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Die Verschonungsregelungen

Von: Dr. Helmut Schuhmann

a) Die Verschonung dem Grunde nach

Nach § 13a Abs. 1 i.V.m . § 13b Abs. 4 ErbStRG beträgt beim Grundmodell der Verschonungsabschlag 85% des begünstigten Vermögens.

Die Vorschrift definiert in der Klammer in § 13a Abs. 1 ErbStRG den Verschonungsabschlag dahin, dass der Wert von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13b Abs. 4 ErbStRG insgesamt außer Ansatz bleibt.

Für den verbleibenden Restvermögenswert von 15% wird gemäß § 13a Abs. 2 ErbStRG ein Abzugsbetrag in Höhe von 150.000 Euro gewährt. Dieser Abzugsbetrag verringert sich aber, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150.000 Euro übersteigt, um 50 Prozent des diese Wertgrenze übersteigenden Betrags.

Ab einem gemeinen Wert des Betriebsvermögens von 450.000 Euro beträgt der Abzugsbetrag 0 Euro.

Der Abzugsbetrag kann aber innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe nur einmal berücksichtigt werden, § 13a Abs. 2 Satz 3 ErbStRG. Dadurch soll verhindert werden, dass durch ein Aufspalten einer größeren Zuwendung in mehrere Zuwendungen unterhalb des Abzugsbetrags ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil erwachsen kann.

Nach altem Recht hatte die Inanspruchnahme des Freibetrags keine zehnjährige Sperre in Gang gesetzt.

Der Abzugsbetrag wird - wie auch der Verschonungsabschlag - von Amts wegen gewährt; eines Antrags des Steuerpflichtigen hierfür bedarf es nicht. Andererseits hat der Steuerpflichtige keine Möglichkeit, auf die Anwendung des Abzugsbetrags zu verzichten, um ihn bei einem anderen Erwerb in Anspruch zu nehmen.

Wird der Abzugsbetrag von einem Erwerber einmal in Anspruch genommen - wenn auch nur teilweise - dürfte der Abzugsbetrag für diesen Erwerber verbraucht sein (so im Einzelnen Pauli/Korezkij in Pauli/Maßbaum, Erbschaftsteuerreform 2009, 259 m.w.N.).

§ 19a ErbStRG gewährt beim Erwerb begünstigten Vermögens durch natürliche Personen der Steuerklasse II oder III eine Tarifbegrenzung. Diese Tarifbegrenzung wird dadurch herbeigeführt, dass ein Entlastungsbetrag abgezogen wird, der nach § 19a Abs. 3 und 4 ErbStRG ermittelt wird. Die Berechnung erfolgt nach den Regelungen des alten Rechts.

Die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/7918, 37) sagt dazu, dass die bisherige Begünstigung bestimmten betrieblichen Vermögens durch eine Tarifbegrenzung für Erwerber der Steuerklassen II und III hinsichtlich der veränderten Definition des begünstigten Vermögens und der weiteren Voraussetzungen für die Gewährung und das Beibehalten der Begünstigung angepasst wird an die neuen Regelungen zu § 13a ErbStRG.

b) Verwaltungsvermögen

Unternehmen, die überwiegend Vermögen verwalten, werden von der Begünstigung ausgenommen.

Ausgenommen ist also Vermögen, wenn das Betriebsvermögen der Betriebe zu mehr als 50 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht; § 13b Abs. 2 ErbStRG.

Das Gesetz zählt in den § 13b Abs. 2 Nr. 1 bis 5 ErbStRG abschließend auf, was es zum Verwaltungsvermögen zählt.

Im Gesetzentwurf ( BT-Drs. 16/7918, 35) ist die Ausnahme von der Verschonung u.a. damit begründet worden, dass Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung diene und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirke, werde daher nach der Zielrichtung dieses Gesetzesentwurfs nicht begünstigt.

Im Einzelnen gehören zum Verwaltungsvermögen:

1. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten.

Eine Nutzungsüberlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn

a)

der Erblasser oder Schenker sowohl im überlassenen Betrieb als auch in nutzenden Betrieb allein oder zusammen mit anderen Gesellschaften einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen konnte oder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 des EStG den Vermögensgegenstand der Gesellschaft zur Nutzung überlassen hatte, und diese Rechtsstellung auf den Erwerber übergegangen ist, soweit keine Nutzungsüberlassung an einen weiteren Dritten erfolgt.

b)

die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr, 2 bis 3 des EStG führt und

aa)

der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder

bb)

die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeit- punkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann, und die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs.

Die Vorschrift verwendet den Begriff des "Dritten", ohne diesen näher zu definieren. Man wird jedoch davon ausgehen können, dass eine schädliche Nutzungsüberlassung dann vorliegt, wenn diese an einen "fremden" Dritten erfolgt. Bei den "Dritten" kann es sich aber auch im Angehörige des Erblassers bzw. Schenkers oder um Arbeitnehmer des Unternehmens handeln. Auch Personengesellschaften können "Dritte" im Sinne dieser Regelung sein (vgl. dazu im Einzelnen Pauli/Korezkij in Pauli/Maßbaum, Erbschaftsteuerreform 2009, 262.m.w.N.).

Die Grundstücke etc. müssen Dritten zur Nutzung überlassen worden sein. Nachdem die Vorschrift auch hier nicht näher bestimmt, was darunter zu verstehen ist, gilt das allgemeine Verständnis von der Nutzungsüberlassung. Es kann sich also um Vermietung bzw. Verpachtung handeln aber auch um eine Nutzungsüberlassung, die unentgeltlich ist.

Es muss sich aber um eine längerfristige Nutzungsüberlassung handeln, weil nach Auffassung des Gesetzgebers - vgl. BT-Drs. 16/7918, 35 - das Vermögen ausgenommen sein soll, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung dient und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirkt.

Kurzfristige Nutzungsüberlassungen, wie es bei Beherbergungsbetrieben, Parkhäusern und Campingplätzen der Fall ist, gehören daher nicht zum schädlichen Verwaltungsvermögen (so auch Pauli/Korezkij a.a.O.)

c) Ausnahme

Vom begünstigten Vermögen ist nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 ErbStRG Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundsgleiche Rechte und Bauten ausgenommen vgl. im Einzelnen den Wortlaut dieser Vorschrift.

d) Betriebsverpachtung

Wird ein Betrieb im Ganzen verpachtet, dann muss geprüft werden, ob es sich um begünstigtes Betriebsvermögen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 1 ErbStRG handelt. Das ist der Fall, wenn Gewinneinkünfte vorliegen. Insoweit liegt dann auch begünstigtes Betriebsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 Nr.1 ErbStRG vor.

§ 13b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ErbStRG bestimmt dazu, dass eine Nutzungsüberlassung an Dritte nicht anzunehmen ist, wenn die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, welche beim Verpächter zu Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 3 EStG führt.

Ergänzt wird dies dadurch, dass

aa)

der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige Verfügung oder eine rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat oder

bb)

die Verpachtung an einen Dritten erfolgt, weil der Beschenkte im Zeitpunkt der Steuerentstehung den Betrieb noch nicht führen kann, und

die Verpachtung auf höchstens zehn Jahre befristet ist; hat der Beschenkte das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet, beginnt die Frist mit der Vollendung des 18. Lebensjahrs.

Die erste Alternative - aa) - setzt voraus, dass der Pächter später durch Verfügung von Todes wegen als Erbe eingesetzt wird. Die Behaltensfrist von sieben Jahren (§ 13a Abs. 5 Satz 1 ErbStRG) bzw. die Zehnjahresfrist des § 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStRG läuft damit erst im Zeitpunkt des Erbfalles an und nicht in dem Zeitpunkt des Abschlusses eines unbefristeten Pachtvertrages.

Erfolgt die Verpachtung an einen Dritten, dann gehen Pauli/Korezkij (a.a.O. 265) zutreffend davon aus, dass zeitgleich die Verwirklichung

des Schenkungstatbestandes erfolgt, da Abschluss des Pachtvertrages und der Zeitpunkt der Schenkung des zu verpachtenden Betriebs regelmäßig zusammenfallen würden. Die Berechnung der Sieben- bzw. Zehnjahresfrist der §§ 13a Abs. 5 Satz 1, 13a Abs. 8 Nr. 2 ErbStRG fange bereits im Schenkungszeitpunkt an, da zu diesem Zeitpunkt der Schenkung steuerliche Tatbestand verwirklicht werde. Der Beschenkte sei also für die Einhaltung der Behaltensfristen auf das erfolgreiche Wirtschaften des Pächters angewiesen.

e) Verwaltungsvermögen/Bewertung

Beim Verwaltungsvermögen wird geprüft, ob das Vermögen wertmäßig zu mehr als 50% (Grundmodell) bzw. zu mehr als 10% (Alternativmodell) aus Verwaltungsvermögen besteht. Wird die Quote von 50% bzw. 10% überschritten, dann entfällt die Begünstigung vollständig, § 13b Abs. 2 Satz 1 ErbStRG.

Der Gesetzgeber (BT-Drs. 16/7918, 35) hat dies damit begründet, dass überwiegend vermögensverwaltende Betriebe allgemein von den Verschonungen ausgenommen bleiben sollten.

Durch die nach dem Einkommensteuerrecht geschaffene Möglichkeit, Vermögensgegenstände, die nicht ihrer Natur nach der privaten Lebensführung dienten, zu "gewillkürtem" Betriebsvermögen zu erklären, könnten praktisch alle Gegenstände, die üblicherweise in Form der privaten Vermögensverwaltung gehalten würden (vermietete und verpachtete Grundstücke und Gebäude) auch in Form eines Gewerbebetriebs gehalten werden.

Die derzeitigen Begünstigungen nach § 13a ErbStG führten bei der Erbschaftsteuer vermehrt zu solchen Gestaltungen. Vermögen, das in erster Linie der weitgehend risikolosen Renditeerzielung diene und in der Regel weder die Schaffung von Arbeitsplätzen noch zusätzliche volkswirtschaftliche Leistungen bewirke, werde daher nach der Zielrichtung dieses Gesetzentwurfs nicht begünstigt.

Wird ein Teilbetrieb übertragen, dann muss die Quote des Verwaltungsvermögens des Betriebsvermögens dieses Teilbetriebs geprüft werden.

Es ist auch der Besteuerungszeitpunkt im Hinblick auf die Quote des Verwaltungsvermögens maßgebend.

Wenn Verwaltungsvermögen bis zur 50%-Grenze eingebracht wird um das Verwaltungsvermögen in die Begünstigung einzubeziehen, dann ist § 13b Abs. 2 Satz 3 ErbStRG zu beachten. Verwaltungsvermögen, welches dem Betrieb in den letzten zwei Jahren vor dem Besteuerungszeitpunkt zugeführt wurde, gehört nicht zum begünstigten Vermögen. Es bleibt also bei der Begünstigung des Betriebes insgesamt.

Im Übrigen könnte die Entnahme des Verwaltungsvermögens vor dem Besteuerungsstichtag und die alsbaldige Wiedereinlage desselben von der Verwaltung als rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 42 AO gewertet werden.

Rechnerisch bestimmt sich der Anteil des Verwaltungsvermögens am gemeinen Wert des Betriebs nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens zum gemeinen Wert des Betriebs, § 13b Abs. 2 Satz 4 ErbStRG.

Ausgangsgröße ist der gemeine Wert des Betriebs. Dieser ist ein Veräußerungswert, bei dem alle Preis beeinflussenden Umstände zu berücksichtigen sind. Für die Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens findet eine isolierte Bewertung außerhalb seiner Unternehmenszugehörigkeit statt. Der gemeine Wert des Verwaltungsvermögens ermittelt sich nach den hierfür geltenden Vorschriften. Für den inländischen Grundbesitz gilt §§ 177 ff. BewG und für ausländischen Grundbesitz § 31 BewG.

Die Ermittlung des gemeinen Werts des Verwaltungsvermögens ist aber nur vorzunehmen, wenn es um die Prüfung der 50%-Grenze geht. Wird diese Grenze unterschritten, dann ist der Erwerb in vollem Umfang begünstigt. Das Verwaltungsvermögen zur Berechnung des steuerpflichtigen Erwerbs unterliegt dann wieder den Wertmaßstäben für das Gesamtunternehmen.

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