Ausschlagung der Erbschaft „aus allen Berufungsgründen“ führt zum Verlust des Erbrechts

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Hamm – Beschluss vom 17.02.2011 - I-15 W 167/10

  • Gemeinsames Testament von Eheleuten enthält keine Schlusserbenbestimmung
  • Ein Kind der Eheleute erklärt die Ausschlagung der Erbschaft
  • Anfechtung der Ausschlagungserklärung wird von den Gerichten nicht akzeptiert

Mit einer offensichtlich vorschnell erklärten Ausschlagungserklärung hatte es das Oberlandesgericht Hamm zu tun.

In der Angelegenheit hatten zwei Geschwister A und B nach dem Tod ihrer Mutter einen Erbschein beantragt. Gegen den daraufhin vom Nachlassgericht erlassenen Feststellungsbeschluss legte ein drittes Geschwister C das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Seiner Auffassung nach war der vom Nachlassgericht angekündigte Erbschein insoweit zu korrigieren, als er, das Geschwister C, ebenfalls als Erbe aufgeführt werden müsste.

Dieser Auffassung wollte sich das OLG allerdings nicht anschließen.

Erbfolge richtet sich nach dem Gesetz

Das Gericht wies in seiner Entscheidung zunächst darauf hin, dass sich die Erbfolge im vorliegenden Fall unstreitig nach dem Gesetz richte.

Die Erblasserin hatte gemeinsam mit ihrem vorverstorbenen Ehemann im Jahr 1999 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben einsetzten. Eine darüber hinaus gehende Schlusserbenbestimmung enthielt das Testament der Eheleute nicht.

Im Jahr 2008 hatte die Erblasserin zwar nochmals testiert und die Kinder A und B als Erben eingesetzt, dieses Testament war aber von der Erblasserin nicht unterschrieben worden. Ohne Unterschrift war dieses Testament formungültig und unwirksam.

In Ermangelung einer Erbfolgeregelung in einem Testament wurde die Erblasserin zunächst von ihren drei Kindern A, B und C zu gleichen Teilen kraft gesetzlicher Erbfolge nach § 1924 BGB beerbt.

Ein Kind schlägt die Erbschaft aus

Erbe C hatte allerdings mit Erklärung vom 21./22.07.2009 gegenüber dem Nachlassgericht „aus allen Berufungsgründen“ die Ausschlagung der Erbschaft erklärt.

Von dieser Ausschlagungserklärung wollte der C allerdings im Rahmen seiner Beschwerde zum OLG nicht mehr viel wissen. Er teilte vielmehr mit, dass er bei seiner Ausschlagungserklärung davon ausgegangen sei, dass das Testament seiner Mutter aus dem Jahr 2008, in dem ja lediglich seine Geschwister A und B bedacht worden waren, wirksam sei und er mithin die Ausschlagung in Verkennung der wirklichen Rechtslage erklärt habe.

Am 28.10.2009 hatte der C aus diesen Gründen dann auch die Anfechtung der Ausschlagung nach §§ 1954,1955 BGB erklärt.

Das OLG hatte in Anbetracht mehrerer Indizien nachvollziehbare Schwierigkeiten, dem Vortrag des C zu folgen.

Das Gericht monierte jedenfalls einige „Auffälligkeiten“ im Vortrag des C. Am Ende konnten die Bedenken des Gerichts aber dahinstehen, da nach Meinung des OLG ein etwaiger Irrtum des C über die Rechtslage nicht kausal war für die Ausschlagungserklärung.

Der C habe, so das Gericht, die Erbschaft vielmehr ausdrücklich „aus allen Berufungsgründen“ ausgeschlagen. Hierzu würden aber sowohl dem Ausschlagenden bekannte als auch unbekannte Berufungsgründe zählen. Der C habe vielmehr bei seiner Ausschlagungserklärung deutlich gemacht, dass er auf eine wie auch immer geartete Beteiligung am Nachlass seiner Mutter keinen Wert lege.

An dieser Erklärung müsse sich der C, so das OLG, nunmehr auch festhalten lassen.

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