Wohnort des Erblassers oder Standort des Hospizes – Wo muss man einen Erbschein beantragen?
OLG Schleswig – Beschluss vom 17.03.2025 – 3x W 65/24
- Erblasser wird von seinem Wohnort in ein Hospiz in einer anderen Stadt verlegt
- Nach dem Tod des Erblassers streiten die Erben, welches Nachlassgericht zuständig ist
- Gerichte entscheiden zugunsten des Standort des Hospizes
Das Oberlandesgericht Schleswig hatte zu klären, welches Nachlassgericht für die Erteilung eines Erbscheins zuständig ist.
In der Angelegenheit hatte der spätere Erblasser seit dem Jahr 2012 in der Stadt X seinen Wohnsitz.
Die engsten Angehörigen des kinderlosen Erblassers waren seine Eltern, die in der Stadt Y lebten.
Erblasser verstirbt nach zwei Monaten im Hospiz
Nach schwerer Krankheit wurde der Erblasser im April des Jahres 2022 in ein Hospiz in der Stadt Y verlegt, wo er schließlich im Juni 2022 auch verstarb.
Während seiner Zeit im Hospiz wurde der Erblasser vorzugsweise von seinen Eltern unterstützt.
Der Erblasser hatte ein Testament hinterlassen, in dem er sechs Personen als seine Erben einsetzte.
Zuerst wird ein Erbschein am Wohnort des Erblassers beantragt
Erbe 1 beantragte sodann beim Nachlassgericht der Stadt X, dem Wohnort des Erblassers, einen Erbschein.
Das Nachlassgericht der Stadt X hielt sich aber für unzuständig, da der Erblasser ja zuletzt im Hospiz in der Stadt Y seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Das Nachlassgericht der Stadt X gab die Angelegenheit daher an das Nachlassgericht der Stadt Y ab.
Das Nachlassgericht der Stadt Y kündigte dann auch an, den beantragten Erbschein, der die sechs im Testament benannten Erben ausweisen sollte, zu erlassen.
Einem Erbe missfällt die Entscheidung und er legt Beschwerde ein
Aus eher unerfindlichen Gründen legte einer der Erben gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts dann aber Beschwerde ein.
Der Beschwerdeführer wandte sich mit seiner Beschwerde explizit nicht gegen den Inhalt des Erbscheins, sondern bestritt ausschließlich die Zuständigkeit des Nachlassgerichts am Standort des Hospizes.
Seiner Auffassung nach sei für die Erteilung des Erbscheins ausschließlich das Nachlassgericht der Stadt X am Wohnort des Erblassers zuständig.
Diesen Streit hatte am Ende dann sogar das Oberlandesgericht zu entscheiden.
Das OLG entscheidet die strittige Frage der örtlichen Zuständigkeit
Grundlegend sei, so das OLG in seiner Entscheidung, dasjenige Nachlassgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Grundsätzlich sei es auch immer eine Frage des Einzelfalls, wann die Verlegung in ein Hospiz für den Erblasser dort einen gewöhnlichen Aufenthalt begründe.
Im zu entscheidenden Fall sah das Gericht besondere Umstände, die einen gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers am Standort des Hospizes begründen würden.
Das Gericht nahm nämlich an, dass in diesem besonderen Fall der Erblasser den Ortswechsel in das Hospiz im Hinblick auf seine sozialen Bindungen ausdrücklich wünschte.
Aus diesem Grund könne man, so das OLG, einen gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers am Standort des Hospizes bejahen.
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