Kann der Stifter aus einer Stiftung Vermögen wieder entnehmen?
- In die Stiftung eingebrachtes Vermögen ist zwingend dort zu belassen
- Entnimmt der Stifter seiner Stiftung Kapital, dann steht der Vorwurf der Untreue im Raum
- Die Stiftungsaufsichtsbehörden kontrollieren die Jahresrechnung jeder Stiftung
Wenn ein Stifter mit dem Gedanken spielt, eine Stiftung zu errichten, dann bedeutet das gleichzeitig, dass der Stifter sich von einem Teil oder sogar seinem gesamten Vermögen trennt.
Unabhängig von der Frage, ob die Stiftung auf Dauer oder zeitlich beschränkt als so genannte Verbrauchsstiftung eingerichtet werden soll, verpflichtet sich der Stifter mit Errichtung seine Stiftung mit ausreichendem Vermögen auszustatten.
In welcher Höhe der Stifter welches Vermögen zur Verfügung stellt, legt der Stifter in dem grundlegenden so genannten Stiftungsgeschäft fest.
Bis zur Anerkennung der Stiftung kann das Stiftungsgeschäft widerrufen werden
Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Stiftung von der Stiftungsaufsichtsbehörde anerkannt wird, kann der Stifter einen Rückzieher machen und sein Stiftungsgeschäft widerrufen, § 81a BGB.
Erfolgt der Widerruf rechtzeitig, ist die Angelegenheit für den Stifter erledigt und ihn treffen keine weitergehenden Pflichten.
Hat die Aufsichtsbehörde aber erst einmal eine positive Entscheidung getroffen und die Stiftung anerkannt, dann ist der Stifter verpflichtet, das seiner Stiftung gewidmete Vermögen auf die Stiftung zu übertragen, § 82a BGB.
Die Stiftung ist neue Rechtsträgerin des ihr gewidmeten Vermögens
In diesem Moment wird das ehemalige Vermögen des Stifters auf die Stiftung als neu geschaffene Rechtsperson verschoben und ist für den Stifter nicht mehr greifbar.
Hat der Stifter mithin nach Anerkennung seiner Stiftung durch die Behörden das Bedürfnis, für private Zwecke Gelder aus seiner Stiftung zu entnehmen, dann hat er in aller Regel ein Problem.
Das Stiftungskapital ist grundsätzlich zu erhalten
Die der Stiftung zugeführten Vermögenswerte sind in jedem Fall zu erhalten und verbleiben auf Dauer bei der Stiftung.
Selbst wenn der Stifter, z.B. als Vorstand seiner Stiftung, die tatsächliche Möglichkeit hat, auf das Stiftungsvermögen zuzugreifen, darf er der Stiftung für private Zwecke grundsätzlich nachträglich kein Kapital entziehen.
Verstößt der Stifter gegen diesen Grundsatz, handelt er sich absehbar auch strafrechtliche Probleme ein.
Im Regelfall dürfte in solchen Fällen nämlich der Tatbestand der Untreue nach § 266 StGB erfüllt sein.
Im Ausnahmefall kann der Stifter auf Mittel der Stiftung zugreifen
Kommt der Stifter oder seine nächsten Angehörigen nach der Anerkennung der Stiftung aber selber in finanzielle Bedrängnis, dann kann § 58 Nr. 6 AO (Abgabenordnung) für den Stifter eine Lösung darstellen.
Nach § 58 Nr. 6 AO kann eine Stiftung nämlich einen Teil, jedoch höchstens ein Drittel ihres Einkommens dazu verwenden, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten.
Diese gesetzliche Regelung stellt eine Ausnahme zu dem Grundsatz dar, wonach Mittel der Stiftung ausschließlich für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden dürfen.
Ist mithin ein angemessener Unterhalt des Stifters selber oder seiner nächsten Angehörigen gefährdet, dann können Stiftungsmittel für den Stifter bzw. seine nächsten Angehörigen verwendet werden.
Die Gemeinnützigkeit und die damit verbundenen steuerlichen Vorteile werden durch eine solche Unterhaltszahlung an den Stifter nicht gefährdet.
Eine Auflösung der Stiftung kommt nicht in Betracht
Für den Stifter, der an das Vermögen seiner Stiftung kommen will, ist es ebenfalls keine Option, die Auflösung seiner Stiftung zu betreiben und auf diesem Weg wieder an „sein“ Kapital zu kommen.
Die Gründe, die im Einzelfall eine Auflösung der Stiftung rechtfertigen, sind in den §§ 87 ff. BGB beschrieben.
Aktueller Kapitalbedarf des Stifters ist vom Gesetz als Auflösungsgrund nicht anerkannt.
Im Übrigen bedarf ein Beschluss, mit dem eine Stiftung aufgelöst werden soll, immer einer Genehmigung durch die Stiftungsbehörde.
Verstößt der Stifter gegen den Grundsatz, dass das in die Stiftung eingebrachte Vermögen dort auch zu belassen ist, dann wird dies spätestens im Rahmen der den Aufsichtsbehörden jährlich vorzulegenden Jahresrechnung zu Tage treten.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier Kontakt aufnehmen.
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