Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Streichungen im handschriftlichen Testament – Was gilt, wenn der Erblasser einzelne Textstellen in seinem Testament durchstreicht?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Düsseldorf – Beschluss vom 29.09.2017 – I-3 Wx 63/16

  • Testament mit Streichungen wird beim Nachlassgericht abgeliefert
  • Gerichte entscheiden über die Frage, ob die Streichungen das Testament unwirksam machen
  • OLG bestätigt am Ende, dass die Streichungen in dem Testament keine Auswirkung haben

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte die Erbfolge in einem Fall zu klären, bei dem ein handschriftliches Testament aufgetaucht war, bei dem große Teile des Textes durchgestrichen waren.

Nach dem Tod des Erblassers wurde beim Nachlassgericht ein vom Erblasser verfasstes Testament vom 24.03.2006 abgegeben, das an entscheidender Stelle folgenden Inhalt hatte:

„Ich, ... berufe zu meinem Erben die Eheleute Frau AA ... Herrn BB ... ersatzweise von dem Überlebenden den von Ihnen und für den Fall das beide vor mir verstorben sein sollten deren Tochter Frau CC ... gleichviel ob und welche Pflichtteilsberechtigten bei meinem Tode vorhanden sein werden.“

Der unterstrichene Teil des mit schwarzem Kugelschreiber vom Erblasser geschriebenen Testamenttextes war allerdings mit blauem Kugelschreiben durchgestrichen worden.

Weiter enthielt das Testament die Anordnung, dass die Lebensgefährtin des Erblassers, Person CC, einen Betrag in Höhe von monatlich 500 Euro bis an ihr Lebensende erhalten soll.

Erblasser schließt die gesamte Verwandtschaft von der Erbfolge aus

Schließlich ordnete der Erblasser in seinem Testament noch folgendes an:

„Meine sämtlichen Verwandten väterlich und mütterlicherseits schließe ich von der Erfolge aus“

Die im Testament als Erben benannten Eheleute AA und BB beantragten nach dem Tod des Erblassers einen Erbschein, der die Eheleute als gemeinschaftliche Erben ausweisen sollte.

Die Eheleute machten geltend, dass der Erblasser ein guter Freund von ihnen gewesen sei, er wiederholt angekündigt habe, dass er sie als Erben einsetzen wolle. Die Streichungen in dem Testament würden, so das Ehepaar, nicht vom Erblasser stammen und würden auch nicht seinem Willen entsprechen.

Nachlassgericht lehnt den Erbscheinsantrag ab

Das Nachlassgericht lehnte diesen Erbscheinsantrag ab. Durch die Streichungen, so das Nachlassgericht, habe der Erblasser hinreichend deutlich klar gemacht, dass er die Eheleute nicht als Erben habe einsetzen wollen.

Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legten die beiden potentiellen Erben Beschwerde zum Oberlandesgericht. Dort bekamen sie Recht. Der Beschwerde wurde vom OLG mit dem Argument stattgegeben, dass sich nicht feststellen lasse, von wem die Streichungen in dem Testament angebracht wurden.

Daraufhin gab das Nachlassgericht dem vom Ehepaar AA und BB gestellten Erbscheinsantrag statt.
Gegen diese Entscheidung des Nachlassgerichts legte aber nunmehr die Beteiligte CC Beschwerde ein.

Nachlassgericht erhebt zusätzliche Beweise

Auf die Beschwerde hin erhob das Nachlassgericht weitere Beweise und gab der Beschwerde der CC schließlich statt. Damit wurde der Erbscheinsantrag von AA und BB erneut zurückgewiesen.

Hiergegen legten dann wieder AA und BB Beschwerde zum OLG ein. Und wiederum obsiegten AA und BB vor dem Oberlandesgericht. Die Entscheidung des Nachlassgerichts wurde vom OLG abermals kassiert. 

In der Begründung seiner Entscheidung wies das OLG zunächst darauf hin, dass das Nachlassgericht nicht an die Beschwerdeentscheidung des mit der Angelegenheit bereits befasst gewesenen OLG gebunden gewesen sei, da das Nachlassgericht nach der Beschwerdeentscheidung neue Tatsachen ermittelt hätte.

Auch nach Ermittlung dieser neuen Tatsachen vertrat das OLG aber weiter die Meinung, dass nicht festgestellt werden könne, dass der Erblasser tatsächlich den Willen gehabt habe, sein Testament zu widerrufen.

Zwar könne, so das OLG, ein Testament alleine durch Streichungen ganz oder zum Teil widerrufen werden.

OLG bezweifelt Widerrufswillen des Erblassers 

Das OLG hatte aber erhebliche Zweifel, ob es im zu entscheidenden Fall der Erblasser selber war, der die Streichungen vorgenommen habe. Für die Tatsache, dass der Erblasser den Text in seinem Testament selber durchgestrichen hatte, gab es keinen Zeugen.

Weiter hätten weitere Beteiligte die Möglichkeit gehabt, das Testament entsprechend zu manipulieren.

Jedenfalls seien erhebliche Zweifel am Aufhebungswillen des Erblassers angebracht. Nicht jedes Durchstreichen eines Textes im Testament müsse, so das OLG, auch zwingend in Widerrufsabsicht erfolgen.

Der wichtigste Hinweis für das OLG gegen die Wirksamkeit der Streichung war aber der Umstand, dass nach Lage der Dinge in diesem Fall der Fiskus den Nachlass geerbt hätte, nachdem der Erblasser ja alle Verwandten enterbt hatte. Es sei aber, so das OLG, nicht nahe liegend, dass nach dem Willen des Erblassers am Ende der Staat das Erblasservermögen hätte erben sollen.

Im Ergebnis wurde dem ursprünglichen Erbscheinsantrag des AA und der BB also entsprochen.

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