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Der Erbe hat einen umfassenden Herausgabeanspruch gegen jeden Besitzer eines Nachlassgegenstandes

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Jeder, der Nachlassgegenstände in seinem Besitz hat, muss sie an den Erben herausgeben
  • Der Erbe hat einen Auskunftsanspruch
  • Erbe hat auch einen Anspruch auf Herausgabe so geannnter Surrogate

Die Verwirklichung des Erblasserwillens hat im deutschen Erbrecht oberste Priorität.

Hat der Erblasser in einem – wirksamen – Testament oder in einem Erbvertrag angeordnet, dass sein Vermögen an eine bestimmte Person gehen soll, dann muss dieser Wunsch respektiert und umgesetzt werden.

Das deutsche Erbrecht kennt viele gesetzliche Vorschriften, die den Nachlass schützen und vor Zugriffen Unberechtigter abschirmen sollen. Nicht in allen Fällen kann sich nämlich der vom Erblasser eingesetzte Erbe unmittelbar nach Erbfall um „seine“ Erbschaft kümmern. Er muss nur ins Ausland verzogen sein, ohne seine aktuelle Adresse zu hinterlassen, und schon kommt der Abwicklungsprozess der Erbschaft ins Stocken.

Noch gravierender sind meist die Rechtsfolgen, wenn anstatt des wahren Erben eine dritte Person ein Erbrecht geltend macht und sich auf Grundlage unrichtiger Behauptungen in den Besitz der Erbschaft bringt. Auslöser für eine solche Konstellation können beispielsweise mehrere vom Erblasser hinterlassene Testamente mit durchaus unterschiedlichem Inhalt sein.

Mehrere Testamente können die Erbfolge durcheinander bringen

Wird nach dem Erbfall ein Testament aufgefunden, in dem Person A als Alleinerbe genannt ist und taucht Jahre später ein weiteres Testament auf, dass vom Erblasser zeitlich später verfasst wurde und eine Person B als Alleinerben ausweist, dann ist die Erbschaft in aller Regel bereist seit Jahren in den falschen Händen der Person A, bevor Person B seine Rechte überhaupt geltend machen kann.

Oft befinden sich viel banaler aber auch einzelne Nachlassgegenstände in fremden Händen und der Besitzer dieser Sachen weigert sich schlicht, diese an den berechtigten Erben als neuen Eigentümer herauszugeben.

In all diesen Fällen hilft das Gesetz dem Erben. Nach § 2018 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) kann der Erbe nämlich von jedem, der aufgrund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft besitzt die Herausgabe verlangen. Jeder, der also nur behauptet Erbe zu sein, es in Wirklichkeit aber nicht ist, und aufgrund dieser von ihm angemaßten Rechtsstellung Nachlassgegenstände in seinem Besitz hat, muss sie an den wirklichen Erben herausgeben.

Auskunftsanspruch des Erben gegen den Besitzer

Flankiert wird dieser rein erbrechtliche Herausgabeanspruch durch einen umfassenden Auskunftsanspruch in § 2027 BGB. Danach ist derjenige, der sich das Erbrecht nur anmaßt, dem wirklichen Erben zur Auskunft über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib einzelner Erbschaftsgegenstände verpflichtet.

Stellt sich in der Folge heraus, dass der falsche Erbe nach dem Erbfall bereits über zum Nachlass zählende Gegenstände verfügt hat, dann sieht § 2019 BGB für den wahren Erben einen so genannten Surrogationsanspruch vor. Alles, was der falsche Erbe in der Zwischenzeit durch Rechtsgeschäfte mit Mitteln der Erbschaft erworben hat, muss er an den wahren Erben herausgeben.

Hat der falsche Erbe also unmittelbar nach Erbfall das Auto und die Briefmarkensammlung des Erblassers für viel Geld veräußert, dann muss er dem wahren Erben den von ihm vereinnahmten Kaufpreis herausgeben. Hat der falsche Erbe andersherum mit Geldmitteln aus der Erbschaft beispielsweise ein Schmuckstück erworben, dann erstreckt sich der Herausgabeanspruch des wahren Erben auch auf dieses Schmuckstück.

Neben dem spezifisch erbrechtlichen Herausgabeanspruch in § 2018 BGB stehen dem Erben darüber hinaus noch weitere Ansprüche gegen Zeitgenossen zu, die zwar kein Erbrecht an einem Nachlassgegenstand behaupten, sich aber trotzdem weigern, die zur Erbschaft gehörenden Sachen herauszugeben. So greift für den Erben fast immer der Herausgabeanspruch in § 985 BGB, nachdem der Erbe ja kraft Gesetz in der Sekunde des Todes des Erblassers neuer Eigentümer eines jeden Erbschaftsgegenstandes geworden ist.

Hatte der Erblasser zu Lebzeiten demjenigen, der einen Nachlassgegenstand nach dem Erbfall besitzt, kein Recht zum Besitz eingeräumt (z.B. den Gegenstand vermietet oder verliehen), dann muss der Besitzer den Gegenstand an den Erben als neuen Eigentümer herausgeben.

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