Notariell beglaubigte Kopie eines Personalausweises reicht nicht als Identitätsnachweis für Kontoauflösung – Bank darf Auszahlung verweigern!
BGH – Urteil vom 20.04.2021 – XI ZR 511/19
- Nachlasspfleger will Nachlasskonto auflösen und legt eine notariell beglaubigte Kopie seines Personalausweises vor
- Bank verweigert die Auszahlung und besteht auf einem persönlichen Besuch des Nachlasspflegers in einer Bankfiliale
- Klage des Nachlasspflegers scheitert beim BGH
Der Bundesgerichtshof hatte in dritter Instanz über die Frage zu entscheiden, ob eine notariell beglaubigte Kopie eines Personalausweises ausreicht, um gegenüber einer Bank seine Identität nachzuweisen.
In der Angelegenheit waren nach einem Erbfall die infrage kommenden Erben unbekannt.
Aus diesem Grund setzte das zuständige Nachlassgericht einen Rechtsanwalt als Nachlasspfleger ein.
Nachlasspfleger fordert Bank zur Auszahlung des Kontoguthabens auf
In den Nachlass fiel ein Kontoguthaben bei einer Bank in Höhe von 1.112,42 Euro.
Der Nachlasspfleger forderte die Bank für die unbekannten Erben auf, dieses Guthaben auf ein von ihm angegebenes Nachlass-Treuhandkonto zur Anweisung zu bringen.
Zum Nachweis seiner Legitimation übermittelte der Nachlasspfleger der Bank seine Bestallungsurkunde als Nachlasspfleger des Nachlassgerichts sowie eine notariell beglaubigte Kopie seines Personalausweises.
Banken sind zur Überprüfung der Identität ihrer Kunden verpflichtet
Im Hinblick auf die Vorschriften des GwG (Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten) erachtete die Bank diese vom Nachlasspfleger vorgelegten Nachweise aber nicht als ausreichend.
Vielmehr forderte die Bank den Nachlasspfleger auf, eine von einem ihrer Finanzcenter bestätigte Kopie seines Personalausweises vorzulegen.
Diese Forderung betrachtete der Nachlasspfleger offensichtlich als schikanös und erhob namens der unbekannten Erben Klage zum Amtsgericht.
Amtsgericht gibt dem Nachlasspfleger Recht
Das Amtsgericht verurteilte die Bank dann auch antragsgemäß zur Auszahlung des Kontoguthabens.
Gegen diese Entscheidung legte die Bank aber Berufung zum Landgericht ein und bekam dort auch Recht.
Das Landgericht hob die Entscheidung des Amtsgerichts auf und wies die Klage des Nachlasspflegers ab.
Dieses Ergebnis wollte aber wiederum der Nachlasspfleger nicht akzeptieren und legte gegen die Entscheidung des Landgerichts Revision zum Bundesgerichtshof ein.
BGH weist die Revision als unbegründet ab
Der BGH wies die Revision des Nachlasspflegers als unbegründet ab.
Der BGH bestätigte in seiner Entscheidung die Einschätzung des Landgerichts, wonach den unbekannten Erben, vertreten durch den Nachlasspfleger, derzeit kein Anspruch auf Auszahlung des Kontoguthabens zustehen würde.
Mit einer Auszahlung des Kontoguthabens würde die Bank, so der BGH, gegen § 10 Abs. 9 Satz 1 GwG verstoßen, da sie alleine aufgrund der vorliegenden Unterlagen nicht zur Identifizierung des Nachlasspflegers als für die Erben auftretende Person in der Lage sei.
Kopie eines Ausweises ermöglicht keine Identitätsüberprüfung
Die Bank müsse ihrer durch das GwG vorgegebenen Identifizierungspflicht auch unabhängig von dem Umstand nachkommen, dass es sich bei der zu identifizierenden Person um einen gerichtlich bestellten Nachlasspfleger handelt.
Die Bank habe in jedem Fall nach § 12 Abs. 1 und 3, § 13 GwG die Identität einer Person zu überprüfen, mit der sie in Geschäftsbeziehung steht.
Alleine durch die von dem Nachlasspfleger übermittelte notariell beglaubigte Kopie seines Personalausweises sei eine solche Überprüfung aber nicht möglich.
Eine ordnungsgemäße Überprüfung eines Personalausweises setze zwingend voraus, dass der Ausweis der Bank im Original von der zu identifizierenden Person vorgelegt wird.
Forderung der Bank ist nicht unverhältnismäßig
An diesem Ergebnis ändere auch die vom Nachlasspfleger der Bank gleichzeitig vorgelegte gerichtliche Bestallungsurkunde nichts.
Der BGH stellte schließlich fest, dass die Forderung der Bank, der Nachlasspfleger möge persönlich bei einer ihrer bundesweit vorhandenen Filialen zum Zwecke der Identitätsfeststellung vorsprechen, auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde.
Im Ergebnis musste nach dieser Entscheidung des BGH der Nachlasspfleger doch noch persönlich bei der Bank vorstellig werden, um für die unbekannten Erben an das Kontoguthaben in Höhe von 1.112,42 Euro zu gelangen.
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