Kann man die Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft verlängern lassen?
- Die Ausschlagungsfrist beträgt nur sechs Wochen
- Die Frist kann nicht verlängert werden
- Unter Umständen kann man die Annahme der Erbschaft anfechten
Hat man von der Tatsache Kenntnis erlangt, dass man eine Erbschaft gemacht hat, dann besteht bei dem betroffenen Erben zuweilen Unsicherheit, ob diese Mitteilung wirtschaftlich uneingeschränkt vorteilhaft ist.
Ein Erbe erhält nach dem in Deutschland geltenden Recht nicht nur das positive Vermögen des Erblassers, sondern muss auch für dessen Schulden einstehen. Überwiegen die Schulden des Erblassers sein positives Vermögen, so ist die Erbschaft "überschuldet" und der Erbe macht in finanzieller Hinsicht ein schlechtes Geschäft.
Der Erbe, der um eine eher prekäre Finanzsituation des Erblassers weiß, hat die Möglichkeit, die ihm angeschlagene Erbschaft auszuschlagen und so auch der Haftung für Schulden des Erblassers zu entgehen.
Kurze Frist für die Ausschlagung
Das Gesetz sieht für den Erben in § 1944 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) eine extrem kurze Frist von nur sechs Wochen vor, binnen der sich der Erbe entscheiden muss, ob er die Erbschaft annimmt oder ob er sie ausschlägt.
Lediglich in den Fällen, in denen der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Ausschlagungsfrist im Ausland aufhält, verlängert sich die Frist auf einen Zeitraum von sechs Monaten.
Im Regelfall verbleiben dem Erben also nur ein paar Wochen, in denen er feststellen muss, welches Vermögen der Erblasser hatte und vor allem welche unerledigten Verbindlichkeiten der Erblasser seinen Erben hinterlassen hat.
Kann man die Frist verlängern?
Oft ist die im Gesetz vorgesehene Frist zu kurz, als das sich der Erbe von allen wertbestimmenden Faktoren der Erbschaft einen nachhaltigen Überblick verschaffen kann. Viele Informationen wird sich der Erbe erst von Dritter Seite besorgen müssen, die Bewertung einzelner - positiver wie negativer - Vermögenspositionen nimmt im Einzelfall Monate in Anspruch.
In Anbetracht solcher Unwägbarkeiten liegt die Frage nahe, ob man nicht die im Gesetz vorgesehene Ausschlagungsfrist einfach verlängern lassen kann.
Die eindeutige Antwort auf diese Frage lautet: Nein, man kann die Frist nicht verlängern lassen.
Es hilft also kein Antrag beim Nachlassgericht und kein Besuch bei einem Notar. Die Uhr, die die Tage bis zum Ende der sechswöchigen Ausschlagungsfrist herunterzählt, tickt unerbittlich ab dem Zeitpunkt, zu dem der Erbe von seiner Erbschaft erfährt.
Anfechtung der Annahme möglich?
Hat man die Erbschaft erst einmal angenommen und stellt man nachfolgend fest, dass die Annahme des Erbes etwas voreilig war und man besser ausgeschlagen hätte, ist man nicht rechtlos gestellt.
Zunächst kann man in diesem Fall prüfen, ob man die Erklärung der Annahme der Erbschaft gegebenenfalls durch eine Anfechtung der Annahmeerklärung wieder rückgängig machen kann. War die Annahme der Erbschaft irrtumsbedingt, stehen die Chancen für eine Anfechtung nicht schlecht.
Dringt man mit der Anfechtung der Annahme durch, hat man mit der Erbschaft und den Schulden des Erblassers nichts mehr zu tun.
Nachlassverwaltung oder Nachlassinsolvenzverfahren einleiten
Aber auch dann, wenn eine Anfechtung der Annahme einer Erbschaft nicht in Frage kommt, hat der Erbe nach Annahme des Erbes Möglichkeiten, sein privates Vermögen zu retten und seine Erbenhaftung zumindest auf den Nachlass zu beschränken.
Mittel der Wahl sind hier die Einleitung eines Nachlassverwaltungs- oder eines Nachlassinsolvenzverfahrens.
Wenn Sie in Ihrer Angelegenheit anwaltliche Hilfe benötigen, dann können Sie hier spezialisierte Rechtsanwälte finden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Die Erbschaft ist heftig belastet – Handlungsalternativen für den Erben
Gründe, die für eine Ausschlagung der Erbschaft sprechen können
Die nachträgliche Haftungsbeschränkung für den Erben – Die Nachlassverwaltung und das Nachlassinsolvenzverfahren
Über 1.000 aktuelle Entscheidungen der Gerichte zum Erbrecht