Mutter will im Jahr 1998 ihrer Tochter für den Fall ihres Todes über 100.000 Euro schenken – Die Bank verschweigt die Schenkung und verteidigt sich im Jahr 2019 mit dem Argument, die Ansprüche der Tochter seien verjährt!
LG Flensburg – Urteil vom 16.06.2021 – 3 O 275/19
- Mutter schließt im Jahr 1998 mit ihrer Bank Verträge zugunsten ihrer Tochter ab
- Bank benachrichtigt die Tochter nicht von diesen Verträgen
- Über 20 Jahre später bekommt die Tochter das Geld
Das Landgericht Flensburg hatte einen Fall zu klären, dessen Anfang über 20 Jahre zurücklag.
Die spätere Erblasserin hatte am 06.10.1998 zwei Verträge mit ihrer Bank geschlossen.
Nach dem Inhalt dieser Verträge sollten ein Wertpapierdepot und ein Kontoguthaben im Gesamtwert von über 100.000 Euro nach dem Ableben der späteren Erblasserin einer Tochter der Erblasserin zustehen.
Bank soll die Tochter von der Schenkung in Kenntnis setzen
Die Bank wurde von der späteren Erblasserin ausdrücklich beauftragt, nach ihrem Ableben der Tochter die Nachricht von dieser Schenkung auf den Todesfall zu übermitteln.
Mit Schreiben vom 18.02.2000 bestätigte die Bank der späteren Erblasserin ausdrücklich, dass die betroffenen Konten gesperrt seien und nicht in den Nachlass fallen würden.
Die Erblasserin verstarb in der Folge im Jahr 2005.
Bank informiert die begünstigte Tochter nicht von den Verträgen
Die Bank informierte die Tochter der Erblasserin aber zunächst nicht über die sie begünstigenden Verträge.
In der Folge kam es zwischen den gesetzlichen Erben der Erblasserin zu Auseinandersetzungen rund um die Auszahlung und Verteilung der Kontoguthaben.
Erst im Jahr 2019 erhielt die Tochter der Erblasserin Kenntnis von den sie begünstigenden Verträgen und forderte die Bank nachfolgend auf, ihr das ihr von ihrer Mutter zugewendete Bankvermögen in voller Höhe auszuzahlen.
Bank kann keine Vertragsunterlagen mehr finden
Mit Schreiben vom 10.07.2019 ließ die Bank die Tochter der Erblasserin daraufhin wissen, dass in ihren Unterlagen die im Jahr 1998 mit der Erblasserin abgeschlossenen Verträge nicht mehr auffindbar seien.
Für eine Auszahlung des Geldes würde sie, so die Bank weiter, eine entsprechende Weisung aller beteiligten Erben benötigen.
Daraufhin verklagte die Tochter der Erblasserin die Bank.
Bank hält die Ansprüche für verjährt
Die Bank verteidigte sich gegen diese Klage u.a. mit dem Argument, dass die zugrunde liegenden Verträge wahrscheinlich aufgehoben worden seien, nachdem sich der zuständige Mitarbeiter der Bank an das Schicksal der Verträge nicht mehr erinnern könne.
Weiter wandte die Bank ein, dass die Ansprüche der Klägerin der Verjährung unterliegen würden, da mittlerweile mehr als zehn Jahre nach dem Tod der Erblasserin vergangen seien, § 199 Abs. 4 BGB.
Das Landgericht gab der Klägerin Recht und verurteilte die Bank zur Zahlung in Höhe eines Betrages von 103.720,17 Euro.
Verträge wurden unstreitig abgeschlossen
In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass die fraglichen Verträge zwischen der Mutter der Klägerin und der Bank unstreitig im Jahr 1998 abgeschlossen worden seien.
Die Bank habe auch nicht beweisen können, dass die Verträge zu einem späteren Zeitpunkt aufgehoben oder widerrufen worden seien.
Der Umstand, dass die Bank die Klägerin nach dem Tod ihrer Mutter nicht von dem Inhalt der Verträge benachrichtigt habe, begründe, so das Gericht, zugunsten der Klägerin einen Schadensersatzanspruch.
Bank kann sich nicht auf die Verjährung berufen
Schließlich stellte das Gericht fest, dass sich die Bank nicht auf die Einrede der Verjährung berufen könne.
Nach dem Buchstaben des Gesetzes sei die einschlägige zehnjährige Verjährungsfrist zwar abgelaufen.
Das Gericht hielt die Berufung der Bank auf die Verjährung aber für treuwidrig, da die Bank durch ihr eigenes Verhalten dafür gesorgt habe, dass die Klägerin ihre Ansprüche nicht früher habe verfolgen können.
Jedenfalls stehe der Klägerin aber gegen die Bank ein Schadensersatzanspruch zu, der noch nicht verjährt sei.
Im Ergebnis konnten die von der Erblasserin im Jahr 1998 zugunsten ihrer Tochter abgeschlossenen Verträge nach dem Urteil des Landgerichts vollzogen werden.
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