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Anordnung im Testament „Wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich Alles“ ist keine wirksame Erbeinsetzung

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Köln – Beschluss vom 09.07.2014 – 2 Wx 188/14

  • Nachbar der Erblasserin beantragt Erbschein aufgrund eines unklaren Testament
  • Zwei Instanzen weisen den Erbscheinsantrag als unbegründet zurück
  • Das Tetsament legt nicht klar genug fest, wer Erbe sein soll

Das Oberlandesgericht Köln hatte im Rahmen eines Erbscheinverfahrens über die Wirksamkeit einer Erbeinsetzung in einem Testament zu entscheiden.

Die Erblasserin war am 25.02.2013 verstorben. Ehemann und Sohn der Erblasserin waren zu diesem Zeitpunkt bereits vorverstorben.

Erblasserin errichtet ein unklares Testament

Die Erblasserin hatte im Laufe der Jahre diverse letztwillige Verfügungen errichtet. Das Testament, das am Ende Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung werden sollte, stammte aus dem Jahr 2009. Dieses handschriftlich erstellte Testament enthielt unter anderem folgende Anordnung:

Wer mir in den letzten Stunden beisteht, übergebe ich "Alles".

Gestützt auf dieses Testament beantragte ein ehemaliger Nachbar der Erblasserin beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der ihn als Alleinerben ausweisen sollte.

Der Nachbar wies in seinem Erbscheinsantrag darauf hin, dass die Erbeinsetzung in dem Testament aus dem Jahr 2009 konkret genug gefasst sein und er diejenige Person sei, die der Erblasserin in ihren letzten Stunden beigestanden habe.

So verwies der Nachbar darauf, dass er es gewesen sei, „der die Erblasserin im Krankenhaus aufgesucht und ihr in den letzten 2,5 Stunden ihres Lebens beigestanden habe, indem er ihre Hand gehalten, ihr etwas erzählt und ihre Wange gestreichelt habe“.

Auch habe die Erblasserin ihn gegenüber dem Krankenhauspersonal als ihre Bezugsperson angegeben.

Nachlassgericht weist Antrag auf Erbschein zurück

Dem Nachlassgericht reichte dieser Vortrag nicht. Es wies den Erbscheinsantrag mit Hinweis auf den Umstand, dass eine rechtssichere Bestimmung eines Erben auf Grundlage der von der Erblasserin verwendeten Formulierung in dem Testament aus dem Jahr 2009 unmöglich sei.

Gegen diesen Beschluss legte der Nachbar der Erblasserin Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG wies die Beschwerde aber als unbegründet zurück. Die Wirksamkeit des Testaments aus dem Jahr 2009 scheitere an der gesetzlichen Vorschrift in § 2065 BGB.

Nach § 2065 BGB müsse sich ein Erblasser bei Abfassung seines Testaments über die wesentlichen Punkte seines letzten Willens im Klaren sein. Insbesondere dürfe der Erblasser die Entscheidung, wen er als Erben einsetzen will, nicht einem Dritten überlassen.

Das Testament muss klarstellen, wer Erbe wird

Die Person des Erben müsse alleine mit den im Testament enthaltenen Angaben zuverlässig festgestellt werden können.

Diese Grundsätze habe die Erblasserin aber bei ihrem Testament aus dem Jahr 2009 nicht berücksichtigt. Bereits der Begriff des „Beistehens“ sei nirgendwo definiert und unklar.

Ebenso könne nicht mit Sicherheit festgestellt werden, was die Erblasserin mit dem Begriff „in den letzten Stunden“ gemeint habe.

Beide unbestimmte Begriffe müssten nach Eintritt des Erbfalls von einem Dritten wertend ausgelegt werden, um die Person zu bestimmen, die am Ende „Alles“ erhalten soll. Dies verstoße aber gegen § 2065 BGB.

Eine Bezugsperson ist nicht automatisch Erbe

Für ein Gericht sei es nicht rechtssicher feststellbar, ob „ein Handhalten, Streicheln der Wange und Erzählen von Geschichten als "Beistehen" gewertet werden kann und ob der Zeitraum von 2,5 Stunden am Todestag“ auch in zeitlicher Hinsicht das Kriterium der letzten Stunden erfülle.

Ebenso wenig konnte das Gericht dem Vortrag des Nachbarn folgen, wonach auch der Umstand, dass er von der Erblasserin gegenüber dem Krankenhaus als „Bezugsperson“ angegeben worden war, für seine Erbenstellung spreche.

Die Benennung als Bezugsperson habe jedenfalls nicht den Erklärungswert einer Erbeinsetzung.

Nach alledem wurde die Beschwerde vom OLG kostenpflichtig abgewiesen.

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