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Ein Erbschein kann auch vom Nachlassgläubiger beantragt werden

Von: Dr. Georg Weißenfels
  • Im Regelfall beantragen die Erben einen Erbschein
  • Auch ein Nachlassgläubiger kann ein Interesse an einem Erbschein haben
  • Nachlassgläubiger muss umfassende Angaben machen, um einen Erbschein zu erhalten

Ein Erbschein ist ein vom Nachlassgericht ausgestelltes Zeugnis, dem zu entnehmen ist, welche Person Erbe geworden ist und ob der Erbe gegebenenfalls Verfügungsbeschränkungen unterworfen ist, § 2353 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

In der weit überwiegenden Anzahl der Fälle wird ein Erbschein von dem oder den Erben beantragt. Der Erbe benötigt den Erbschein regelmäßig, um sich im Rechtsverkehr als Rechtsnachfolger des Erblassers zu legitimieren und auf zum Nachlass gehörende Bankkonten zugreifen oder Nachlassimmobilien auf sich umschreiben zu können.

Der Erbe ist aber nicht die einzige Person, die beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen kann.

So kann zum Beispiel nach § 792 ZPO (Zivilprozessordnung) auch ein Gläubiger eines Erblassers, der einen Vollstreckungstitel (z.B. Urteil oder notarielle Urkunde) gegen den Erblasser hat und nunmehr gegen den Erben als Rechtsnachfolger die Zwangsvollstreckung durchführen will, ein eigenes Antragsrecht, beim Nachlassgericht einen Erbschein zu beantragen.

Voraussetzung für ein eigenes Antragsrecht des Gläubigers des Erblassers nach § 792 ZPO ist, dass der Gläubiger zur Verwirklichung eines vorliegenden Vollstreckungstitels einen Erbschein benötigt, der eine Aussage über die Erbfolge enthält.

Titelumschreibung auf den Erben

Ein typischer Fall für ein solches Bedürfnis für die Erteilung eines Erbscheins auf Antrag des Gläubigers liegt zum Beispiel dann vor, wenn der Gläubiger eine Umschreibung eines vollstreckungsfähigen Titels auf den Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers erstrebt, § 727 ZPO. Für diese so genannte Titelumschreibung muss der Gläubiger nachweisen, dass der Erbe tatsächlich der Rechtsnachfolger des Erblassers geworden ist.

Hierzu dient der Erbschein und wird dem Nachlassgläubiger daher auf Antrag vom Nachlassgericht erteilt.

Der Weg für den Nachlassgläubiger wird durch das eigene Antragsrecht abgekürzt. Er spart sich so eine separate Klage gegen den Erben auf Abgabe einer eigenen Willenserklärung zum Zweck der Beantragung eines Erbscheins.

Es darf noch kein Erbschein vorliegen

Hat der Erbe seinerseits aber bereits einen Erbschein beantragt, so ist ein eigener Erbscheinsantrag durch einen Nachlassgläubiger unzulässig.

Der Gläubiger kann in diesem Fall allenfalls Akteneinsicht beantragen und sich eine Abschrift des bereits erteilten Erbscheins erteilen lassen.

Wie läuft das Verfahren?

Das Erbscheinsverfahren, das durch einen Gläubiger angestrengt wird, folgt den gleichen Regeln wie ein vom Erben selber angestoßenes Verfahren nach dem FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).

Auch in einem vom Gläubiger angestoßenen Verfahren muss also vom Gläubiger eine eidesstattliche Versicherung zum Nachweis der Richtigkeit der von ihm vorgetragenen Angaben vorgelegt werden, §§ 2354, 2356 BGB.

Weiter hat der Nachlassgläubiger zum Nachweis seines eigenen Antragsrechtes nach § 792 ZPO den Vollstreckungstitel vorzulegen, mit dem er die Zwangsvollstreckung gegen den Erben aufzunehmen gedenkt.

Liegen alle Voraussetzungen vor, ist dem Gläubiger ein Erbschein zu erteilen (vgl. z.B. OLG München, Beschluss vom 29.07.2014, 31 Wx 273/13).

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