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Die Mietwohnung des Erblassers – Erben kündigen den Mietvertrag

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Erben treten zunächst in den Mietvertrag des Erblassers ein
  • Erben können den Mietvertrag mit dem Vermieter fortsetzen
  • Erben steht ein außerordentliches Kündigungsrecht zu

Hat der Erblasser zu Lebzeiten eine Mietwohnung bewohnt, dann müssen Erben zur Vermeidung finanzieller Nachteile im Erbfall einige wichtige Regeln beachten.

Dem Grunde nach gilt nämlich für den noch vom Erblasser abgeschlossenen Mietvertrag wie für jeden anderen Vertrag, dass der Erbe mit dem Erbfall auf Mieterseite in die Rechtsposition des Erblassers eintritt.

Das bedeutet, dass der Erbe mit Erbfall plötzlich und ohne, dass er eine besondere Erklärung abgeben muss, Mieter von Wohnraum wird. Diese Rechtsfolge tritt unabhängig von der Frage ein, ob der Erbe überhaupt Bedarf für neuen Wohnraum hat. Ebenso ist es für den Eintritt des Erben als Mieter in den Mietvertrag nicht von Belang, wo sich die Mietwohnung befindet und wo der Erbe seinen aktuellen Lebensmittelpunkt hat.

Wenn der Erblasser also zuletzt in Hamburg gelebt hat und dort eine Mietwohnung bewohnte, der Erbe aber schon seit Jahren in München oder sogar im Ausland zuhause ist, so wird der Erbe nach Eintritt des Erbfalls trotzdem Mieter der Wohnung in Hamburg.

Mit dem Eintritt des Erben in das Mietverhältnis erwirbt der Erbe sämtliche Rechte, aber auch Pflichten, die sich aus dem Mietverhältnis ergeben. Er darf die Mietimmobilie demnach auf der einen Seite zu Wohnzwecken nutzen, schuldet dem Vermieter aber auf der anderen Seite auch den monatlichen Mietzins.

Es empfiehlt sich vor diesem Hintergrund für den Erben, der keinen zusätzlichen Wohnraum benötigt, nach Eintritt des Erbfalls die Abwicklung des Mietverhältnisses im Auge zu behalten.

Treten Ehegatten oder andere Familienangehörige in den Mietvertrag ein?

Die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Erben ist in § 564 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt. Dort ist ausdrücklich normiert, dass der Erbe nur dann als Rechtsnachfolger in das Mietverhältnis eintritt, wenn der Mietvertrag nicht mit dem Ehepartner des Erblassers, dessen Kindern, anderen Familienangehörigen oder derjenigen Person, mit der der Erblasser zusammengewohnt hat, fortgesetzt wird.

Bevor es überhaupt zu einem Eintritt des Erben in den Mietvertrag kommt, muss demnach geprüft werden, ob nicht der Ehepartner, die Kinder, andere Familienangehörige oder der Hausgenosse gegenüber dem Vermieter erklärt haben, dass sie das Mietverhältnis fortsetzen wollen, § 563 BGB. Diese Erklärung muss gegenüber dem Vermieter innerhalb eines Monats abgegeben werden.

Hat einer der vorgenannten Personen gegenüber dem Vermieter erklärt, das Mietverhältnis fortsetzen zu wollen, dann ist der Erbe aus dem Schneider. Das Mietverhältnis betrifft ihn in diesem Fall nicht mehr. Er darf die Immobilie nicht nutzen, ist aber auch nicht verpflichtet, zukünftig die Miete zu bezahlen. Für den Erben kann sich in diesem Fall allenfalls noch für rückständige Forderungen des Vermieters eine Haftung aus § 563b BGB ergeben.

Gab es neben dem Erblasser noch weitere Mieter?

Hatte der Erblasser den Mietvertrag nicht alleine, sondern gemeinsam mit einer weiteren Person auf Mieterseite abgeschlossen, dann wird das Mietverhältnis nach § 563a BGB grundsätzlich mit der Person fortgesetzt, die gemeinsam mit dem Erblasser den Mietvertrag unterschrieben hatte.

Auch in diesem Fall muss der Erbe allenfalls eine Haftung für bis zum Erbfall aufgelaufene Forderungen des Vermieters fürchten, § 563b BGB.

Niemand tritt in das Mietverhältnis ein – Der Erbe wird Mieter

Hat jedoch keiner der in § 563 BGB aufgeführten Personen ein Interesse an der Fortsetzung des Mietverhältnisses und hatte neben dem Erblasser auch niemand den Mietvertrag auf Mieterseite mit unterzeichnet, dann wird es für den Erben Ernst.

Nach § 564 BGB wird in diesem Fall das Mietverhältnis nämlich mit ihm als neuen Mieter fortgesetzt.

Für sämtliche Forderungen, die der Vermieter noch gegen den Erblasser als seinen ehemaligen Mieter hat, aber auch für neu entstehende Mietforderungen steht der Erbe damit in der Haftung.

Außerordentliches Kündigungsrecht für den Erben

Der Gesetzgeber hat aber sehr wohl erkannt, dass es keine allzu gute Idee ist, Erben mit Mietverträgen auszustatten, für die die Erben gar keine Verwendung haben.

Tritt ein Erbe danach über § 564 BGB in einen Mietvertrag des Erblassers über Wohnraum ein, dann steht dem Erben (wie auch dem Vermieter) nach § 564 S. 2 BGB ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Der Erbe kann sich also in relativ kurzer Zeit von dem Mietvertrag, den er nicht braucht, wieder lösen. Er benötigt für eine solche außerordentliche Kündigung auch keinen besonderen Kündigungsgrund.

Bei der Geltendmachung dieses außerordentlichen Kündigungsrechts hat der Erbe zwingend zwei Fristen zu beachten:

Zum einen ist die außerordentliche Kündigung nur innerhalb eines Zeitraums von einem Monat nach Eintritt des Erbfalls möglich. Diese Monatsfrist beginnt in dem Moment zu laufen, in dem der Erbe von dem Ableben des Erblassers und der Tatsache Kenntnis erlangt, dass das Mietverhältnis nicht nach §§ 563, 563a BGB vom Ehepartner, Familienangehörigen oder sonstigen Personen fortgesetzt wird.

Sind eintrittsberechtigte Personen nach §§ 563, 563a BGB vorhanden, dann wird die die dem Erben für die Kündigungserklärung zur Verfügung stehende Frist regelmäßig länger als nur ein Monat nach Eintritt des Erbfalls sein.

Die zweite Frist, die der Erbe im Falle der beabsichtigten Kündigung kennen muss, ist die eigentliche Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist bestimmt den Zeitraum, der zwischen der Erklärung der Kündigung durch den Erben und der endgültigen Beendigung des Mietverhältnisses liegt.

Diese Frist richtet sich im Falle der außerordentlichen Kündigung durch den Erben nach § 573d BGB. Danach ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig. Hat man also beispielsweise am 4. August 2014 als Erbe die Kündigung nach §§ 564, 573d BGB erklärt, dann wird die Kündigung zum Ende des Monats Oktober wirksam. Man schuldet dem Vermieter in diesem Fall noch für drei Monate den Mietzins.

Verpasst man als Erbe die Monatsfrist nach § 564 BGB zur Erklärung der außerordentlichen Kündigung, dann kann man sich natürlich auch durch eine so genannte ordentliche Kündigung von dem Mietvertrag verabschieden. Hier kann es dem Erben jedoch passieren, dass er nicht mit der gesetzlichen Frist nach § 573c BGB kündigen kann, sondern eine vom Erblasser mit dem Vermieter vereinbarte längere Kündigungsfrist zu berücksichtigen hat.

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