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Wie können Eheleute steuerliche Nachteile beim Berliner Testament vermeiden?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Beim Berliner Testament werden die Kinder im ersten Erbfall enterbt
  • Steuerfreibeträge der Kinder können im ersten Erbfall nicht genutzt werden
  • Welche Steuersparmodelle bieten sich in diesem Fall an?

Das so genannte „Berliner Testament“ ist bei Ehepartner zur Regelung ihrer Erbfolge nach wie vor sehr beliebt.

Von einem Berliner Testament spricht man, wenn sich Eheleute in einem gemeinsamen Testament gegenseitig als Alleinerben einsetzen und in dem Testament gleichzeitig bestimmen, dass das Familienvermögen nach dem Tod des zunächst überlebenden Ehepartners auf die gemeinsamen Kinder übergehen soll.

Eine solche Erbfolgeregelung entspricht häufig dem Wunsch aller Beteiligten, zunächst für eine wirtschaftliche Absicherung des überlebenden Ehepartners zu sorgen und gleichzeitig sicherzustellen, dass am Ende der Tage das Familienvermögen auf die gemeinsamen Kinder übergeht.

Das Berliner Testament ist steuerlich unvorteilhaft

So nachvollziehbar der Grundgedanke hinter einem Berliner Testament ist, so dringend müssen sich die Eheleute aber auch darüber im Klaren sein, dass ein Berliner Testament massive Nachteile im Hinblick auf die Erbschaftsteuer mit sich bringt.

Sieht das Testament nämlich vor, dass nach dem Tod des zuerst versterbenden Ehepartners alleine der überlebende Ehepartner erben soll, dann fällt auch nur bei dem alleine erbenden Ehepartner Erbschaftsteuer an.

Sobald die Erbschaft wertmäßig über den dem Ehepartner und Alleinerben nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz) zustehenden Steuerfreibetrag in Höhe von 500.000 Euro hinausgeht, freut sich das Finanzamt und fordert seinen Teil am Familienvermögen ein.

Die Steuerfreibeträge der Kinder in Höhe von je 400.000 Euro bleiben im ersten Erbfall komplett ungenutzt. Die Kinder sind ja durch die Regelungen im Berliner Testament im ersten Erbfall von der Erbfolge ausgeschlossen und erhalten entsprechend … nichts.

Steuerfreibeträge der Kinder gehen verloren

Wer nicht erbt, muss natürlich auch keine Erbschaftsteuer zahlen und hat auch keinerlei Bedürfnis, seinen Steuerfreibetrag geltend zu machen.

Insbesondere bei Familien mit mittlerem und hohem Vermögen wirkt sich dieser Effekt im ersten Erbfall spürbar aus. Die Steuerfreibeträge der Kinder werden im ersten Erbfall verschenkt.

Den Betroffenen fällt das oft erst dann auf, wenn auch der zunächst überlebende Ehepartner verstirbt und die Kinder zur Erbschaft berufen sind. Das Vermögen des zuerst verstorbenen Partners wird dann ein zweites Mal per Erbfolge weitergegeben. Im ersten Erbgang hat der überlebende Partner bereits Erbschaftsteuer bezahlt.

Für dasselbe Vermögen müssen die Kinder jetzt ein zweites Mal Erbschaftsteuer bezahlen und können dabei selbstverständlich auch nur einmal von dem ihnen zustehenden Freibetrag in Höhe von 400.000 Euro profitieren.

Freibetrag der Kinder auch im ersten Erbfall nutzen

Wollen die Beteiligten diese vorgenannten steuerlichen Nachteile vermeiden, so müssen sie reagieren.

So haben die Ehepartner bereits vor Eintritt des ersten Erbfalls die Möglichkeit, durch entsprechende Regelungen in ihrem Testament die den Kindern zustehenden Freibeträge auch für den ersten Erbfall zu nutzen.

Am einfachsten – und steuerrechtlich saubersten – kann man dies dadurch bewerkstelligen, indem man in dem Berliner Testament zugunsten der Kinder ein unmittelbar mit dem ersten Erbfall fällig werdendes Geldvermächtnis aussetzt.

Es kann dabei verbleiben, dass der Ehepartner als alleiniger Erbe eingesetzt ist.

Soweit es die Vermögensverhältnisse der Eheleute zulassen, erhalten aber auch die Kinder im ersten Erbfall eine Zuwendung. Bis zu einem Betrag in Höhe von 400.000 Euro bleibt diese Zuwendung für jedes Kind erbschaftsteuerfrei.

Zuwendung an Kinder mindert die Steuerbelastung beim überlebenden Ehepartner

Gleichzeitig wird der steuerpflichtige Erwerb des überlebenden Ehepartners durch diese an die Kinder gemachte Zuwendung gemindert.

Sollten die Eltern für den ersten Erbfall nicht wünschen, dass Geldbeträge an die Kinder tatsächlich fließen, sollte man sich mit einem Steuerberater zusammensetzen und erörtern, ob man dieselben steuerlichen Wirkungen mit einem Vermächtnis, bei dem die Fälligkeit hinausgeschoben wird (bis zum zweiten Erbfall?) oder mit einem Vermächtnis bei dem die Kinder mit einem Untervermächtnis belastet werden, dem überlebenden Ehepartner den Vermächtnisbetrag als Darlehen zu gewähren, erreichen kann.

Übertreibt man es hier aber mit der Kreativität, kann das Finanzamt solchen Konstruktionen die Anerkennung versagen, § 42 AO (Abgabenordnung).

Auch nach dem ersten Erbfall kann man reagieren

Haben die Eheleute davon Abstand genommen, im Berliner Testament selber die Erbschaftsteuer mindernde Anordnungen zu treffen, so kann der überlebende Ehepartner gemeinsam mit den Kindern immer noch steuersparende Maßnahmen in die Wege leiten.

So kann man zum Beispiel darüber nachdenken, dass die Kinder – einvernehmlich – ihren Pflichtteil bei dem überlebenden Ehepartner einfordern.

Dieses Pflichtteilsrecht steht den Kindern ohnehin zu und führt bei Geltendmachung auch im ersten Erbfall dazu, dass nicht nur bei dem überlebenden Ehepartner, sondern eben auch bei den Kindern ein steuerpflichtiger Erwerb (mit der Möglichkeit der Nutzung der Freibeträge) anfällt.

Dabei muss ein Pflichtteil nicht zwingend zur Auszahlung kommen, um zu einer Steuerminderung zu gelangen. Möglich ist zum Beispiel, dass von den Kindern der Pflichtteil bis zu dem Zeitpunkt gestundet wird, zu dem auch der zunächst überlebende Ehepartner verstirbt.

Ausschlagung der Erbschaft durch den Ehepartner

Eine weitere Konstruktion, über die die Beteiligten in aller Ruhe nach dem Erbfall nachdenken können, ist die Ausschlagung der Erbschaft durch den überlebenden Ehepartner. Durch eine solche Ausschlagung rücken regelmäßig die Kinder im ersten Erbfall als Erben nach.

Soweit der überlebende Ehepartner finanziell abgesichert ist, kann es sich lohnen, das Vermögen des Erblassers auf diesem Weg direkt auf die Kinder überzuleiten.

Ist eine finanzielle Absicherung des ausschlagenden Ehepartners erforderlich, können die Beteiligten die Zahlung einer Abfindung an den überlebenden Ehepartner vereinbaren.

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