„Meine Kinder sind durch das Testament nicht erbberechtigt“ – Können die Kinder gesetzliche Erben werden?
OLG Brandenburg – Beschluss vom 17.11.2022 – 3 W 121/22
- Vater vererbt sein Vermögen an Verwandte seiner zweiten Frau
- Die im Testament eingesetzten Erben schlagen die Erbschaft aus
- Können jetzt die im Testament enterbten Kinder gesetzliche Erben werden?
Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte auf Grundlage eines unklaren Testaments die Erbfolge eines Vaters von drei Söhnen zu klären.
Der Vater der Söhne war im Jahr 2016 verstorben.
Der Erblasser hatte aus erster Ehe drei Söhne.
Die zweite Ehefrau des Erblassers verstirbt früh und kinderlos
Der Erblasser hatte ein zweites Mal geheiratet. Diese zweite Ehe des Erblassers war kinderlos geblieben. Die zweite Ehefrau war im Jahr 2012 vorverstorben.
In einem gemeinsamen Testament aus dem Jahr 1985 hatten sich der Erblasser und seine zweite Ehefrau zunächst gegenseitig als alleinige Erben eingesetzt.
Weiter bestimmte das Ehepaar als ihre Erben den Sohn einer Schwester der Ehefrau (Erbe X) und eine Tochter einer weiteren Schwester der Ehefrau (Erbin Y).
Die Kinder des Erblassers sollen nicht erbberechtigt sein
Weiter enthielt das Testament folgende Anordnung:
Ich habe aus erster Ehe drei Kinder.
Sie sind durch das Testament nicht erbberechtigt.
Nach dem Tod des Erblassers schlugen Erbe X und Erbin Y die Erbschaft form- und fristgerecht aus.
Kind des Erblassers beantragt Erbschein
Eines der Kinder des Erblassers beantragte nach Ausschlagung der testamentarischen Erben bei dem zuständigen Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins, der die drei Kinder des Erblassers als gesetzliche Erben zu je 1/3 ausweisen sollte.
Das Nachlassgericht wies diesen Antrag mit der Begründung zurück, dass die drei Kinder des Erblassers durch das Testament ihres Vaters von der Erbfolge ausgeschlossen worden seien.
Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte der Antragsteller Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Entscheidung des Nachlassgerichts wird aufgehoben
Das OLG gab der Beschwerde statt und hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf.
Das OLG entschied, dass die drei Kinder gesetzliche Erben ihres Vaters geworden waren, obwohl ihr Vater sie in seinem Testament als „nicht erbberechtigt“ bezeichnet hatte.
Das OLG vertrat dabei die Auffassung, dass das zugrunde liegende Testament keinen ausdrücklichen Entzug des gesetzlichen Erbrechts der Kinder enthalten würde.
Kinder können gesetzliche Erben ihres Vaters werden
Die Bezeichnung der Kinder als „nicht erbberechtigt“ gebe vielmehr nur das wieder, was der Erblasser durch die Benennung der Verwandten seiner Ehefrau als Erben ohnehin im Testament niedergelegt habe.
Eine darüber hinaus gehende Bedeutung wollte das OLG der Bezeichnung der Kinder im Testament als „nicht erbberechtigt“ nicht beimessen.
Im Zusammenhang mit der Ermittlung des Erblasserwillens sei vielmehr zu berücksichtigen, so das OLG weiter, dass der Erblasser zeitlebens einen normalen Umgang mit seinen Kindern.
Erblasser hat in seinem Testament keinen Ersatzerben benannt
Anhaltspunkte für ein Zerwürfnis oder eine Entfremdung zwischen Vater und Kindern würden nicht vorliegen.
Nachdem das OLG auch zu der Überzeugung gelangte, dass den Nachkommen der beiden im Testament eingesetzten Erben, die die Erbschaft ja ausgeschlagen hatten, nicht die Rolle als Ersatzerbe zukommen würde, verblieb es bei der gesetzlichen Erbenstellung der drei Kinder des Erblassers.
Dem Erbscheinsantrag konnte damit entsprochen werden.
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