Ein Grundstück mit Hilfe einer Nachlassvollmacht übertragen – Chancen und Risiken

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Für Grundstücksgeschäfte nach dem Erbfall benötigt der Erbe ein notarielles Testament oder einen Erbschein
  • Ein Erbschein kostet Geld und beansprucht zuweilen viel Zeit
  • Eine notarielle Nachlassvollmacht verschafft dem Erben auch ohne Erbschein unmittelbare Handlungsfreiheit

Wer seine letzten Angelegenheiten regeln will, verfasst ein Testament.

In einem Testament kann man insbesondere festlegen, wer Erbe des eigenen Vermögens werden soll.

Wenn man sich mit dem Thema „Vererben“ etwas intensiver beschäftigt, der wird feststellen, dass nach dem Eintritt des Erbfalls auf den Erben nicht unerhebliche bürokratische Hürden warten.

Der Erbe muss sich nach dem Erbfall legitimieren

Selbst wenn man nämlich in einem Testament klar geregelt hat, an wen man sein Vermögen vererben will, bedeutet das noch lange nicht, dass der Erbe nach dem Erbfall ohne weiteres über das von ihm geerbte Vermögen verfügen kann.

Gehören zum Nachlass nämlich Immobilien oder Bankvermögen und hat der Erblasser seine Erbfolge lediglich in einem handschriftlichen Testament niedergelegt, dann wartet auf den Erben nach dem Eintritt des Erbfalls ein massiver bürokratischer Aufwand.

In Bezug auf Nachlassimmobilien muss der Erbe nämlich seine Erbenstellung gegenüber dem Grundbuchamt nachweisen, um eine Umschreibung des Grundbuchs zu erreichen.

Erbe benötigt einen Erbschein oder ein Nachlasszeugnis

Wenn lediglich ein privates oder auch gar kein Testament vorliegt, kann ein solcher Nachweis nur über einen Erbschein bzw. ein europäisches Nachlasszeugnis geführt werden, § 35 GBO (Grundbuchordnung).

Um einen Erbschein bzw. ein europäisches Nachlasszeugnis zu erhalten, muss der Erbe Zeit und vor allem Geld einplanen.

Zeit für die Beschaffung sämtlicher benötigten Urkunden (§ 352 FamFG) und Geld für die Begleichung der beim Nachlassgericht anfallenden Gebühren.

Eine Vollmacht kann die Nachlassabwicklung vereinfachen

Wenn der Erblasser diese Komplikationen für den Erben voraussieht, kann er noch zu Lebzeiten dafür sorgen, dem Erben das Leben für die Zeit nach dem Eintritt des Erbfalls zu vereinfachen.

Das Mittel der Wahl ist für solche Zwecke eine Vollmacht, die der Erblasser für die Zeit nach seinem Ableben erteilt.

Wenn man einige Punkte beachtet, kann eine solche Vollmacht nach dem Ableben des Erblassers auch für Grundstücksgeschäfte eingesetzt werden.

Beglaubigung der Unterschrift ist essentiell

In formaler Hinsicht ist darauf zu achten, dass die Unterschrift auf der Vollmacht von einem Notar beglaubigt wird, § 129 BGB, § 29 GBO.

Bis zum 31.12.2022 kann die Unterschriftsbeglaubigung auf der Vollmacht auch – kostengünstiger – von der zuständigen Betreuungsbehörde vorgenommen werden.

Welchen Inhalt die Vollmacht haben soll, mit welcher Handlungsvollmacht der Erblasser den Bevollmächtigten ausstatten will, bestimmt der Erblasser alleine.

Den Inhalt der Vollmacht bestimmt der Erblasser

So kann der Erblasser in der zu erteilenden Vollmacht im Hinblick auf Immobilien z.B. anordnen, dass der Bevollmächtigte nach dem Eintritt des Erbfalls berechtigt sein soll, Nachlassgrundstücke zu veräußern oder sogar zu verschenken.

Weiter kann der Erblasser in der Vollmacht klären, ob der Bevollmächtigte in der Lage sein soll, Rechtsgeschäfte auch mit sich selber vorzunehmen (Befreiung von § 181 BGB) oder auch eine Untervollmacht zu erteilen.

Ist eine solche – notariell beglaubigte – Vollmacht erteilt, kann der Bevollmächtigte unmittelbar nach dem Eintritt des Erbfalls aktiv werden und über die Nachlassimmobilie verfügen, ohne auf die Erteilung eines Erbscheins oder eines europäischen Nachlasszeugnisses warten zu müssen.

Unwirksamkeit der Vollmacht bei Konfusion?

Als problematisch haben sich in der Vergangenheit dabei Fälle erwiesen, bei denen der Erbe mit der Person des Bevollmächtigten identisch war.

Gerichte haben in diesem Fall der Vollmacht bereits mit dem Argument die Anerkennung verweigert, dass der Erbe als Rechtsnachfolger des Erblassers nicht sein eigener Bevollmächtigter sein kann.

Hierzu hat das Kammergericht allerdings in einer Entscheidung (02.03.2021, 1 W 1503/20) unlängst folgendes festgestellt:

„Zum anderen muss die Erbfolge selbst dann nicht in der Form des § 35 Abs. 1 GBO nachgewiesen werden, wenn die Vollmacht durch die Personenidentität von Vertretenem und Vertreter unwirksam würde.“

In dem entschiedenen Fall sah das Gericht demnach kein Problem in dem Umstand, dass Erbe und Bevollmächtiger personenidentisch waren.

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