aber auch nach außen zu dokumentieren, muss nach deutschem Recht das Grundbuch geändert werden. Das Grundbuch ist ein bei den Amtsgerichten geführtes Verzeichnis, das unter anderem über die Eigentumsverhältnisse an Immobilien Aussagen trifft.
Mit dem Eintritt eines Erbfalls wird das Grundbuch regelmäßig unrichtig. Der Erblasser ist als ehemaliger Eigentümer im Grundbuch vermerkt, der Erbe will als neuer Eigentümer in das Grundbuch aufgenommen werden.
Antrag auf Grundbuchänderung beim Grundbuchamt
Nach dem Eintritt eines Erbfalls eine Umschreibung des Grundbuchs zu bewerkstelligen, ist dem Grunde nach kein Hexenwerk. Trotzdem kommt es in der Praxis gerade in Zusammenhang mit Grundbuchberichtigungsanträgen von Erben zu erstaunlich vielen gerichtlichen Auseinandersetzungen.
Grund für diese Zwistigkeiten ist oft die Rechtsvorschrift des § 35 GBO (Grundbuchordnung).
Dieser Paragraf lautet an seiner entscheidenden Stelle wie folgt:
Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.
Danach reicht es grundsätzlich nicht aus, wenn man dem Grundbuchamt einen einfachen Brief schreibt, dort auf den Eintritt des Erbfalls hinweist und um Korrektur des Grundbuchinhalts nachsucht.
Vielmehr muss der Erbe dem Grundbuchamt nachweisen, dass er berechtigter Erbe ist und damit auch zu Recht als neuer Eigentümer in das Grundbuch aufgenommen werden soll.
§ 35 Abs. 1 GBO sieht nunmehr für diesen zwingend erforderlichen Nachweis der Erbfolge einen Typenzwang vor. Der Erbe ist grundsätzlich verpflichtet, den Nachweis der Erbfolge zumindest in einer der in § 35 Abs. 1 GBO erwähnten Formen zu führen.
Der Erbschein als Nachweis der Erbfolge
Gilt für den Erbfall die gesetzliche Erbfolge oder hat der Erblasser nur ein privates Testament errichtet, dann führt für den Erben an der Vorlage eines Erbscheins in aller Regel kein Weg vorbei.
Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das der Erbe nach dem Eintritt des Erbfalls beim Nachlassgericht beantragen kann und das verbindliche Auskunft über die Erbfolge gibt.
Der Erbschein ist ein durchaus verlässliches Mittel zum Nachweis der Erbfolge, er hat aber einen entscheidenden Nachteil: Der Erbschein kostet Geld. Dabei richten sich die Kosten für die Erteilung eines Erbscheins nicht nach dem (oft überschaubaren) Aufwand des Nachlassgerichts für die Erteilung dieses Papiers. Vielmehr werden dem Erben, der einen Erbschein beantragt, Kosten in Analogie zum Nachlasswert abverlangt. Will heißen: Je höher der Nachlasswert ist, desto höher sind auch die Kosten für den Erbschein.
Das Europäische Nachlasszeugnis
Das Europäische Nachlasszeugnis ist ein relativ junges Instrument und wurde mit der Europäischen Erbrechtsverordnung am 17.08.2015 eingeführt.
Das Europäische Nachlasszeugnis ist zum Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt ebenso tauglich wie ein Erbschein.
Die Kosten für ein Europäisches Nachlasszeugnis sind dieselben, wie für einen Erbschein. Auch hier richten sich die Kosten also nach dem Nachlasswert.
Ein Europäisches Nachlasszeugnis sollte vom Erben dann favorisiert werden, wenn der Erblasser auch Vermögen im Ausland hatte. In diesem Fall kann das Europäische Nachlasszeugnis nämlich neben dem Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt dazu genutzt werden, den Erbfall im Ausland abzuwickeln.
Das notarielle Testament und der Erbvertrag
Hat der Erblasser ein notarielles Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen, dann können die Erben in Bezug auf die Kosten der Nachlassabwicklung gedanklich aufatmen.
Es reicht nämlich für die Grundbuchberichtigung aus, wenn der Erbe dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des notariellen Testaments bzw. des Erbvertrages mitsamt der Eröffnungsniederschrift vorlegt.
Den Umweg über einen – kostenpflichtigen – Erbschein zum Zweck der Grundbuchberichtigung kann sich der Erbe in diesem Fall regelmäßig sparen.
Wie überall gilt jedoch auch hier: Keine Regel ohne Ausnahme.
In bestimmten Fällen kann das Grundbuchamt nämlich vom Erben bei berechtigten Zweifeln trotz Vorlage eines notariellen Testaments bzw. Erbvertrages verlangen, dass der Erbe zusätzlich einen Erbschein vorlegt.
In folgenden Fallgruppen kommt es immer wieder zur Forderung eines Erbscheins trotz Vorlage eines notariellen Testaments bzw. Erbvertrages:
- Testament enthält Wiederverheiratungsklausel
- Testament enthält auflösende Bedingung
- Testament enthält Pflichtteilsstrafklausel
- Testament enthält Rücktrittsklausel
- Es liegt ein weiteres Testament vor
- Testament muss ausgelegt werden
- Testament ist unklar
- Grundbuchamt hat Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers
Wann genau in diesen Fällen vom Grundbuchamt berechtigterweise zusätzlich zum notariellen Testament ein Erbschein verlangt werden kann, ist oft Frage des Einzelfalls und auch unter den Instanzgerichten heftig umstritten.
Vollmacht als Legitimationsnachweis
Unter Umständen ist schließlich auch möglich, dass das Grundbuch auf Grundlage einer vom Erblasser noch zu Lebzeiten erteilten Vollmacht geändert wird.
Eine Vollmacht erlischt nämlich im Zweifel nicht mit dem Tod des Vollmachtgebers. Hat der Erblasser dem Alleinerben eine Vollmacht erteilt, geht die Rechtsprechung allerdings zum Teil davon aus, dass diese Vollmacht mit dem Erbfall untergeht.
Eine Vollmacht, die für Zwecke der Grundbuchberichtigung eingesetzt werden soll, muss aber zumindest die Form des § 29 GBO wahren, also von einem Notar beurkundet oder in beglaubigter Form vorgelegt werden.
Ausnahmen bei geringwertigen Grundstücken
Ist das zum Nachlass zählende Grundstück weniger als 3.000 Euro Wert so kann das Grundbuchamt nach § 35 Abs. 3 GBO auf die vorstehend aufgezählten Beweismittel zum Nachweis der Erbfolge verzichten.
Voraussetzung hierfür ist, dass die Beschaffung eines Erbscheins „nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist.“ Hier ist man demnach ein Stück weit auf den guten Willen des Grundbuchamtes angewiesen.
In geeigneten Fällen sollte jedenfalls versucht werden, dem Grundbuchamt die Erbfolge alternativ durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung nachzuweisen.
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