Ein Kind bekommt von den Eltern finanzielle Unterstützung – Können die Geschwister des Kindes im Erbfall immer einen Ausgleich verlangen?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Lebzeitige Zuwendungen der Eltern an eines ihrer Kinder können eine Ausgleichung im Erbfall auslösen
  • Wollte der Erblasser eine gleichmäßige Verteilung seines Vermögens?
  • Wie kann man eine Ausgleichung umgehen?

Eltern bedenken ihre Kinder manchmal nicht ganz ausgeglichen mit finanziellen Zuwendungen.

Zuweilen benötigt ein Kind im Verhältnis zu seinen Geschwistern einfach etwas mehr Rückenwind aus dem Elternhaus.

In manchen Fällen ist auch die Sympathie der Eltern zu ihren Kindern nicht ganz gleichmäßig verteilt, was sich eben auch in den mehr oder weniger regelmäßigen Geldzahlungen an nur ein Kind ablesen lässt.

Lebzeitige Zuwendung führt zu einer Ausgleichung im Erbfall

Diejenigen Kinder, die zu Lebzeiten ihrer Eltern finanziell kürzer kommen, als ihre Geschwister, fragen sich manchmal, ob sie für die durchaus namhaften Unterstützungsleistungen der Eltern an ein Geschwisterkind nicht wenigstens im Erbfall einen Ausgleich verlangen können.

Tatsächlich kennt das Gesetz in § 2050 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) eine Norm, die nach dem Tod von Vater oder Mutter dafür sorgen kann, dass lebzeitige Zuwendungen eines Elternteils an ein Kind im Verhältnis zu den Geschwisterkindern ausgeglichen werden.

Der Grundgedanke hinter der Regelung in § 2050 BGB ist die Annahme, dass ein Erblasser seine Abkömmlinge gleichmäßig an seinem Vermögen teilhaben lassen will.

War eine Ausgleichung gewünscht?

Hat mithin ein Kind bereits zu Lebzeiten von Vater oder Mutter Vermögen erhalten, dann unterstellt das Gesetz unter bestimmten Umständen den Willen des betroffenen Elternteils, nach seinem Ableben einen Ausgleich zugunsten der bisher noch nicht bedachten Kinder herzustellen.

Voraussetzung für eine Ausgleichung unter Geschwistern nach § 2050 BGB ist aber grundlegend, dass die Kinder als gesetzliche Erben zum Zuge kommen oder aber in einem Testament oder Erbvertrag als Erben auf dasjenige eingesetzt wurden, was ihnen als gesetzliche Erben zustehen würde, § 2052 BGB.

Hat der Erblasser mithin einen letzten Willen in Form eines Testaments oder Erbvertrages hinterlassen und weicht er in diesem letzten Willen von der gesetzlichen Erbfolge ab, dann hat sich auch eine Ausgleichung unter Geschwistern erledigt.

Gesetzliche Erbfolge führt oft zu einem Anspruch auf Ausgleichung

Gibt es aber kein Testament oder weicht das Testament nicht von den Regeln der gesetzlichen Erbfolge ab, dann steht dem Grunde nach immer eine Ausgleichung von lebzeitigen Zuwendungen unter Geschwistern (und anderen Abkömmlingen) im Raum.

Geklärt werden muss dann noch, welche Art von Zuwendungen ausgleichungspflichtig sind.

Nicht jede finanzielle Unterstützung der Eltern an ein Kind führt nämlich zu einer Ausgleichung im Erbfall.

Welche Zuwendungen sind ausgleichspflichtig?

Das Gesetz sieht insoweit zunächst eine Ausgleichungspflicht für so genannte Ausstattungen im Sinne von § 2050 Abs. 1 BGB iVm § 1624 BGB vor.

Weiter müssen nach § 2050 Abs. 2 BGB unverhältnismäßige Einkommenszuschüsse und Ausbildungsaufwendungen im Verhältnis der Geschwister ausgeglichen werden.

Sonstige Zuwendungen eines Elternteils sind nur dann im Erbfall auszugleichen, wenn der Elternteil einen Ausgleich bei der Zuwendung (und nicht etwa zeitlich später!) ausdrücklich angeordnet hat.

Anordnungen des Elternteils können für Klarheit sorgen

Natürlich kann der Elternteil, vom die Zuwendung stammt, auch dafür sorgen, dass seine finanzielle Unterstützung an ein Kind nicht zu einer Ausgleichungspflicht im Erbfall im Verhältnis zu weiteren Kindern führt.

Ausreichend ist hierfür bereits eine entsprechende Anordnung des Elternteils vor oder spätestens bei (nicht zeitlich nach!) der Zuwendung.

Eine solche Anordnung ist dabei nicht formgebunden, kann also mündlich, schriftlich oder auch konkludent (schlüssig ableitbar) erfolgen.

Hat der zuwendende Elternteil den Zeitpunkt für eine entsprechende Anordnung, wonach seine Zuwendung nicht ausgleichspflichtig sein soll, verpasst, dann kann allemal darüber nachgedacht werden, dasjenige Kind, das bereits zu Lebzeiten eine an sich ausgleichungspflichtige Zuwendung erhalten hat, in einem Testament mit einem Vorausvermächtnis zu bedenken.

Gegenstand eines solchen Vorausvermächtnisses wäre die Freistellung des eigentlich zur Ausgleichung verpflichteten Kindes von eben dieser Ausgleichungspflicht.

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