Nach dem Eintritt eines Erbfalls muss der Erbe einen Erbschein vorlegen, um ein vom Erblasser begonnenes Gerichtsverfahren fortsetzen zu können!
LG Frankfurt a. M. – Beschluss vom 22.11.2022 – 2-04 OH 7/20
- Erblasser strengt zu Lebzeiten ein gerichtliches Beweisverfahren an
- Nach dem Tod des Erblassers setzt das Gericht das Verfahren aus
- Die Witwe will das Beweisverfahren wieder aufnehmen
Das Landgericht Frankfurt hatte über die Frage zu entscheiden, in welcher Form ein Erbe ein vom verstorbenen Erblasser eingeleitetes Gerichtsverfahren fortsetzen zu können.
In der Angelegenheit hatte der spätere Erblasser zu Lebzeiten vor dem Landgericht Frankfurt ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren angestrengt.
Nach dem Tod des Antragstellers wurde mit Beschluss des Gerichts vom Januar 2022 die Aussetzung des Verfahrens angeordnet.
Ehefrau des Erblassers will das Verfahren fortsetzen
Daraufhin meldete sich im August 2022 die Ehefrau des Erblassers bei Gericht.
Die Witwe legte ein privates Testament des Erblassers mitsamt gerichtlichem Eröffnungsprotokoll vor, wies sich so als alleinige Erbin des Erblassers aus und beantragte das Verfahren wieder aufzunehmen.
Der Antragsgegner hielt die Vorlage eines privaten Testaments als Nachweis der Erbfolge nicht für ausreichend und stellte sich gegen eine Wiederaufnahme des Beweisverfahrens.
Das Gericht verweigert eine Wiederaufnahme
Das Gericht gab dem Antragsgegner Recht und verweigerte eine Wiederaufnahme des Verfahrens.
In der Begründung seiner Entscheidung wies das Gericht darauf hin, dass die Witwe des Erblassers ihr behauptetes Erbrecht alleine mithilfe des privaten Testaments nicht ausreichend nachgewiesen habe.
Dabei verwies das Gericht auf ein Urteil des Bundesgerichtshofes, wonach eine Bank im Interesse einer „raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses“ nicht in jedem Fall auf der Vorlage eines – kostenpflichtigen – Erbscheins bestehen dürfe.
Wann benötigt der Erbe einen Erbschein?
Ob aber die Rechtsnachfolge alleine auf Grundlage eines privaten Testaments sei, auch darauf hatte der BGH hingewiesen, immer eine Frage des Einzelfalls.
Im zu entscheidenden Fall sah das Gericht „weitreichende Konsequenzen“, wenn das Beweisverfahren mit einem Scheinerben statt mit dem wahren Erben fortgeführt werden würde.
Sollte die Witwe am Ende doch nicht die berechtigte Erbin nach ihrem verstorbenen Mann geworden sein, so würde die gerichtliche Entscheidung jedenfalls nicht für und gegen den tatsächlichen Erben gelten.
Nachdem die Witwe des Erblassers über das Testament hinaus auch keine Angaben zu möglichen gesetzlichen Erben des Erblassers gemacht hatte, erschien dem Gericht eine Fortsetzung des Verfahrens auf dieser unsicheren Ausgangslage als zu riskant.
Der Witwe blieb danach nichts anderes übrig, als sich bei dem zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein zum Nachweis ihrer Rechte zu besorgen.
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