Kann ein als Entwurf bezeichnetes Dokument ein Testament sein?
OLG Frankfurt – Beschluss vom 30.08.2019 – 10 W 38/19
- Gericht soll auf Grundlage eines Entwurfs eines Testaments Erbrecht bestätigen
- Das Schriftstück enthält Lücken und ungeklärte Punkte
- Gerichte lehnen Erbrecht auf Grundlage des Entwurfs ab
Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte zu klären, ob ein von der späteren Erblasserin ausdrücklich als „Entwurf“ bezeichnetes Testament wirksam ist.
In der Angelegenheit war von der späteren Antragstellerin nach dem Tod der Erblasserin beim Nachlassgericht ein handschriftliches Schreiben abgeliefert worden, das zwar erbrechtliche Anordnungen der Erblasserin enthielt, gleichzeitig aber von der Erblasserin mit dem Begriff „Entwurf“ überschrieben war.
Die Betroffene war in diesem Schreiben der Erblasserin als Miterbin eingesetzt worden.
Gericht soll das Erbrecht feststellen
Aus diesem Umstand leitete die Betroffene ein eigenes Erbrecht ab und wollte dieses Erbrecht auch vor Gericht festgestellt wissen.
Nachdem die Betroffene nicht über genügend Geldmittel für die Durchführung eines Prozesses zur Klärung ihres Erbrechts verfügte, beantragte sie beim Landgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Das Landgericht lehnte die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der auf Feststellung des Erbrechts gerichteten Klage ab.
Betroffene legt Beschwerde zum OLG ein
Gegen diese Entscheidung legte die Betroffene Rechtsmittel zum Oberlandesgericht ein.
Doch auch das OLG konnte der Argumentation der Betroffenen wenig abgewinnen und wies die Beschwerde als unbegründet ab.
Dabei versuchte das OLG der Betroffenen in der Begründung seiner Entscheidung durchaus entgegen zu kommen.
Auch ein Entwurf kann ein Testament sein
So verwies das OLG auf eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landgerichts, wonach auch ein als „Entwurf“ bezeichnetes Schriftstück ein taugliches und voll gültiges Testament sein könne, wenn dies nur nachweisbar dem Willen des Erblassers entspreche (BayObLG, NJW 1970, 2300, 2301).
Ebenfalls ließen die Richter am OLG die Klage nicht an dem Umstand scheitern, dass der fragliche Testamentsentwurf nicht mit dem vollen Namen der Erblasserin, sondern von der Erblasserin nur mit den Anfangsbuchstaben ihres Namens „E Sch“ unterzeichnet war.
In Ausnahmefällen können nämlich, so das OLG, auch Testamente, die lediglich mit einer Paraphe und nicht mit vollem Namen unterzeichnet sind, wirksam sein.
Das Testament enthält zu viele ungeklärte Punkte
Ungeachtet dieser beiden Punkte lieferte das Testament aber an zahlreichen weiteren Stellen deutliche Hinweise, dass die Erblasserin tatsächlich nur einen Entwurf ihres letzten Willens anfertigen wollte.
So ließ das Schriftstück an zahlreichen Stellen offen, was die Erblasserin eigentlich wollte.
So wurde in dem Schriftstück ein Ersatzerbe nicht benannt, wenngleich die Erblasserin deutlich gemacht hatte, dass sie eine Ersatzerbschaft anordnen wollte.
Ebenso ungeklärt blieb, wer der Empfänger eines steuerfreien Betrages von 5.200,00 Euro werden sollte.
Testament enthält kein Datum
Auch die Höhe von im „Testament“ angeordneten Vermächtnissen war im Schriftstück nicht angegeben.
Schließlich enthielt das Schriftstück auch kein Erstellungsdatum.
All diese Punkte ließen auch das OLG in der Gesamtschau zu dem Ergebnis kommen, dass die Erblasserin nicht den Willen hatte, mit dem Entwurf bereits ein endgültiges und wirksames Testament zu verfassen.
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