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Haben Stiefkinder ein Erbrecht?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Stiefkinder haben nach ihren Stiefeltern kein gesetzliches Erbrecht.
  • Stiefkinder können nach dem Tod eines Stiefelternteils keinen Pflichtteil fordern.
  • Stiefeltern können Stiefkinder im Testament bedenken.

Der Begriff des Stiefkindes ist im deutschen Recht nicht definiert, hat sich jedoch im Sprachgebrauch etabliert. Mit dem Begriff des Stiefkindes wird das Verhältnis eines Kindes zu einer Person beschrieben, die nicht sein leiblicher Vater bzw. nicht seine leibliche Mutter ist, mit der das Kind aber gleichwohl in einer Familie zusammenlebt.

Bringt ein Vater oder eine Mutter ein leibliches Kind mit in eine neue Beziehung, dann wird der neue Partner Stiefvater bzw. Stiefmutter des Kindes. In über 13% der Familien in Deutschland sind solche Stiefbeziehungen anzutreffen.

Verstirbt der Stiefvater oder die Stiefmutter, dann stellt sich für das Stiefkind naturgemäß die Frage, wie sich die erbrechtliche Nachfolge nach dem Stiefvater bzw. der Stiefmutter gestaltet.

Stiefkinder haben nach ihren Stiefeltern kein gesetzliches Erbrecht

Wenngleich die Beziehungen zwischen Stiefkindern und dem jeweiligen Stiefelternteil meist ebenso eng und vertraut sind, wie sie es zwischen leiblichen Kindern und ihren Eltern sind, kennt das Gesetz in Bezug auf das Erbrecht von Stiefkindern nur eine, für die Betroffenen recht brutale, Logik. Ein gesetzliches Erbrecht besteht nach dem BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nämlich nur für solche Personen, die miteinander verwandt sind. Nach § 1589 BGB sind aber nach dem Gesetz nur solche Personen miteinander verwandt, die voneinander abstammen. Stiefkindern steht nach diesen Regeln kein gesetzliches Erbrecht zu.

Es ist für ein gesetzliches Erbrecht eines Stiefkindes auch vollkommen unerheblich, ob Stiefkind und Stiefelternteil möglicherweise bereits seit Jahrzehnten zusammen leben und die emotionale Bindung gegebenenfalls enger ist als in so manch einer herkömmlichen „Kernfamilie“. Ein gesetzliches Erbrecht setzt die Abstammung voraus und wer über diesen biologischen Nachweis nicht verfügt, kann auch kein gesetzliches Erbrecht geltend machen.

Stiefkinder gelten im Rechtssinne nicht als so genannte „Abkömmlinge“ von Stiefvater oder Stiefmutter und erfüllen daher nicht die Voraussetzungen für ein gesetzliches Erbrecht nach § 1924 BGB.

Stiefkinder haben kein Pflichtteilsrecht

Nachdem Stiefkinder mit ihrem jeweiligen Stiefelternteil im Rechtssinne nicht verwandt sind und dem folgend im Falle des Ablebens von Stiefvater oder Stiefmutter auch kein gesetzliches Erbrecht geltend machen können, steht ihnen auch kein Pflichtteilsrecht im Sinne von § 2303 BGB zu.

Selbst wenn der Stiefvater bzw. die Stiefmutter also ihr Stiefkind in einem Testament von der Erbfolge ausgeschlossen haben, kann das Stiefkind keinen Pflichtteil beanspruchen. Grundlegende Voraussetzung für einen Pflichtteilsanspruch ist nämlich das Recht auf einen gesetzlichen Erbteil. In Höhe der Hälfte eines solchen gesetzlichen Erbteils kann der Pflichtteilsberechtigte seinen Pflichtteil vom Erben fordern.

Nachdem einem Stiefkind nach dem Tod von Stiefvater oder Stiefmutter aber kein gesetzlicher Erbteil zusteht, kann es auch keinen Pflichtteil fordern.

Stiefkind kann in Testament bedacht werden

Die vorstehenden Ausführungen betreffen ausdrücklich nur das gesetzliche Erbrecht. Stiefvater und Stiefmutter sind aber natürlich in keiner Weise gehindert, das Stiefkind in einem Testament oder Erbvertrag zu bedenken und dem Stiefkind für den Erbfall etwas zukommen zu lassen.

Stiefeltern steht dabei zugunsten des Stiefkindes das komplette erbrechtliche Instrumentarium zur Verfügung, das das Gesetz bietet. So kann ein Stiefelternteil sein Stiefkind problemlos zum Alleinerben bestimmen, wenn es sein komplettes Vermögen nach dem eigenen Ableben auf das Stiefkind übertragen will.

Ein Stiefkind kann aber auch, z.B. neben leiblichen Kindern, als Miterbe eingesetzt werden und erhält dann im Erbfall eben nur einen Teil des Erblasservermögens.

Kommt eine Erbeinsetzung aus welchen Gründen auch immer nicht in Betracht, dann kann der Stiefvater bzw. die Stiefmutter ihrem Stiefkind ebenso gut über ein im Testament angeordnetes Vermächtnis etwas zukommen lassen.

Die Adoption des Stiefkindes ändert alles

Wollen Stiefeltern auch ihre erbrechtliche Beziehung zu ihrem Stiefkind auf eine belastbare Basis stellen, dann bietet sich die Adoption des Stiefkindes durch den Elternteil an, mit dem das Stiefkind nicht leiblich verwandt ist.

Wird ein minderjähriges Kind adoptiert, dann erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes des Annehmenden, § 1754 Abs. 2 BGB. Ein minderjähriges adoptiertes Kind hat also das gleiche Erbrecht wie ein Kind, das von dem annehmenden Elternteil abstammt.

Gleichzeitig erlöschen allerdings mit der Adoption eines minderjährigen Kindes und seiner Abkömmlinge dessen Verwandtschaftsverhältnisse zu seinen zu den bisherigen Verwandten, § 1755 Abs. 1 BGB. Nach erfolgter Adoption eines minderjährigen Kindes kann das Kind also kein gesetzliches Erbrecht nach seinen biologischen Verwandten mehr geltend machen.

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