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Großvater schenkt seinen beiden Enkeln Wertpapiere im Wert von jeweils 219.000 Euro und fordert die Schenkung alsbald wegen Sittenwidrigkeit wieder zurück!

Von: Dr. Georg Weißenfels

BGH – Urteil vom 15.11.2022 – X ZR 40/20

  • Sohn setzt seinen Vater unter Druck, damit dieser seinen Enkeln eine großzügige Schenkung macht
  • Großvater will die Schenkung rückgängig machen
  • Der Großvater bekommt erst in dritter Instanz vor dem BGH Recht

Der Bundesgerichtshof hatte sich in dritter Instanz mit einem Rückforderungsanspruch eines Großvaters zu beschäftigen, der eine Schenkung an seine Enkel rückgängig machen wollte.

In der Angelegenheit hatte ein im Jahr 1922 geborener Großvater seinen beiden Enkeln mit notariellem Vertrag vom 13.06.2017 Wertpapiere in Höhe von jeweils 219.000 Euro geschenkt.

Die Umstände dieser Schenkung waren aber offenbar dubios.

Dubiose Umstände einer Schenkung

So teilte der Großvater mit, dass er von seinem Sohn, dem Vater der beiden Enkel, „am Abend vor der Beurkundung des Schenkungsvertrags über längere Zeit hinweg bearbeitet“ worden sei.

Auch habe er erstmals bei dem Notar von dem Inhalt der Verträge, die er zugunsten seiner beiden Enkel unterzeichnen sollte, erstmals bei dem Notar erfahren.

Weiter teilte der Großvater mit, dass er von seinem Sohn unmittelbar vor dem Notartermin von seinem Sohn isoliert und überwacht worden sei.

Großvater erklärt die Anfechtung der Schenkung

Vor diesem Hintergrund erklärte der Großvater gegenüber seinen Enkeln mit Schreiben vom 15.08.2017 die Anfechtung der Schenkungsverträge aus „allen rechtlich vorgesehenen Gründen.“

Eine anschließend von dem Großvater vor dem Landgericht eingereichte Klage, mit der die Unwirksamkeit der Schenkungsverträge festgestellt werden sollte, wurde abgewiesen.

Auch einer vom Großvater gegen das Urteil des Landgerichts zum Oberlandesgericht eingelegten Berufung blieb der Erfolg versagt.

Großvater legt Revision zum Bundesgerichtshof ein

Schließlich legte der Großvater aber gegen das Urteil des OLG auch noch Revision zum Bundesgerichtshof ein.

Bei dem BGH hatte man für das Anliegen des Großvaters mehr Verständnis und hob das Urteil des OLG auf.

Der BGH stellte dabei in seiner Entscheidung zunächst fest, dass die Voraussetzungen für eine Anfechtung der beiden Schenkungsverträge nicht gegeben seien.

Es könne nicht festgestellt werden, so der BGH, dass der Großvater durch eine widerrechtliche Drohung zum Abschluss der Verträge gebracht worden sei.

Sittenwidrigkeit der Schenkungsverträge steht im Raum

Der BGH warf dem OLG aber vor, dass dieses nicht ausreichend geprüft habe, ob die Schenkungsverträge nicht wegen Sittenwidrigkeit rechtlich unwirksam seien.

So hätte das OLG insbesondere den Vortrag des Großvaters, sein Sohn habe ihn unmittelbar vor der Beurkundung des Schenkungsvertrags mehrere Monate lang intensiv überwacht und weitgehend isoliert, nicht ausreichend gewürdigt.

Ein Vertrag sei nämlich, so der BGH, immer dann sittenwidrig und damit nichtig, wenn er „nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.“

Dabei könne sich die Sittenwidrigkeit einer Schenkung auch aus den Motiven des Beschenkten ergeben, wenn „aus fremder Bedrängnis in sittenwidriger Weise Vorteile gezogen werden.“

Wer hat Druck auf den Schenker ausgeübt?

Dabei sei es insbesondere nicht erforderlich, dass der Beschenkte eine Zwangslage des Schenkers herbeigeführt habe.

Ausreichend sei vielmehr, wenn sich der Beschenkte eine Zwangslage, die durch einen Dritten herbeigeführt worden ist, zu Nutze macht.

Der BGH sah mithin Anhaltspunkte dafür, dass der Großvater von seinem eigenen Sohn derart unter Druck gesetzt worden war, bis er den Enkeln die großzügige Schenkung machte.

Aus diesem Grund hob der BGH dann auch das Urteil des OLG auf und verwies die Angelegenheit zur abermaligen Behandlung zurück zum Berufungsgericht.

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