Missbrauch einer Vollmacht - Der Bevollmächtigte ist vom Erblasser beschenkt worden – Stimmt das?
- Vollmacht verschafft dem Bevollmächtigten umfassende Handlungsmöglichkeiten
- Fremdes Geld darf der Bevollmächtigte nicht behalten
- Bevollmächtigter muss nachweisen, dass ihm Geld geschenkt wurde
Wenn ein Erblasser die Regelung seiner letzten Angelegenheiten angeht, dann ist es durchaus empfehlenswert, wenn er nicht nur ein Testament verfasst, sondern einer dritten Person zu Vertretungszwecken eine Vollmacht einräumt.
Wie eine solche Vollmacht genau aussieht und welchen Umfang die Vollmacht hat, ist weitgehend Geschmackssache.
Der Erblasser kann den Dritten bereits zu Lebzeiten und über den Tod hinaus bevollmächtigen, für ihn tätig zu werden.
Man spricht in diesem Fall von einer transmortalen Vollmacht.
Postmortale Vollmacht gilt erst ab dem Erbfall
Eine postmortale Vollmacht ermächtigt den Bevollmächtigten hingegen erst mit dem Ableben des Erblassers, von der Vollmacht Gebrauch zu machen und mit Wirkung für und gegen den Erblasser tätig zu werden.
Welchen Umfang die Vollmacht haben soll, bestimmt alleine der Erblasser als Vollmachtgeber.
So kann sich der Erblasser darauf beschränken, den Bevollmächtigten zu ermächtigen, nach seinem Ableben alle Maßnahmen zur Räumung und Auflösung der Mietwohnung des Erblassers zu veranlassen.
Eine Vollmacht kann den Bevollmächtigten aber auch gestatten, Bankgeschäfte für den Vollmachtgeber auszuführen und Kontoabhebungen vorzunehmen.
Im Extremfall kann der Vollmachtgeber den Bevollmächtigten auch mit einer Generalvollmacht ausstatten und ihm damit gestatten, ihn umfassend in allen Angelegenheiten zu vertreten.
Bankvollmachten sind generell riskant und missbrauchsanfällig
Einer dritten Person eine Vollmacht zu erteilen, mit der der Bevollmächtigte über Konten des Vollmachtgebers verfügen kann, ist grundsätzlich nicht ganz risikolos.
Tritt eine mit einer wirksamen Vollmacht ausgestattete Person bei einer Bank als Vertreter des Vollmachtgebers auf, dann ist die Bank dem Grunde nach weder berechtigt noch verpflichtet, die näheren Umstände der Vollmacht zu hinterfragen oder den Erblasser zu kontaktieren, um sich das konkrete Rechtsgeschäft absegnen zu lassen.
So lange die vom bevollmächtigten Vertreter gewünschte Geldabhebung vom Umfang der Vollmacht gedeckt ist, wird und muss die Bank dem Wunsch des Bevollmächtigten nachkommen und keine weiteren Fragen stellen.
Hat der Vollmachtgeber in die Vollmacht keine Bremsen, beispielsweise in Form einer betragsmäßigen Beschränkung, eingebaut, kann ein mit einer Bankvollmacht ausgestatteter Bevollmächtigter das Konto des Erblassers auch gegen dessen Willen demnach komplett leer räumen.
Erben stellen ungewöhnliche Kontobewegungen fest
Ein solcher Vorgang wird in aller Regel dann öffentlich, wenn die Erben nach Eintritt des Erbfalls erstaunt feststellen, dass von dem ehemals stattlichen Bankvermögen des Erblassers nur noch Spuren vorhanden sind.
Für die Erben ist es in solchen Fällen nicht schwer, den Werdegang des Erblasservermögens nachzuvollziehen.
Eine Bank ist dem Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers gegenüber verpflichtet, Auskunft über jegliche Kontobewegungen der Vergangenheit zu geben.
Eine Vollmacht ist kein Grund dafür, Geld behalten zu dürfen
Lässt sich auf diesem Weg der Abfluss der Gelder vom Erblasserkonto auf ein Konto des Bevollmächtigten aufklären, kann es für den Bevollmächtigten unangenehm werden.
Zunächst einmal gilt nämlich: Eine Vollmacht sagt rein gar nichts darüber aus, ob ein Bevollmächtigter das Recht hat, Geldbeträge, die vom Erblasserkonto abgehoben wurden, auch zu behalten.
Die Vollmacht eröffnet dem Bevollmächtigten lediglich die tatsächliche Möglichkeit, über Geldmittel des Erblassers zu verfügen.
Über die rechtliche Zuordnung dieser Geldmittel und ein mögliches Recht des Bevollmächtigten, die abgehobenen Beträge auch zu behalten, trifft die Vollmacht keine Aussage.
Zuweilen behaupten Bevollmächtigte, sie seien vom Erblasser beschenkt worden
Auf die Verwendung der Mittel angesprochen wenden manche Bevollmächtigte ein, dass ihnen die Gelder vom Erblasser geschenkt worden seien. Dies kann, muss aber nicht zutreffend sein.
Jedenfalls hat der Bevollmächtigte in einem möglichen Gerichtsprozess die volle Beweislast für das Vorliegen eines Schenkungsvertrages zwischen ihm und dem Erblasser.
Der Bevollmächtigte muss einem Gericht die näheren Umstände der behaupteten Schenkung darlegen und muss das Gericht davon überzeugen, dass ihm der Erblasser die Geldmittel tatsächlich ohne Gegenleistung geschenkt hat und er das Geld aus diesem Grund behalten darf.
Der Bevollmächtigte muss eine Schenkung des Erblassers beweisen
Diese Beweislastgrundsätze hat der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 14.11.2006, X ZR 34/05) in einer Entscheidung aus dem Jahr 2006 einmal wie folgt umschrieben:
Unter diesen Umständen kommt die Feststellung, dass die Abhebung durch die Beklagte einen Vollzug einer Schenkung darstellte, nur in Betracht, wenn sich der Bezug zu einem solchen Rechtsgeschäft aus anderen Umständen ergibt. Es bedarf der Zuordnung des an sich insoweit neutralen, aber in eine Rechtsposition der Klägerin eingreifenden Vorgehens zu einem Handeln der Klägerin, das den Schluss zulässt, dass die Abhebung eine schenkweise versprochene Zuwendung mit Wissen und Wollen der Klägerin vollzieht. Eine solche Zuordnung ist, wie auch der vorliegende Fall zeigt, regelmäßig nicht ohne Nachweis des Schenkungsversprechens möglich.
Kann der „beschenkte“ Bevollmächtigte diesen Nachweis einer Schenkung nicht führen, hat er das Geld herauszugeben.
In krassen Fällen muss sich ein Bevollmächtigter, der eine zu seinen Gunsten ausgestellte Vollmacht als Einladung zur Selbstbedienung missversteht, darüber hinaus mit der Straftatbestand der Untreue in § 266 StGB (Strafgesetzbuch) auseinander setzen.
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