Die Wohnung des Erblassers - Wie kommt der Erbe rein?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Lebte der Erblasser allein, kann der Erbe die Wohnung des Erblassers problemlos betreten
  • Rechte eines etwaigen Mitbewohners des Erblassers müssen respektiert werden
  • Im Ernstfall helfen die Gerichte

Ist ein Erbfall eingetreten, dann tauchen in der Praxis zuweilen rein tatsächliche Schwierigkeiten auf.

Lebte der Erblasser allein, dann kann es für den Erben alleine in Ermangelung eines Schlüssels zu der Erblasserwohnung problematisch sein, sich Zugang zu der Wohnung des Erblassers zu verschaffen.

Noch komplizierter ist es regelmäßig, wenn der Erblasser seine Wohnung zu Lebzeiten mit einem Mitbewohner oder einer Mitbewohnerin geteilt hatte und sich dieser Mitbewohner partout weigert, dem Erben den Zugang zu der Erblasserwohnung zu gestatten.

Der dem Erben zustehende und in der Wohnung befindliche Nachlass kann auf diesem Weg manchmal schlicht nicht erreichbar sein.

Der einfache Fall: Der Erblasser lebte alleine

Im unproblematischen Fall kann sich der Erbe schnell und auch rechtlich abgesichert Zugang zu der Wohnung des Erblassers verschaffen.

Nach § 857 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) gehen Besitzrechte, die vor seinem Tod der Erblasser ausgeübt hat, mit dem Erbfall auf den Erben über. Alles was der Erblasser vor seinem Tod besessen hat, geht demnach im Moment des Todes in den Besitz des Erben über.

Die Mietwohnung des Erblassers besitzt mit dem Erbfall der Erbe ebenso wie alle anderen Sachen, über die der Erblasser zu Lebzeiten rechtmäßig verfügen konnte.

Hat der Erbe demnach einen (Zweit-) Schlüssel für die Wohnung des Erblassers, kann er sich auf § 857 BGB berufen und die Erblasserwohnung in Besitz nehmen. Er muss ausdrücklich nicht den Vermieter der Wohnung um Erlaubnis fragen, um die Wohnung betreten zu können.

Sollte der Erbe nicht in Besitz eines Wohnungsschlüssels sein, spricht auch nichts dagegen, wenn der Erbe einen Schlüsseldienst beauftragt, ihm Zutritt zu der Wohnung zu verschaffen. Sein Besitzrecht deckt auch einen solchen zwangsweisen Zutritt zu der Wohnung ab.

Das Vorstehende gilt sinngemäß selbstverständlich auch dann, wenn es sich bei der Wohnung des Erblassers um das Eigentum des Erblassers handelt.

Der problematische Fall: Der Erblasser lebte nicht alleine

Schwieriger kann es werden, wenn der Erblasser seine Wohnung zusammen mit einer anderen Wohnung geteilt hat und sich dieser Mitbewohner schlicht weigert, dem Erben den Zugang zu der Wohnung zu gestatten.

Zwar verbleibt es auch in den Fällen, in denen ein Mitbewohner vorhanden ist, bei dem Grundsatz, dass auf den Erben die Besitzrechte des Erblassers übergehen, § 857 BGB. Diese Besitzrechte konkurrieren im Erbfall eben nur mit den ebenfalls bestehenden Besitzrechten des Mitbewohners des Erblassers.

Ein eigenmächtiges Betreten der Wohnung gegen den erklärten Willen des Mitbewohners kann dem Erben zumindest den Vorwurf des Hausfriedensbruchs nach § 123 StGB (Strafgesetzbuch) einbringen.

Auf der anderen Seite muss es der Erbe natürlich nicht dulden, dass ihm der Zutritt zu der Wohnung des Erblassers auf Dauer verwehrt wird.

In manchen Fällen mag hier schon der an den renitenten Mitbewohner gerichtete Hinweis erfolgreich sein, dass der Erbe mit Eintritt des Erbfalls Eigentum und Besitz an allen dem Erblasser gehörenden Gegenständen erworben hat und der Erbe selbstverständlich die Möglichkeit hat, diese Rechte mit gerichtlicher Hilfe notfalls zwangsweise durchzusetzen.

Einstweilige Verfügung bei Gericht beantragen

Führt ein solcher freundlich formulierter Hinweis noch nicht zum gewünschten Erfolg, kann der Mitbewohner des Erblassers rein vorsorglich schon einmal darauf hingewiesen werden, dass er dem Erben nach § 2028 BGB umfassend zur Auskunft über den Verbleib sämtlicher Erbschaftsgegenstände verpflichtet ist.

Ist auch dieser Vorstoß nicht von Erfolg gekrönt und wird dem Erben von einem Mitbewohner weiter der Zugang zur Erblasserwohnung verwehrt, dann kann man sich diesen Zugang mittels einer kurzfristig einholbaren einstweiligen Verfügung durch einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Amtsgericht verschaffen.

Tenor einer solchen einstweiligen Verfügung ist, dass der Mitbewohner dem Erben den Zugang zur Erblasserwohnung gestatten muss. Diese Handlungspflicht wird in der einstweiligen Verfügung mit der Drohung verbunden, dass der Mitbewohner bei Weigerung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro zu bezahlen hat.

Über den Weg der einstweiligen Verfügung ist es dem Erben danach in Streitfällen möglich, sich rechtssicher und unverzüglich Zutritt zu der Erblasserwohnung zu verschaffen.

Nichterben verschaffen sich Zugang zur Wohnung

Für Personen, die nicht die Erbfolge nach dem Erblasser antreten, ist es in aller Regel keine gute Idee, sich ohne Abstimmung mit dem Erben Zutritt zu der Wohnung des Verstorbenen zu verschaffen.

Selbst wenn ein Verwandtschaftsverhältnis zu dem Erblasser besteht, begründet dies für eine Person, die nicht Erbe ist, grundsätzlich kein Recht zum Zugang zu der Wohnung des Erblassers geschweige denn ein Recht, Gegenstände aus der Wohnung an sich zu nehmen.

Eine abweichende Betrachtung ergibt sich nur dann, wenn die nichterbende Person nach § 563 BGB in einen bestehenden Mietvertrag des Erblassers eintritt.

Dieser Fall kann aber nur dann eintreten, wenn die nichterbende Person bereits vor Eintritt des Erbfalls einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mit dem Erblasser hatte. In diesem Fall hat der Nichterbe als neuer Mieter auch Zutrittsrechte zur Wohnung des Erblassers.

Dabei hat der Nichterbe aber selbstverständlich die Rechte des Erben zu respektieren. Besitz und Eigentum an allen Sachen des Eigentümers stehen nicht dem Mitbewohner, sondern ausschließlich dem Erben zu.

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