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Eltern erteilen ihren Söhnen zu Lebzeiten eine umfassende Vollmacht – Kann nach dem Tod der Eltern die Vollmacht zur Grundbuchberichtigung genutzt werden?

Von: Dr. Georg Weißenfels

OLG Bremen – Beschluss vom 31.08.2023 – 3 W 15/23

  • Eltern erteilen ihren beiden Söhnen eine umfassende notarielle Vollmacht
  • Nach dem Tod der Eltern soll die Vollmacht für eine Grundbuchberichtigung genutzt werden
  • Das Grundbuchamt akzeptiert die Vollmacht nicht und fordert einen Erbschein

Das Oberlandesgericht Bremen hatte zu klären, ob eine Vollmacht zum Zweck der Grundbuchberichtigung genutzt werden kann.

In der Angelegenheit hatte ein Ehepaar im Jahr 2004 ihren beiden Söhnen eine umfassende notarielle Vollmacht erteilt.

Der Vollmacht war nicht explizit zu entnehmen, dass sie auch nach dem Tod der Eltern gelten sollte.

Für welchen Fall soll die Vollmacht gelten?

Vielmehr hatten die Eltern in die Vollmacht folgenden Satz aufgenommen:

„Die vorstehende Vollmacht für unsere Söhne soll dann gelten, wenn wir beide durch Alter oder Krankheit daran gehindert sind, für uns selber zu sorgen.“

Die Eltern verstarben kurz hintereinander im Jahr 2022.

Nach dem Ableben ihrer Eltern wollten die beiden Söhne eine Immobilie, für die die Eltern im Grundbuch als Eigentümer eingetragen waren, auf sich umschreiben lassen.

Söhne legen dem Grundbuchamt die Vollmacht vor

Im Zuge des Antrages auf Grundbuchänderung legten die beiden Söhne die notarielle Vollmacht aus dem Jahr 2004 vor, nach der sie ermächtigt waren, ihre Eltern auch in vermögensrechtlichen Angelegenheiten umfassend zu vertreten.

Das Grundbuchamt lehnte eine Grundbuchänderung alleine auf Grundlage der Vollmacht ab.

Vielmehr wies das Grundbuchamt darauf hin, dass die Vollmacht nicht über den Tod der Eltern erteilt worden und damit mit dem Tod der Eltern erloschen sei.

Auch sah das Grundbuchamt in dem Passus in der Vollmacht, wonach diese nur dann gelten soll, wenn die Eltern durch „Alter oder Krankheit“ an eigenem Handeln gehindert sind, einen Hinweis darauf, dass die Vollmacht für den Fall des Todes der Eltern nicht gelten solle.

Das Grundbuchamt fordert einen Erbschein an

Das Grundbuchamt gab den beiden Söhnen auf, einen (kostenpflichtigen) Erbschein zum Nachweis ihrer Rechte an der betroffenen Immobilie vorzulegen.

Gegen diese Entscheidung des Grundbuchamtes legten die beiden Söhne Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.

Das OLG gab der Beschwerde statt.

Die Vollmacht wird vom OLG ausgelegt

Das OLG wies in seiner Entscheidung zunächst darauf hin, dass die Vollmacht keinen ausdrücklichen Hinweis zu der Frage enthalte, ob die Vollmacht auch nach dem Tod der Eltern weiter Gültigkeit haben solle.

In diesem Fall sei durch eine Auslegung der Vollmacht zu ermitteln, ob die Vollmacht auch über den Tod der Eltern gelten solle.

Das OLG entnahm der Vollmacht, dass die Eltern ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten von ihren Söhnen in dem Moment geregelt wissen wollten, in dem sie selbst nicht mehr dazu in der Lage waren.

Auch die Erbenstellung der Söhne ändert nichts am Bestand der Vollmacht

Damit sei davon auszugehen, dass die Vollmacht über den Tod der Eltern Geltung beanspruchen könne.

Im Übrigen sei die Vollmacht, so das OLG, auch nicht durch den Umstand erloschen, dass die beiden Söhne zugleich alleinige Erben ihrer Eltern geworden waren.

Im Ergebnis hatte das Grundbuchamt damit die beantragte Grundbuchberichtigung alleine auf Grundlage der vorgelegten Vollmacht vorzunehmen.

Einen Erbschein mussten die beiden Söhne dem Grundbuchamt nicht vorlegen.

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