Rechtsanwalt Dr. Georg Weißenfels ・ Theresienstraße 1 ・ 80333 München

Steuerbefreiung für das Familienheim entfällt rückwirkend, wenn die Immobilie vor Ablauf von 10 Jahren an die Kinder übertragen wird

Von: Dr. Georg Weißenfels

BFH – Urteil vom 11.07.2019 – II R 38/16

  • Ehefrau erbt von Ihrem verstorbenen Mann ein Familienheim
  • Das Finanzamt gewährt für die Immobilie zunächst eine Steuerbefreiung
  • Ehefrau überträgt nach einem Jahr die Immobilie an ihre Tochter und verliert damit die Steuerbefreiung von der Erbschaftsteuer

Ein überaus praxisrelevantes Urteil zur Besteuerung der Vererbung des Familienheims hat der Bundefinanzhof gefällt.

In der Angelegenheit war ein Ehepaar je zur Hälfte Eigentümer eines Wohnhauses, das als Familienheim diente.

Nach dem Tod des Ehemannes am 03.05.2013 beerbte die Ehefrau ihren Mann alleine. Zum Nachlass gehörte unter anderem der hälftige Eigentumsanteil des Ehemannes an dem Familienheim.

Ehefrau macht Steuerbefreiung für das Familienheim geltend

Im Rahmen der Erhebung der Erbschaftsteuer machte die Ehefrau für diesen hälftigen Eigentumsanteil die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).

Nach dieser gesetzlichen Bestimmung gilt folgendes:

Steuerfrei bleibt der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem Familienheim durch den überlebenden Ehegatten oder den überlebenden Lebenspartner, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war und die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim). 
Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert.

Auf das Familienheim muss nach dieser Vorschrift keine Erbschaftsteuer entrichtet werden, wenn der überlebende Ehepartner in der gemeinsam genutzten Wohnstätte auch nach dem Tod des Partners wohnen bleibt.

Finanzamt erkennt die Steuerbefreiung für das Familienheim zunächst an

Das Finanzamt erkannte diesen Tatbestand bei der Witwe auch mit Bescheid vom 28.04.2014 an und erhob auf die Immobilie keine Erbschaftsteuer.

Rund eineinhalb Jahre nach dem Erbfall und sechs Monate nach Erlass des Erbschaftsteuerbescheides übertrug die Witwe mit notariellem Vertrag vom 15.10.2014 das komplette Eigentum an der Immobilie dann aber an ihre Tochter.

Die Witwe behielt sich im Rahmen der Übertragung dabei das lebenslange Nießbrauchrecht an der Immobilie vor und nutze das Haus auch weiter zu Wohnzwecken.

Finanzamt erlässt einen geänderten Steuerbescheid

Trotzdem reagierte das Finanzamt und erließ am 04.11.2014 einen geänderten Erbschaftsteuerbescheid, mit dem die Steuerbefreiung für den geerbten hälftigen Immobilienanteil rückgängig gemacht wurde.

Zur Begründung dieses neuen Bescheids wies das Finanzamt darauf hin, dass durch die schenkweise Übertragung des Einfamilienhauses auf die Tochter die Steuerbefreiung entfallen sei.

Die betroffene Witwe legte gegen diesen Bescheid Rechtsmittel ein. Sie verwies auf den Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG, wonach es für die Steuerbefreiung alleine darauf ankomme, dass sie das Familienheim nach dem Erbfall für 10 weitere Jahre zu Wohnzwecken nutzt.

Finanzgericht weist die Klage der Witwe ab

In erster Instanz wies das Finanzgericht die Klage ab und gab damit dem Finanzamt Recht.

Gegen das Urteil des Finanzgerichts legte die Betroffene Revision zum Bundesfinanzhof ein.

Dort teilte man aber die Rechtsauffassung des Finanzgerichts und wies die Revision als unbegründet ab.

BFH gibt dem Finanzamt Recht

In der Begründung seiner Entscheidung wies der BFH darauf hin, dass der Nachversteuerungstatbestand auch in den Fällen eingreife, in denen der Erbe das Familienheim zwar weiterhin bewohnt, das Eigentum daran aber innerhalb von zehn Jahren auf einen Dritten überträgt.

Diese Rechtsfolge lasse sich zwar nicht unmittelbar dem Wortlaut des Gesetzes in § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG entnehmen, der nur von einer weiteren Nutzung zu Wohnzwecken spricht.

Aus der Formulierung „nach dem Erwerb“ in § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG leitete der BFH aber ab, dass eine Steuerbefreiung nur dann gewährt werden könne, wenn der durch die Erbschaft geschaffene Rechtszustand für insgesamt zehn Jahre weiterbesteht und damit dem überlebenden Ehegatten das Eigentum oder Miteigentum an der Immobilie weiterhin zusteht.

Im Ergebnis war die Übertragung des Familienheims innerhalb von zehn Jahren nach dem Erbfall demnach steuerschädlich und löste bei der Erbin Erbschaftsteuer aus.

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