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Nachlassbezogene Prozesskosten können bei der Erbschaftsteuer abgesetzt werden

Von: Dr. Georg Weißenfels

BFH – Urteil vom 06.11.2019 – II R 6/17

  • Miterben streiten nach dem Erbfall über Auskunfts- und Zahlungsansprüche
  • Dabei entstehende Prozesskosten in Höhe von 15.014,14 Euro sollen bei der Erbschaftsteuer mindernd berücksichtigt werden
  • Finanzamt verweigert die Anerkennung der Kosten und verliert vor Gericht

Der Bundesfinanzhof hatte über die Frage zu entscheiden, ob Kosten, die bei einem nachlassbezogenen Gerichtsverfahren entstanden sind, die Erbschaftsteuer mindern.

In der Angelegenheit war die vermögende Erblasserin im April 2012 verstorben und hinterließ zwei Söhne.

Der Sohn A hatte von der Erblasserin im Jahr 2006 eine umfassende Vollmacht erhalten und verwaltete seither die Bankkonten seiner Mutter.

Ein Miterbe hebt hohe Geldbeträge vom Konto der Erblasserin ab

Im Zeitraum von Februar 2006 bis Februar 2012 hatte der Sohn A mit Hilfe der Vollmacht von den Konten der Erblasserin einen Betrag in Höhe von insgesamt 345.400 Euro abgehoben.

Nach dem Ableben der Erblasserin forderte der Sohn B seinen Bruder und Miterben auf, Auskunft über seine Verwaltertätigkeit zu erteilen.

Sohn A verweigerte die Auskunft und ebenso eine Rückerstattung der von den Konten der Erblasserin abgehobenen Beträge.

Eine nachfolgende Klage des Sohnes B gegen seinen Bruder scheiterte am Ende.

Dem Kläger entstehen hohe Prozesskosten

Im Rahmen des Klageverfahrens gegen seinen Bruder waren dem Sohn B Kosten in Höhe von 15.014,14 Euro entstanden.

Diese Kosten wollte der Sohn B im Rahmen der Erbschaftsteuer als Nachlassverbindlichkeit mindernd ins Spiel bringen.

Das Finanzamt weigerte sich aber, diese Kosten zu berücksichtigen und setzte gegen den Sohn B eine Erbschaftsteuer in Höhe von 113.350 Euro fest.

Erbe wehrt sich gegen das Finanzamt

Gegen diesen Bescheid legte der Sohn B Einspruch ein.

Nachdem das Finanzamt bei seiner Einschätzung blieb, ging die Sache vor Gericht.

In erster Instanz gab das Finanzgericht der gegen den Steuerbescheid gerichteten Klage statt.

Gegen dieses Urteil legte dann aber das Finanzamt Revision zum Bundesfinanzhof ein.

Beim BFH befand man aber die Rechtsmeinung des Finanzgerichts für zutreffend.

BFH weist die Revision des Finanzamts ab

In der Begründung seiner Entscheidung wies das oberste deutsche Finanzgericht darauf hin, dass „Kosten eines Zivilprozesses, in dem ein Erbe (vermeintliche) zum Nachlass gehörende Ansprüche des Erblassers geltend gemacht hat, als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG abzugsfähig sind.“

Einer Abzugsfähigkeit solcher Kosten würde insbesondere nicht die Regelung in § 10 Abs. 6 Satz 1 ErbStG entgegenstehen.

Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG seien all diejenigen Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen, bei der Erbschaftsteuer abzugsfähig.

Begriff der Nachlassregelungskosten ist weit zu verstehen

Der Begriff der Nachlassregelungskosten sei dabei, so der BFH, grundsätzlich weit auszulegen.

Eine Abzugsfähigkeit sei zu bejahen, wenn die Kosten „in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen (stehen) und nicht erst durch die spätere Verwaltung des Nachlasses anfallen.“ 

Wenn eine Klage dazu dient, den Umfang des Nachlasses zu klären, sei ein solcher enger Zusammenhang gegeben.

Auch müsse eine Klage, wie vorliegend geschehen, unmittelbar nach dem Erbfall erhoben werden, um die dabei entstehenden Kosten bei der Erbschaftsteuer berücksichtigen zu können.

Nachdem der BFH auch diese Voraussetzung im entscheidenden Fall bejahte, konnte Sohn B die vollen ihm entstandenen Prozesskosten als Nachlassverbindlichkeit von der Steuer absetzen.

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