Transmortale Vollmacht ermöglicht nach dem Erbfall die Eintragung einer Vormerkung an einem Grundstück – Ein Erbschein ist nicht erforderlich!

Von: Dr. Georg Weißenfels

KG – Beschluss vom 02.03.2021 – 1 W 1503/20

  • Erblasser erteilt seiner späteren Erbin eine notarielle und transmortale Generalvollmacht
  • Nach dem Eintritt des Erbfalls beantragt die Erbin mithilfe der Vollmacht eine Grundbuchänderung
  • Das Grundbuchamt verweigert die Vornahme der Grundbuchänderung und fordert einen Erbschein an

Das Kammergericht Berlin hatte über die Frage zu entscheiden, ob eine vom Erblasser erteilte notarielle Vollmacht ausreicht, um nach dem Erbfall über eine Nachlassimmobilie zu verfügen.

In der Angelegenheit war der Erblasser im Jahr 2014 verstorben.

Der Erblasser hatte seiner späteren Alleinerbin im Jahr 2004 eine umfassende und von einem Notar beurkundete Generalvollmacht erteilt. Diese Vollmacht sollte ausdrücklich auch über den Tod hinaus gelten.

Erbin bewilligt die Eintragung einer Vormerkung

Im Jahr 2020 bewilligte die Alleinerbin zugunsten zweier Beteiligter A und B die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks und beantragte die Eintragung der Vormerkung in das Grundbuch.

Das Grundbuchamt weigerte sich jedoch, die Vormerkung in das Grundbuch einzutragen.

Das Grundbuchamt ließ die Alleinerbin und Vollmachtinhaberin vielmehr wissen, dass sie ihr Recht zur Bewilligung der Eintragung der Vollmacht nach § 35 GBO (Grundbuchordnung) in Form eines Erbscheins oder eines europäischen Nachlasszeugnisses nachzuweisen habe.

Dem Grundbuchamt reicht die notarielle Vollmacht nicht aus

Die von der Antragstellerin vorgelegte notarielle und transmortale Vollmacht hielt das Grundbuchamt für die beantragte Eintragung der Vormerkung ausdrücklich nicht für ausreichend.

Gegen die Weigerung des Grundbuchamtes, die Eintragung zu vollziehen, legte die Betroffene Beschwerde zum Kammergericht ein.

Das Kammergericht gab der Beschwerde statt und hob die Entscheidung des Grundbuchamtes auf.

Der Eigentümer eines Grundstücks kann eine Grundbuchänderung bewilligen

Das Kammergericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass eine ändernde Eintragung im Grundbuch grundsätzlich vom Eigentümer des betroffenen Grundstücks zu bewilligen sei.

Nach dem Ableben des Erblassers als ehemaligem Eigentümer der Immobilie seien seine Erben entsprechend bewilligungsbefugt,  § 891 Abs. 1, § 1922 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Legt der die Grundbuchänderung Bewilligende im Verfahren eine transmortale Vollmacht vor, so beantragte der Vollmachtinhaber die Grundbuchänderung im Namen der Erben, unabhängig von der Frage, wer tatsächlich Erbe geworden sei.

Die notarielle Vollmacht reicht als Nachweis der Vertretungsmacht aus

Durch die Vorlage der notariellen Generalvollmacht habe die Antragstellerin ausreichend nachgewiesen, dass die von ihr abgegebene Erklärung gegen die Erben des Erblassers wirkt.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin angegeben habe, alleinige Erbin des Erblassers und Vollmachtgebers zu sein.

Einen Erbschein oder ein europäisches Nachlasszeugnis müsse die Antragstellerin in diesem Fall nicht vorlegen.

Im Ergebnis konnte die Vormerkung in das betroffene Grundbuch aufgenommen werden, ohne dass von der Erbin ein kostenpflichtiger Erbschein beantragt werden musste.

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