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Abfindungsvergleich hinsichtlich Pflichtteilsanspruch bleibt grundsätzlich wirksam, auch wenn sich Verhältnisse nachträglich ändern

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Koblenz – Urteil vom 28.06.2007 – 5 U 209/07

  • Pflichtteilsberechtigte und Erbin schließen vor Gericht einen Vergleich zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche
  • Im Nachhinein stellt sich heraus, dass die zugrundegelegte Pflichtteilsquote unrichtig war
  • Nachforderungen der Pflichtteilsberechtigten scheitern vor Gericht

Eine Pflichtteilsberechtigte scheiterte mit ihrem Versuch, ihren Pflichtteilsanspruch zu verdoppeln, nachdem sie sich mit der Erbin im Rahmen eines Abfindungsvergleichs bereits geeinigt hatte.

Der Erblasser war in zweiter Ehe verheiratet. Aus seiner ersten Ehe war eine Tochter hervorgegangen. In einem gemeinschaftlichen Testament hatten sich der Erblasser und seine zweite Ehefrau gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt.

Nach dem Tod ihres Vaters machte die Tochter Pflichtteilsansprüche gegenüber ihrer Stiefmutter als Alleinerbin geltend.

Tochter zieht vor Gericht und erhält 25.000 Euro

Nachdem sich die Parteien außergerichtlich nicht einigen konnten, machte die Tochter ihren Pflichtteilsanspruch vor Gericht geltend. In diesem Verfahren wurde vom Gericht ein Nachlasswert in Höhe von rund 200.000 Euro ermittelt. Auf dieser Grundlage schlossen Tochter und Stiefmutter sodann einen Abfindungsvergleich, wonach die Tochter „zum Ausgleich sämtlicher Ansprüche“ einen Betrag in Höhe von 25.000 Euro erhalten solle.

Der Vergleich bezog sich ausdrücklich auch auf „nicht vorhersehbare“ zukünftige Ansprüche.

Auch nach Auszahlung dieses Vergleichsbetrages an die Tochter war jedoch noch kein Rechtsfriede hergestellt.

Gibt es einen zweiten Pflichtteilsberechtigten?

In dem Prozess, der mit dem Vergleich beendet wurde, war nämlich sowohl von der Tochter als auch von der Stiefmutter immer wieder von der Existenz eines zweiten Pflichtteilberechtigten, einem Halbbruder der Tochter, die Rede. Genaues wussten offenbar weder Tochter noch Stiefmutter.

Nachdem sich Tochter und Stiefmutter im Rahmen des Vergleichs vor Gericht geeinigt hatten, versuchte nunmehr auch dieser Halbbruder seinen Pflichtteilsanspruch nach dem Tod seines Vaters in Höhe von 25.000 Euro zu realisieren. Dieser Versuch scheiterte jedoch letztendlich, da der Halbbruder seine Abstammung vom Erblasser nicht nachweisen konnte.

Dieser gescheiterte Versuch des vermeintlichen Halbbruders, seinen Pflichtteilsanspruch durchzusetzen, verleitete die Tochter des Erblassers nunmehr dazu, eine Verdoppelung des bereits erhaltenen Abfindungsbetrages zu fordern. Nachdem sie schließlich die einzige Pflichtteilsberechtigte sei, stünde ihr nicht nur eine Pflichtteilsquote von 1/8, wie in dem Vergleich zugrunde gelegt, sondern in Höhe eines Viertels des Nachlasswertes zu.

Das Landgericht gab der Klage der Tochter statt. Gegen dieses Urteil legte die Stiefmutter das Rechtsmittel der Berufung ein. Das Urteil des Ausgangsgerichts wurde daraufhin aufgehoben und die Klage der Tochter in zweiter Instanz vom OLG kostenpflichtig zurückgewiesen.

Vergleich schließt Nachforderungen aus

Zur Begründung wies das Berufungsgericht darauf hin, dass der von der Tochter mit der Stiefmutter als Alleinerbin im Vorprozess abgeschlossene Abfindungsvergleich jegliche Nachforderung ausschließen würde. Der zwischen den Parteien des Rechtsstreits abgeschlossene Vergleich sollte sich nach seinem Wortlaut auch ausdrücklich auf nicht vorhersehbare Ansprüche beziehen.

Eine Aufweichung der Abfindungslösung wäre nach Auffassung des OLG allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn der mit der Abfindung verbundene Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche „gegen Treu und Glauben“ verstoßen hätte, mithin für die Tochter – nach Wertung des Gerichts – schlechterdings nicht zumutbar gewesen wäre.

Dies wurde vom Gericht jedoch unter anderem mit dem Hinweis verneint, dass die Tochter auch schon im Rahmen des Vorprozesses von der Existenz eines möglichen zweiten Pflichtteilsberechtigten ausgegangen war, wobei die Realisierung des Pflichtteils durch diesen zweiten Abkömmling auch schon zum Zeitpunkt des Vorprozesses mit Unwägbarkeiten verbunden gewesen war.

Die Klage der Tochter auf Verdoppelung des Abfindungsvergleiches wurde demnach abgewiesen.

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