Erblasser macht einem Erben ein Geschenk – Hat der andere Erbe einen Anspruch auf Wertermittlung gegen den Beschenkten?
OLG Düsseldorf – Urteil vom 04.11.2011 - 7 U 144/10
- Eltern setzen in gemeinsamen Testament ihre Söhne als Schlußerben ein
- Ein Sohn bekommt bereits zu Lebzeiten Wohnungen geschenkt
- Der andere Sohn will in Erfahrung bringen, welchen Wert diese Wohnungen haben
Ob Erben untereinander zur Vorbereitung von Ausgleichsansprüchen einen Wertermittlungsanspruch hinsichtlich angeblich vom Erblasser zu Lebzeiten gemachten Geschenken haben, hatte das OLG Düsseldorf zu beurteilen.
In der Sache standen sich zwei Halbbrüder vor Gericht gegenüber. Die gemeinsame Mutter der Brüder war bereits verstorben und hatte mit ihrem Ehemann, dem Vater des beklagten Bruder, ein gemeinsames Testament errichtet.
In diesem letzten Willen hatten sich die Eheleute zunächst gegenseitig als Alleinerben eingesetzt und weiter bestimmt, dass das gemeinsame Vermögen nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners zu gleichen Teilen an die Söhne als Erben gehen soll.
Ein Sohn bekommt zwei Wohnungen geschenkt
Zu dem Nachlass der Eheleute gehörten drei Eigentumswohnungen. Nach dem Tod der gemeinsamen Mutter der Schlusserben kam es zwischen dem Kläger und seinem Stiefvater zu einem Zerwürfnis. In der Folge übertrug der Stiefvater im Jahr 1999 an seinen leiblichen Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an zwei der drei Eigentumswohnungen.
Im Rahmen der Eigentumsübertragung wurde zwischen Vater und Sohn vereinbart, dass der Sohn zwar keine entgeltliche Gegenleistung für die zwei Wohnungen erbringen muss, sich der Vater jedoch das Nießbrauchsrecht an den Wohnungen vorbehalten dürfe und der Sohn darüber hinaus eine Pflegeverpflichtung zugunsten des Vaters übernehmen solle.
Der Vater verstarb im Jahr 2008. Nachfolgend ging der als Miterbe in dem gemeinsamen Testament eingesetzte Stiefsohn auf seinen als Miterben eingesetzten Bruder zu und verlangte von ihm Auskunft über den Wert der beiden an ihn im Jahr 1999 übertragenen Wohnungen.
Forderung nach Ausgleich für die Schenkung
Der Stiefsohn sah sich nämlich in seiner durch das gemeinschaftliche Testament, das seine Mutter mit dem Stiefvater verfasst hatte, verbürgten Position als Schlusserbe durch die lebzeitige Übertragung der Wohnungen auf seinen Bruder beeinträchtigt.
Er verwies insoweit auf die Regelung in § 2287 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), wonach Schenkungen des Erblassers, die vom Erblasser in der Absicht vorgenommen wurden, den Vertragserben zu beeinträchtigen, zu einem Bereicherungsanspruch des Vertragserben gegen den Beschenkten führen. Auf wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament, wie vorliegend, ist die Vorschrift des § 2287 BGB analog anwendbar.
Zur Vorbereitung seines Anspruchs wollte der Stiefsohn von seinem Bruder wissen, welchen Wert die ihm überlassenen Eigentumswohnungen haben. Nachdem der Bruder die erbetenen Angaben nicht machen wollte, ging die Sache vor Gericht.
Landgericht billigt Auskunftsanspruch zu
Vor dem Landgericht hatte der Kläger mit seinem Auskunftsanspruch noch Erfolg. Das Landgericht verurteilte den Bruder des Klägers zur Einholung eines Wertgutachtens für die beiden Wohnungen und Übermittlung dieses Gutachtens an den Kläger. Einen Anspruch billigte das Erstgericht dem Kläger aus § 242 BGB zu.
Gegen dieses Urteil legte der Bruder allerdings Berufung ein und hatte damit vor dem Oberlandesgericht Erfolg. Das Berufungsgericht führte für seine Entscheidung sowohl tatsächliche als auch rechtliche Gründe an. Das Berufungsgericht verwies darauf, dass jedenfalls kein für einen Wertermittlungsanspruch notwendiges „Informationsgefälle“ zwischen Kläger und Beklagtem vorliegen würde.
Vielmehr ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger die vom Beklagten verlangten Informationen bereits habe oder sich diese zumindest unschwer selber verschaffen könne.
In der Entscheidung ließ das OLG erkennen, dass es grundsätzlich einem – im Gesetz an keiner Stelle erwähnten – Wertermittlungsanspruch zur Vorbereitung eines Anspruchs aus § 2287 BGB eher ablehnend gegenüber steht. Höchstgerichtliche Rechtsprechung des BGH zu dieser Frage liegt bisher nicht vor.
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