Kann ein gemeinsames Testament einseitig widerrufen werden?
- Ein gemeinsames Testament kann (nicht muss) Bindungswirkung haben
- Ein bindendes gemeinsames Testament kann nicht einfach widerrufen werden
- Welche Wege führen zum Widerruf des gemeinsamen Testaments?
Wenn man verheiratet ist, dann kann man gemeinsam ein Testament verfassen.
Eheleute tendieren oft zu einem gemeinsamen Testament, um ihre Nachlass- und Vermögensplanung aufeinander abzustimmen.
Bei einem gemeinsamen Testament reicht es aus, wenn das Testament von einem der Ehepartner handschriftlich verfasst wird und das Testament am Ende von beiden Partnern unterschrieben wird.
Die Eheleute setzen sich oft gegenseitig als Erben ein
Oft setzen sich die Ehepartner in einem gemeinsamen Testament gegenseitig als Erben ein oder bedenken ihre Kinder.
In diesen (und weiteren) Fällen geht von einem gemeinsamen Testament aber eine Bindungswirkung aus.
Das bedeutet, dass sich einer der Ehepartner von einem bindenden gemeinsamen Testament nicht ohne weiteres wieder verabschieden und seine Erbfolge durch ein neues Testament vollkommen neu gestalten kann.
Ein gemeinsames Testament kann nicht einseitig aufgehoben werden
Die entsprechende gesetzliche Vorschrift findet sich in § 2271 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch):
Durch eine neue Verfügung von Todes wegen kann ein Ehegatte bei Lebzeiten des anderen seine Verfügung nicht einseitig aufheben.
Die Logik hinter dieser gesetzlichen Regelung ist einfach:
Haben sich die Eheleute einmal dazu entschlossen, ihre Nachlassregelung gemeinsam zu treffen, dann sollen sich beide Partner darauf verlassen können, dass es bei dieser Regelung auch bleibt.
Wenn die Ehepartner sich also in ihrem gemeinsamen Testament z.B. gegenseitig als Erben eingesetzt haben und der Ehemann nach Jahren auf die Idee kommt, in einem neuen Einzeltestament seine neue Freundin als Erbin einzusetzen, dann ist dieses neue Testament unwirksam.
Wie kann ein gemeinsames Testament aufgehoben werden?
Gleichwohl gibt es aber in der Praxis immer wieder das Bedürfnis, das gemeinsame Testament aufzuheben.
Am einfachsten ist es, wenn sich die Eheleute scheiden lassen.
Nach einer Scheidung wird das gemeinsame Testament der Eheleute nämlich automatisch unwirksam, § 2268 BGB.
Welche Möglichkeiten außer einer Scheidung bestehen?
Wenn sich die Eheleute aber nicht scheiden lassen und das gemeinsame Testament trotzdem zur Gänze aufheben wollen, dann bietet das Gesetz folgende Möglichkeiten an:
- Die Eheleute verfassen ein neues gemeinsames Testament.
- Die Eheleute gehen zu einem Notar und errichten dort einen notariellen Erbvertrag.
- Die Eheleute vernichten einvernehmlich das alte gemeinsame Testament. Es muss für eine Vernichtung aber die Zustimmung beider Ehepartner vorliegen!
- Soweit die Eheleute ihr gemeinsames Testament in die amtliche Verwahrung bei Gericht gegeben wurde, dann führt die Rücknahme des gemeinsamen Testaments aus der Verwahrung automatisch zum Widerruf des gemeinsamen Testaments, §§ 2272, 2256 BGB.
- Auch durch zwei korrespondierende Einzeltestamente der Eheleute kann ein gemeinsames Testament aufgehoben werden.
Neben den vorstehend geschilderten Möglichkeiten, ein Ehegattentestament zur Gänze aufzuheben, besteht für einen Ehepartner alleine auch die Möglichkeit, seine (bindenden) Verfügungen in dem Testament einseitig zu widerrufen.
Für einen solchen einseitigen Widerruf muss der Betroffene aber zwingend einen Notar aufsuchen, der den Widerruf notariell beurkundet und den anderen Ehepartner von diesem Widerruf in Kenntnis setzt.
Ohne Kenntnis des Ehepartners kann also kein Widerruf einzelner Verfügungen aus dem gemeinsamen Testament vorgenommen werden.
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