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Duisburg oder Gran Canaria als gewöhnlicher Aufenthaltsort? Antrag auf Einziehung eines Erbscheins scheitert!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Düsseldorf – Beschluss vom 20.11.2020 – 3 Wx 138/20

  • Erblasser pendelt bis zuletzt zwischen Gran Canaria und Deutschland hin und her
  • Nach seinem Tod entsteht Streit über die Frage seines Lebensmittelpunktes
  • Gerichte entscheiden sich für Deutschland als gewöhnlicher Aufenthaltsort

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte über einen Antrag auf Einziehung eines Erbscheins zu entscheiden.

In der Angelegenheit war der Erblasser im Jahr 2017 verstorben. Er hatte kein Testament verfasst und hinterließ als gesetzliche Erben seine Mutter, zwei Geschwister und seinen eingetragenen Lebenspartner.

Der Erblasser lebte mit seinem Lebenspartner zum Teil in Deutschland und zum Teil auf Gran Canaria in Spanien. Dieser Umstand sollte später noch zu Streit unter den Erben führen.

Ursprünglicher Wohnsitz befindet sich in Duisburg

Zunächst hatte der vermögende Erblasser mit seinem Lebenspartner in einer Villa in Duisburg gelebt.

Anfang Dezember 2015 verkaufte der Erblasser aber diese Villa und zog mit seinem Lebenspartner nach Gran Canaria in einen Bungalow, der ihm ebenfalls gehörte.

Aber auch nach diesem Umzug nach Spanien riss der Kontakt des Erblassers nach Deutschland nie ab.

So bewohnte der Erblasser weiterhin eine in Düsseldorf angemietete Wohnung. Amtlich gemeldet war der Erblasser unter der Adresse seiner Mutter in Duisburg.

Erblasser ist immer wieder einmal in Deutschland

Der Erblasser ließ sich weiter im Bedarfsfall in Deutschland ärztlich behandeln und nicht in Spanien.

Auch war der Erblasser in den Jahren 2016 und 2017 ehrenamtlich für den Bürgerverein Duisburg tätig. Ebenso hielt der Erblasser bis zu seinem Ableben mehrere Kontoverbindungen bei deutschen Banken.

Hingegen war der Erblasser zu keinem Zeitpunkt in Spanien gemeldet und er war auch der spanischen Sprache nicht mächtig.

Der Erblasser verstarb schließlich auf Gran Canaria in Spanien.

Lebenspartner beantragt beim Amtsgericht in Duisburg einen Erbschein

Im Dezember 2018 beantragte der eingetragene Lebenspartner beim Nachlassgericht Duisburg die Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge.

Dieser Erbschein sollte die Mutter des Erblassers als Erbin zu 1/8, die Geschwister als Erben zu je 1/16 und den Lebenspartner als Erben zu 3/4 ausweisen.

Dieser Erbschein wurde dem Lebenspartner des Erblassers vom Amtsgericht Duisburg nachfolgend auch erteilt. 

In der Folge stellten die Mutter und die Geschwister des Erblassers aber offenbar fest, dass es für sie und ihren jeweiligen Anteil an der Erbschaft erheblich vorteilhafter gewesen wäre, wenn auf den Erbfall spanisches und nicht deutsches Erbrecht zur Anwendung gekommen wäre.

Verwandte des Erblassers wollen den Erbschein einziehen lassen

Um dieses Ziel zu verwirklichen stellten Mutter und Geschwister des Erblassers im Mai 2019 beim Nachlassgericht Duisburg den Antrag, den bereits erteilten Erbschein als unrichtig einzuziehen.

Die Antragsteller monierten dabei vor allem die fehlende internationale Zuständigkeit des Amtsgerichts Duisburg für die Erteilung des Erbscheins.

Der Erblasser habe, so der Vortrag der Verwandten, seinen gewöhnlichen Aufenthalt auf Gran Canaria in Spanien gehabt und sei dort auch verstorben. Aus diesem Grund seien alleine die spanischen Behörden für die Erteilung eines Erbscheins zuständig gewesen.

Das Nachlassgericht wies den Antrag der Verwandten des Erblassers zurück. Das Gericht ging auch nach den vorgebrachten Argumenten davon aus, dass es gemäß Art. 4 EuErbVO für die Erteilung des Erbscheins international zuständig gewesen sei, da der Erblasser im Bezirk des Amtsgerichts Duisburg seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. 

Beschwerde gegen die Entscheidung des Nachlassgerichts

Gegen diese Entscheidung des Amtsgerichts legten die Verwandten Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG teilte aber die Einschätzung des Nachlassgerichts und wies die Beschwerde als unbegründet ab.

Dabei verwies das OLG in der Begründung seiner Entscheidung darauf, dass ein Erbschein sehr wohl dann eingezogen werden könne, wenn dem Gericht bei der Erteilung des Erbscheins auch nur verfahrensrechtliche oder formelle Fehler unterlaufen sind.

Soweit der Erbschein aber inhaltlich richtig sei, könnten formelle Fehler aber nur dann eine Einziehung des Erbscheins rechtfertigen, wenn diese formellen Fehler „gravierend“ seien.

War das Nachlassgericht Duisburg international zuständig?

Der Erlass eines Erbscheins durch ein international unzuständiges Gericht könne dabei, so das OLG, so ein gravierender Fehler sein.

Bloße Zweifel an der internationalen Zuständigkeit des den Erbschein erteilenden Nachlassgerichts könnten im vorliegenden Fall aber eine Einziehung nicht rechtfertigen.

Entscheidend für die Zuständigkeit des Nachlassgerichts sei der gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers.

Der gewöhnliche Aufenthalt eines Erblassers müsse durch eine Gesamtbetrachtung der Umstände ermittelt werden.

Lebensmittelpunkt des Erblassers war in Deutschland

Relevant sei in diesem Zusammenhang „die Dauer und die Regelmäßigkeit des Aufenthaltes des Erblassers im jeweiligen Mitgliedsstaat, seine Bindung an einen Staat, die Sprachkenntnisse, die Lage des Vermögens und seine persönliche, soziale sowie familiäre Eingliederung.“

Dies vorausgeschickt verortete das OLG den Lebensmittelpunkt des Erblassers in Deutschland.

„Eine weit überwiegende Gesamtheit von Umständen“, so das OLG,würde dafür sprechen, dass der Erblasser bis zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte.

Im Ergebnis verblieb es damit bei der Gültigkeit des Erbscheins und damit auch bei der Verteilung des Erbes auf Grundlage deutschen Rechts.

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