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Vorsorgevollmacht erteilt – Kann der Bevollmächtigte Vermögen des Vollmachtgebers an sich oder andere verschenken?

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Welchen Umfang hat die Vorsorgevollmacht im konkreten Fall?
  • Grundsätzlich müssen Schenkungen auch nach Erteilung einer Vollmacht möglich sein
  • Bevollmächtigter darf sich dem Grunde nach nicht selber beschenken

Wenn es Krankheit oder Behinderung nicht mehr erlauben, das Leben eigenständig zu bewältigen, dann kümmert sich notfalls der Staat um die betroffene Person.

Nach § 1896 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hat das Betreuungsgericht in solchen Fällen die Möglichkeit, eine Betreuung anzuordnen und dem Betroffenen einen Betreuer zur Seite zu stellen.

Eine amtswegige Anordnung einer Betreuung kann man dadurch verhindern, indem man noch zu guten Zeiten einen Bevollmächtigten bestimmt, der sich im Ernstfall kümmern soll.

Vorsorgevollmacht verhindert Anordnung einer Betreuung

Mittel der Wahl, um eine amtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden ist die Anfertigung einer so genannten Vorsorgevollmacht.

In einer solchen (unter anderem auf der Internetseite des Bundesjustizministeriums als Vorlage erhältlichen) Vorsorgevollmacht legt man fest, welche Person im Namen und mit Wirkung des Vollmachtgebers Erklärungen abgeben darf.

Die Aufgabengebiete, die man mittels einer solchen Vorsorgevollmacht auf einen Dritten übertragen kann, reichen von der Gesundheitssorge über Fragen des Aufenthalts bis hin zur Vermögenssorge.

Der Vollmachtgeber bestimmt den Umfang der Vollmacht

Wie viel Rechte man auf den Bevollmächtigten übertragen und wie viel Macht man damit dem Bevollmächtigten verschaffen will, kann man jedenfalls individuell bestimmen.

Legt man in der Vorsorgevollmacht aber fest, dass sich der Bevollmächtigte auch um das Vermögen des Betroffenen kümmern soll und sogar über einzelne Vermögenswerte verfügen darf, dann muss klar sein, dass man darauf angewiesen ist, dass der Bevollmächtigte mit den ihm übertragenen Befugnissen vertrauensvoll und uneigennützig umgeht.

Wie heikel sich eine umfassende Vorsorgevollmacht auswirken kann, erlebt man spätestens dann, wenn entweder der Vollmachtgeber oder auch nahe Angehörige feststellen müssen, dass das Vermögen des Betroffenen zusehends dahin schmilzt, weil der Bevollmächtigte Vermögenswerte des Vollmachtgebers mehr oder weniger offen auf sich selber oder auf ihm nahe stehende Personen transferiert.

Bundesgerichtshof entscheidet einen Streitfall zwischen Geschwistern

Der Bundesgerichtshof hatte unlängst über einen Fall zu entscheiden, bei dem eine mit einer Vorsorgevollmacht der Mutter ausgestattete Tochter Vermögen der Mutter durch Schenkung auf sich bzw. ihre Familie übertragen hatte (BGH, Beschluss vom 08.01.2020, Az.: XII ZB 368/19).

Bei Schenkungen, die der Inhaber einer Vorsorgevollmacht mit Bezug zum Vermögen des Vollmachtgebers vornimmt, sind in Anlehnung an das vorgenannte BGH-Urteil  in rechtlicher Hinsicht folgende Punkte zu prüfen:

Was darf der Bevollmächtigte?

Zunächst einmal ist in Streitfällen festzustellen, ob der oder die Bevollmächtigte nach der zugrunde liegenden Vorsorgevollmacht überhaupt berechtigt ist, stellvertretend für den Vollmachtgeber Entscheidungen im Bereich „Vermögensangelegenheiten“ zu treffen.

Alleine der Vollmachtgeber bestimmt den Umfang der Vollmacht.

Beschränkt sich die Vorsorgevollmacht aber beispielsweise auf Angelegenheiten der Gesundheitssorge, dann kann die Vollmacht nicht dazu genutzt werden, über Vermögen des Vollmachtgebers zu verfügen.

Sind Schenkungen in der Vollmacht geregelt?

Weiter ist die Vollmacht dahingehend zu untersuchen, ob ihr nähere Informationen darüber zu entnehmen sind, ob und in welchem Umfang dem Bevollmächtigten das Recht eingeräumt werden soll, im Namen des Vollmachtgebers Schenkungen vorzunehmen.

In dem weit verbreiteten Vollmachts-Muster des Bundesjustizministeriums kann der Vollmachtgeber beispielsweise ausdrücklich auswählen, ob der Bevollmächtigte Schenkungen in dem Rahmen vornehmen können soll, der einem Betreuer rechtlich gestattet ist.

Maßstab sind hier die Regelungen in §§ 1908 i Abs. 1 S. 1, 1804 BGB. Danach können vom Bevollmächtigten lediglich solche Schenkungen vorgenommen werden, „durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.“

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, dürfte in jedem Einzelfall höchst umstritten sein.

Der BGH stellt hier u.a. darauf ab, ob der Vollmachtgeber selber bereits Schenkungen gleicher Art vorgenommen hat und wie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Vollmachtgebers ist.

Darf sich der Bevollmächtigte selber beschenken?

Schließlich ist auch immer zu prüfen, ob die zugrunde liegende Vollmacht eine Befreiung von § 181 BGB, dem so genannten Verbot des Selbstkontrahierens, enthält.

Nach § 181 BGB ist es einem Bevollmächtigten nämlich grundsätzlich nicht erlaubt, namens des Vollmachtgebers Rechtsgeschäfte mit sich selber vorzunehmen, sich also beispielsweise selber mit Vermögenswerten des Vollmachtgebers zu beschenken.

Von dieser gesetzlichen Verbotsnorm in § 181 BGB kann ein Vollmachtgeber den Bevollmächtigten aber ausdrücklich befreien.

Eine solche Befreiung von § 181 BGB sollte dann aber auch zweckmäßigerweise aus der Vollmacht hervorgehen.

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