Wann muss einem Bevollmächtigten ein Kontrollbetreuer zur Seite gestellt werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels

BGH – Beschluss vom 08.01.2020 – XII ZB 368/19

  • Mutter erteilt Tochter 1 umfassende Vorsorgevollmacht
  • Tochter 1 beschenkt sich und ihre Familie mit Hilfe der Vollmacht selber
  • Tochter 2 beantragt bei Gericht eine Kontrollbetreuung für ihre Mutter

Der Bundesgerichtshof hatte in dritter Instanz darüber zu entscheiden, ob einer Tochter, die von ihrer dementen Mutter eine umfassende Vorsorgevollmacht erhalten hatte, ein Kontrollbetreuer zur Seite gestellt werden muss.

In der Angelegenheit hatte eine Mutter, die unter einer mittelschweren Demenz litt, einer ihrer Töchter eine umfassende Vorsorgevollmacht erteilt.

Diese Vollmacht umfasste auch den Aufgabenbereich “Vermögensangelegenheiten“.

Vollmacht erlaubt auch Schenkungen

Ausgestattet mit dieser Vollmacht war es der Tochter der Betroffenen ausdrücklich auch erlaubt, Schenkungen in dem Rahmen vorzunehmen, die auch einem Betreuer gestattet sind.

Weiter war die Bevollmächtigte von dem Verbot des Insichgeschäfts in § 181 BGB befreit.

Eine weitere Tochter der Betroffenen monierte den Umgang ihrer Schwester mit der Vollmacht. So missfiel der weiteren Tochter unter anderem, dass die bevollmächtigte Schwester sich selber oder ihren Familienmitgliedern im Namen ihrer Mutter Geldgeschenke zukommen ließ.

Weitere Tochter beantragt Kontrollbetreuung

Die argwöhnisch gewordene weitere Tochter beantragte beim zuständigen Amtsgericht vor diesem Hintergrund die Einrichtung einer Kontrollbetreuung.

Das Amtsgericht lehnte diesen Antrag ab.

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legte die weitere Tochter Beschwerde zum Landgericht ein. Das Landgericht gab der Beschwerde statt und bestellte für die Betroffene (und die Bevollmächtigte) eine Kontrollbetreuerin.

Hiergegen legte die Bevollmächtigte aber ihrerseits Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ein.

BGH gibt Rechtsbeschwerde statt

Der BGH gab der Rechtsbeschwerde statt und verwies die Sache zurück zum Landgericht.

In der Begründung seiner Entscheidung wies der BGH darauf hin, dass nach § 1896 Abs. 3 BGB ein Kontrollbetreuer zur Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden kann.

Dies kann insbesondere dann geschehen, wenn

„wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und gegebenenfalls die Vollmacht zu widerrufen.“

Kontrollbetreuung muss erforderlich sein

Eine Kontrollbetreuung dürfe aber nur dann angeordnet werden, wenn sie auch erforderlich ist.

Alleine der Umstand, dass der Vollmachtgeber aufgrund seines Zustandes nicht mehr in der Lage sei, den Bevollmächtigten zu überwachen, rechtfertige nicht die Einrichtung einer Kontrollbetreuung.

Eine Kontrollbetreuung könne nur dann eingerichtet werden, wenn der

konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht (vorliegt), dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird.

Dies könne dann der Fall sein, wenn der Bevollmächtigte überfordert sei oder wenn gegen die Redlichkeit oder Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen.

Gibt es Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Vollmacht?

Ausreichend seien hier

„konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt.“

Solche Anhaltspunkte konnte der BGH im zu entscheidenden Fall aber im Gegensatz zum Landgericht nicht erkennen.

Auch die von der Bevollmächtigten im Namen ihrer Mutter vorgenommenen Schenkungen und Zuwendungen würden keine Kontrollbetreuung rechtfertigen, da der Bevollmächtigten solche Schenkungen in der zugrunde liegenden Vollmacht ausdrücklich erlaubt worden waren.

Waren die Geschenke üblich?

Soweit die Schenkungen nach den Lebensverhältnissen des Vollmachtgebers üblich sind und auch dem Wunsch des Betreuten entsprechen, sei an diesen nichts Anrüchiges.

Wichtig sei bei der Beurteilung solcher Schenkungen eine

„Kontinuität zu der vom Vollmachtgeber in gesunden Zeiten geübten Praxis.“

Das Landgericht hatte seine Entscheidung auch auf den behaupteten Umstand, wonach sich das Vermögen der Betroffenen während des Bestandes der Vorsorgevollmacht im Zeitraum vom Januar 2017 bis zum September 2018 um fast 50.000 Euro verringert habe, gestützt.

Nachdem das Landgericht aber zu dieser Feststellung keine konkreten Ermittlungen angestellt hatte, verwies der BGH die Sache zum Landgericht zurück.

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