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Hälftiger Hausanteil im Nachlass – Wie berechnet sich der Pflichtteil?

Von: Dr. Georg Weißenfels

BGH – Urteil vom 13.05.2015 – IV ZR 138/14

  • Tochter der Erblasserin verlangt von dem Alleinerben ihren Pflichtteil
  • Zum Nachlass gehört der Hälfteanteil einer Immobilie
  • Der Erbe wendet ein, dass der Wert des Hälfteanteils an der Immobilie mangels Verwertbarkeit mit Null angesetzt werden müsse

Der Bundesgerichtshof hatte eine praxisrelevante Frage in Zusammenhang mit dem Pflichtteilsrecht zu klären.

Erbe und Pflichtteilsberechtigte waren über die Frage in Streit geraten, in welcher Höhe ein hälftiger Miteigentumsanteil an einem Reihenhaus im Rahmen der Pflichtteilsberechnung in Ansatz gebracht werden muss.

Die Erblasserin war im Jahr 2006 verstorben. Die Erblasserin lebte nach einer Scheidung seit dem Jahr 1998 mit einem neuen Lebensgefährten zusammen. Im Jahr 1999 erwarben die Erblasserin und ihr Lebensgefährte für einen Kaufpreis von 235.000,00 DM ein Reihenhaus. Die beiden wurden je zur Hälfte als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen.

Erblasserin setzt ihren Lebensgefährten als Alleinerben ein

Im Jahr 2001 errichtete die Erblasserin ein Testament. Dort setzte sie ihren Lebensgefährten als alleinigen Erben ein. Ihr einziges Kind, eine Tochter, hatte sie damit von der Erbfolge ausgeschlossen.

Die Tochter verlangte nach dem Tod ihrer Mutter von dem Lebensgefährten der Mutter als alleinigem Erben ihren Pflichtteil. Nachdem eine Einigung nicht erzielt werden konnte, erhob die Tochter Klage gegen den Erben.

Nachdem sich Tochter und Lebensgefährte zunächst über Auskunftsansprüche der pflichtteilsberechtigten Tochter gestritten hatten, konnte die Tochter ihren Pflichtteilsanspruch dann vor dem Landgericht in erster Instanz schließlich beziffern.

Landgericht lässt den Wert der Immobilie durch einen Sachverständigen feststellen

Auch im Hinblick auf die im Nachlass befindliche Haushälfte verlangte sie von dem Erben einen Betrag in Höhe von 41.202,21 Euro zuzüglich Zinsen.

Das Landgericht holte ein Sachverständigengutachten zur Frage des Wertes des Reihenhauses ein und gab der Klage in der Folge lediglich in Höhe von 11.193,12 Euro statt. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Der beklagte Erbe legte gegen dieses Urteil Berufung zum Oberlandesgericht ein. Dort änderte man das Urteil der ersten Instanz zu seinen Gunsten ab und sprach der pflichtteilsberechtigten Tochter nur noch einen Betrag in Höhe von 7.693,12 Euro zu.

Aber auch dieser Betrag erschien dem Erben zu hoch. Er legte gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision zum Bundesgerichtshof ein.

Ist eine ideelle Haushälfte am Markt verwertbar?

Er argumentierte, dass die unstreitig im Nachlass befindliche Haushälfte im Rahmen der Pflichtteilsberechnung gar nicht oder nur mit einem deutlichen Abschlag Berücksichtigung finden darf, da eine ideelle Haushälfte am Markt nahezu nicht verwertbar sei.

Der BGH wies die Revision des Erben als unbegründet zurück.

Der BGH stützte dabei die Auffassung des Oberlandesgerichts zur Frage der Bewertung der ideellen Haushälfte.

Wenn der Erbe der ideellen Miteigentumshälfte an dem Hausgrundstück bereits Eigentümer der anderen Miteigentumshälfte sei und mit dem Erbfall Alleineigentümer des Hausgrundstücks werde, so entspreche der im Rahmen eines Pflichtteilsanspruchs zu bestimmende Wert der Miteigentumshälfte in der Regel dem hälftigen Wert des Gesamtobjekts.

BGH: Es muss auf den erzielbaren Verkaufserlös abgestellt werden

Damit hat der BGH klargestellt, dass in Fällen wie dem vorliegenden für die Berechnung des Pflichtteils vorrangig auf den erzielten oder erzielbaren Verkaufserlös abzustellen sei. Der fragliche Wert der Immobilie müsse nötigenfalls geschätzt werden.

BGH und OLG setzten sich in ihrer Entscheidung dabei ausdrücklich mit der wohl überwiegenden Literturmeinung auseinander, wonach es in Fällen wie dem vorliegenden unzulässig sei, den halben Verkehrswert des Grundstücks samt Gebäude anzusetzen, da der Erbe keine realistische Chance habe, die ideelle Haushälfte unter marktwirtschaftlichen Bedingungen zu veräußern.

Dieses Argument ließ der BGH aber jedenfalls für die Fälle nicht gelten, in denen der Erbe bereits Eigentümer der anderen Haushälfte sei und damit nach Eintritt des Erbfalls über die komplette Immobilie verfügen – und sie nötigenfalls auch veräußern – könne. Dem Erben sei es in diesen Fällen möglich, den vollen Verkehrswert der Immobilie zu realisieren.

Ein wie auch immer gearteter Abschlag vom hälftigen Verkehrswert sei in diesen Fällen nicht vorzunehmen.

Vielmehr sei der Umstand, dass der Erbe gegebenenfalls zum Zweck der Befriedigung des Pflichtteilanspruchs zur Veräußerung der Immobilie gezwungen sei, ein „regelmäßig mit Erbschaften verbundenes Risiko.“

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