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Gleicher Erbteil – Und trotzdem bekommt ein Erbe mehr als der andere Erbe

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Vorausvermächtnis in Testament oder Erbvertrag kann die Anteile der Erben verschieben
  • Bei der gesetzlichen Erbfolge sind gegebenenfalls lebzeitige Leistungen von und an den Erblasser unter den Erben auszugleichen
  • Der Pflichtteil muss sichergestellt werden und kann die Erben unterschiedlich belasten

Welchen Anteil ein Erbe an einem Nachlass erhält, kann entweder der Erblasser in seinem Testament oder Erbvertrag bestimmen oder das Gesetz regelt bei Abwesenheit eines Testaments die Erbquoten der beteiligten Erben.

Sowohl eine Erbfolgeregelung durch ein Testament als auch die gesetzliche Erbfolge kann dazu führen, dass mehrere Erben am Nachlass zu gleichen Teilen beteiligt sind. In einem Testament muss hierfür der Erblasser beispielsweise nur anordnen, dass die drei von ihm benannten Erben zu gleichen Teilen erben sollen.

Bei der gesetzlichen Erbfolge führt die Anwesenheit mehrerer Erben gleicher Ordnung regelmäßig dazu, dass diese Erben gleichmäßig am Nachlass beteiligt sind. Hatte der verwitwete Erblasser beispielsweise drei Kinder und hinterlässt er kein Testament, dann sorgt das Gesetz dafür, dass die drei Kinder zu je ⅓ Erben werden.

Steht mehreren vorhandenen Erben entweder kraft Testament oder kraft Gesetz der gleiche Erbteil zu, dann versteht es sich von selber, dass die Erben im Rahmen der Nachlassauseinandersetzung auch zu gleichen Teilen am Vermögen des Erblassers zu beteiligen sind. Jeder Erbe hat dem Grunde nach einen gleich großen Anspruch auf seinen Teil vom Nachlass.

Der Grundsatz, dass gleiche Erbteile auch zu einem gleichen Anteil am Erblasservermögen führen, kennt jedoch Ausnahmen. Es gibt verschiedene Konstellationen, bei denen für die Erben zwar die gleichen Erbteile ausgewiesen sind, die Erben im Ergebnis aber mit deutlich unterschiedlichen Anteilen an der Erbschaft partizipieren.

Erblasser selber sorgt trotz gleicher Erbteile für Ungleichverteilung

Zunächst hat es der Erblasser selber in der Hand, durch Anordnungen in seinem Testament oder Erbvertrag dafür zu sorgen, dass sein Vermögen unter dem Grunde nach gleich berechtigten Erben ungleich verteilt wird.

Klassisches Beispiel für eine solche Regelungsmöglichkeit des Erblassers ist die Anordnung eines Vorausvermächtnisses in einem Testament, § 2150 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Ein Vorausvermächtnis gibt dem begünstigten Vermächtnisnehmer, der auch jeder Erbe sein kann, das Recht, aus dem Nachlass einen Vermögenswert vorab zu beanspruchen.

Ein durch Vorausvermächtnis begünstigter Erbe erhält also eine besondere Zuwendung aus dem Nachlass, die er sich auch nicht auf seinen Erbteil anrechnen lassen muss.

Sind also beispielsweise die drei Kinder des Erblassers im Testament zu gleichen Teilen als ⅓-Erben eingesetzt und soll das Kind A als Vorausvermächtnis die Goldmünzensammlung des Erblassers erhalten, dann verbleibt es im Rahmen der Auseinandersetzung grundsätzlich bei der Drittel-Beteiligung der Erben. Erbe A ist vom Erblasser nur bevorzugt worden und erhält durch das Vorausvermächtnis ein wirtschaftliches Plus gegenüber seinen Miterben.

Bei gesetzlicher Erbfolge: Ausgleichung unter Abkömmlingen

Eine Ungleichverteilung des Nachlasses bei gleichen Erbteilen kann aber nicht nur der Erblasser durch entsprechende Anordnungen in seinem Testament herbeiführen. Auch das Gesetz greift unter bestimmten Umständen in die Verteilung der Erbschaft ein.

Hat der Erblasser kein Testament hinterlassen oder hat der Erblasser in seinem Testament bestimmt, dass seine Abkömmlinge ihn nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerben sollen, dann können gesetzliche Ausgleichsvorschriften dafür sorgen, dass die Abkömmlinge zwar mit dem gleichen Erbteil am Nachlass beteiligt sind, wirtschaftlich aber absolut unterschiedlich aus der Erbschaft herausgehen.

Die §§ 2050 und 2057a BGB sollen nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers dafür sorgen, dass Abkömmlinge im Fall der gesetzlichen Erbfolge bereits zu Lebzeiten vom Erblasser erhaltene Leistungen unter bestimmten Umständen untereinander ausgleichen. Ebenso gilt, dass derjenige Abkömmling, der dem Erblasser zu Lebzeiten durch Pflege oder auch finanzielle Unterstützung besonders zugetan war, einen Ausgleich für seine Leistungen erhalten soll.

Im Falle der gesetzlichen Erbfolge können also bei Abkömmlingen des Erblassers gesetzliche Ausgleichsvorschriften für eine Umverteilung des Nachlasses sorgen, selbst wenn alle Abkömmlinge mit gleichen Erbteilen am Nachlass beteiligt sind.

Pflichtteilsrecht kann zu Verschiebungen führen

Schließlich hat es unter Umständen auch der Erbe selber in der Hand, für eine Umverteilung des Nachlasses zu sorgen, obwohl der Erblasser ihn als gleichberechtigten Erben neben weiteren Miterben eingesetzt hat.

Das gesetzliche Pflichtteilsrecht in den §§ 2303 ff. BGB soll dafür sorgen, dass Abkömmlinge, der Ehepartner und unter Umständen auch die Eltern des Erblassers in angemessenem Umfang am Nachlass beteiligt werden.

Das Pflichtteilsrecht greift aber unter Umständen selbst dann ein, wenn der Erblasser einen Pflichtteilsberechtigten zwar nicht von der Erbfolge ausgeschlossen, ihn aber mit einem Erbteil bedacht hat, der wirtschaftlich hinter seinem Pflichtteil zurückbleibt.

Hat der Erblasser beispielsweise in seinem Testament seine Ehefrau als einzige gesetzliche Erbin zwar nicht von der Erbfolge ausgeschlossen, aber neben seinem Lieblingsfußballverein und der katholischen Kirche als gleichberechtigte Erbin zu ⅓ eingesetzt, dann kann die Ehefrau nach § 2305 BGB von den Miterben einen zusätzlichen Teil am Nachlass verlangen.

Es muss in solchen Fällen im Rahmen der Verteilung des Nachlasses zumindest sichergestellt sein, dass die Ehefrau rechnerisch auf ihren Pflichtteil in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils kommt.

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