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90jähriger schenkt einer wesentlich jüngeren Bekannten während eines Krankenhausaufenthaltes zwei Grundstücke – Kann dieser Vorgang rückgängig gemacht werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels

BGH – Urteil vom 26.04.2022 – X ZR 3/20

  • Immobiliendeal wird im Krankenhaus vollzogen
  • Nach Entlassung aus dem Krankenhaus reut den Schenker die Übertragung der Grundstücke
  • Schenker hat gute Gründe für eine Rückforderung der Immobilien

Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Wirksamkeit einer Schenkung zweier Grundstücke zu beschäftigen.

In der Angelegenheit waren sich der im Jahr 1928 geborene spätere Kläger und eine 53 Jahre jüngere Bekannte offenbar näher gekommen.

Die Frau kümmerte sich um Mietshäuser, die dem späteren Kläger gehörten, und wohnte auch kostenfrei in einer dem späteren Kläger gehörenden Immobilie.

Immobilienbesitzer muss ins Krankenhaus

Im August 2018 musste der spätere Kläger wegen einer Lungenentzündung ein Krankenhaus aufsuchen.

Im Krankenhaus erteilte er seiner Bekannten am 09.08.2018 zunächst eine Vorsorgevollmacht.

Diese Vollmacht entzog der Betroffene seiner Bekannten am 26.08.2018 wieder.

Grundstücke werden im Krankenhaus übertragen

Einen Tag nach dem Widerruf der Vollmacht gab der Betroffene dann aber eine notarielle Erklärung ab, wonach er beantragte, seine Bekannte als Kind zu adoptieren.

Am 30.08.2018, der Betroffene lag immer noch im Krankenhaus,  übertrug der spätere Kläger seiner Bekannten dann mit notariellem Vertrag schenkweise zwei Grundstücke.

Die Bekannte wurde am 19.10.2018 als neue Eigentümerin der Immobilien in das Grundbuch eingetragen.

Schenker will seine Grundstücke zurück haben

Nur wenige Tage später, am 06.11.2018, widerrief der spätere Kläger sämtliche zugunsten der neuen Immobilienbesitzerin abgegebenen Erklärungen.

Nachdem die Bekannte die Grundstücke aber freiwillig nicht zurückgeben wollte, erhob der Betroffene Klage Rückübertragung der Grundstücke und Berichtigung des Grundbuches.

Der Kläger machte mit seiner Klage geltend, dass er sich am 30.08.2018 in einem Zustand der Geschäftsunfähigkeit befunden habe. Weiter sei er von seiner Bekannten in sittenwidriger Weise zur Übertragung der beiden Immobilien gedrängt worden.

Drohte die Bekannte mit einem Abbruch der Beziehung?

Seine Bekannte, so der Vortrag des Klägers, habe gedroht, ihn zu verlassen, wenn er den Vertrag nicht unterzeichnen würde.

Die von dem Betroffenen angestrengte Klage wurde vom Land- und vom Oberlandesgericht aber als unbegründet abgewiesen.

Beide Gerichte wiesen darauf hin, dass ihrer Auffassung nach keine Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Übertragung der beiden Grundstücke erkennbar seien.

Mögliche Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäftes

Ebenfalls würden keine Umstände vorliegen, die eine Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäftes begründen würden.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts legte der Betroffene Revision zum Bundesgerichtshof ein.

Der BGH hob dann tatsächlich das Berufungsurteil des OLG auf und verwies die Angelegenheit zur abermaligen Entscheidung an das OLG zurück.

Der BGH kritisierte das Urteil des OLG insoweit, als das OLG hinreichenden Anhaltspunkten zu einer möglichen Geschäftsunfähigkeit des Klägers nicht durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens und die Vernehmung von Zeugen nachgegangen sei.

Welche Motive lagen dem Rechtsgeschäft zugrunde?

In Sachen Sittenwidrigkeit verwies der BGH darauf, dass sich ein sittenwidriges Verhalten gerade auch aus den Motiven des Leistungsempfängers ergeben könne.

So sei ein Rechtsgeschäft dann unwirksam, wenn jemand „aus fremder Bedrängnis in sittenwidriger Weise Vorteile gezogen“ habe.

Hierfür könne

„von Bedeutung sein, ob der Schenker sich den Wünschen des Beschenkten aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur nicht oder kaum hätte entziehen können, ob der Beschenkte dies wusste oder sich einer derartigen Erkenntnis leichtfertig verschloss und ob er die fehlende oder geschwächte Widerstandskraft des Schenkers eigensüchtig ausgenutzt oder es sogar darauf angelegt hat.“

Das Berufungsgericht hätte sich auch mit der Frage auseinandersetzen müssen,

„ob die Beklagte den Zustand des Klägers bewusst und gezielt ausgenutzt hat, um diesen noch während des Krankenhausaufenthalts zum Abschluss eines Vertrags zu veranlassen, den er außerhalb dieser besonderen Situation nicht abgeschlossen hätte.“

Schließlich gab der BGH dem OLG noch auf, dass man ebenfalls überprüfen müsse, ob der Schenkungsvertrag vom Kläger nicht wegen groben Undanks wirksam widerrufen worden sei.

Im Ergebnis musste sich das OLG ein weiteres Mal mit der Angelegenheit beschäftigen.

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