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Nach dem Erbfall ist ein Verzicht auf den Pflichtteil jederzeit und vor allem formlos möglich!

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Koblenz – Hinweisbeschluss vom 27.07.2021 – 12 U 1681/20

  • Vater und Sohn einigen sich nach dem Ableben der Mutter auf einen Pflichtteilsverzicht gegen Zahlung einer Abfindung
  • Im Nachgang erklärt der Sohn die Anfechtung des Verzichtvertrages wegen Irrtum und Drohung
  • Zwei Gerichtsinstanzen urteilen, dass der Pflichtteilsverzicht wirksam ist und bleibt

Das Oberlandesgericht Koblenz hatte über eine Pflichtteilsklage zu entscheiden.

In der Angelegenheit machte ein Adoptivsohn nach dem Tod seiner Mutter Pflichtteilsansprüche gegen seinen Vater geltend.

Die Erblasserin hatte mit ihrem Ehemann zu Lebzeiten einen Erbvertrag abgeschlossen. In diesem Erbvertrag hatten sich die Eheleute für den ersten Erbfall gegenseitig als Alleinerben eingesetzt.

Sohn macht nach dem Tod seiner Mutter seinen Pflichtteil geltend

Nach dem Ableben seiner Mutter im Jahr 2017 war der Sohn wiederholt auf seinen Vater zugegangen und hatte seinen Anspruch auf den Pflichtteil geltend gemacht.

Am 14.08.2019 besuchte der Sohn seinen Vater wiederum und bat diesen um finanzielle Unterstützung.

Vater und Sohn einigten sich in der Folge darauf, dass der Sohn von seinem Vater einen Betrag in Höhe von 200.000 Euro erhalten solle, wenn er im Gegenzug auf seinen Pflichtteil nach dem Tod seiner Mutter verzichtet.

Sohn unterschreibt einen Pflichtteilsverzicht

Am 07.11.2019 unterzeichnete der Sohn dann eine Erklärung mit folgendem Wortlaut:

„Hiermit erkläre ich den endgültigen und nicht widerrufbaren Verzicht auf meinen Pflichtteil aus dem Erbe meiner verstorbenen Mutter.“

In der Folge erhielt der Sohn von seinem Vater einen Betrag in Höhe von 200.000 Euro ausgezahlt.

Kurze Zeit später beschlichen den Sohn dann allerdings Zweifel, ob das von ihm getätigte Rechtsgeschäft für ihn nicht nachteilig gewesen war.

Sohn erklärt die Anfechtung des Pflichtteilverzichts

Der Sohn erklärte jedenfalls gegenüber seinem Vater, dass er die gefundene Einigung nicht mehr akzeptieren wolle.

So erklärte der Sohn die Anfechtung seiner Erklärung wegen Irrtums.

Sein Irrtum habe u.a. darin bestanden, dass er sich nicht darüber im Klaren gewesen sei, dass ein Pflichtteilsverzicht auch ohne notarielle Beurkundung wirksam sein kann.

Weiter beklagte sich der Sohn, er sei zum Abschluss des Vertrages von seinem Vater genötigt worden.

Ist der Pflichtteilsverzicht sittenwidrig?

Auch sei der von seinem Vater aufgesetzte Vertrag sittenwidrig gewesen.

Nachdem der Vater auf diese Argumentation seines Sohnes nicht eingehen wollte, erhob der Sohn Klage und forderte mit dieser Klage seinen Pflichtteil ein.

Das Landgericht wies die Klage des Sohnes allerdings in einem sorgfältig begründeten Urteil ab.

Das Landgericht stellte nämlich fest, dass der von dem Sohn erklärte Pflichtteilsverzicht wirksam und insbesondere mangels Anfechtungsgrund nicht anfechtbar sei.

Sohn legt Berufung gegen das Urteil des Landgerichts ein

Gegen diese Entscheidung legte der Sohn Berufung zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG ließ den Kläger allerdings in einem Hinweisbeschluss wissen, dass das Landgericht die Klage zu Recht und mit vollkommen zutreffender Begründung abgewiesen habe.

Das OLG schloss sich dem Urteil aus erster Instanz an.

Nur ergänzend bestätigte auch das OLG, dass dem Kläger kein Anfechtungsrecht wegen Irrtums und ebenso wenig ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung bzw. widerrechtlicher Drohung zustehen würde.

Vielmehr legte das OLG dem Kläger nahe, zur Vermeidung von Kostennachteilen seine Berufung zurückzunehmen.

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