Erben wollen Grundbuch berichtigen lassen – Wie können sie nachweisen, dass sie keinen Pflichtteil geltend gemacht haben?
OLG Hamm – Beschluss vom 20.08.2015 – 15 W 346/15
- Eltern fügen in ihr notarielles Testament eine Pflichtteilsstrafklausel ein
- Nach dem Tod der Eltern sollen die Kinder dem Grundbuchamt nachweisen, dass von ihnen niemals ein Pflichtteil eingefordert wurde
- Grundbuchamt fordert zum Nachweis dieser Tatsache einen Erbschein
Das Oberlandesgericht Hamm hatte sich in einer grundbuchrechtlichen Angelegenheit mit der Frage zu beschäftigen, wie Kinder als Erben ihrer Eltern nachweisen können, dass sie in Anbetracht einer Pflichtteilsstrafklausel im ersten Erbfall von der Forderung ihres Pflichtteils abgesehen haben.
Der zur Entscheidung stehende Fall war typisch und hatte in ähnlicher Form bereits wiederholt die Gerichte beschäftigt.
Eltern setzen ihre Kinder im Testament als Schlusserben ein
Die Eltern hatten sich in einem notariellen Testament gegenseitig als Erben eingesetzt. Weiter sah das Testament vor, dass nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners die beiden Töchter des Ehepaares das Familienvermögen erben sollten.
Gleichzeitig enthielt das Testament eine so genannte Pflichtteilsstrafklausel. Danach sollte dasjenige Kind, das im ersten Erbfall seinen Pflichtteil verlangt, auch im Falle des Todes des zunächst überlebenden Ehepartners nur den Pflichtteil erhalten.
Die Ehefrau verstarb im Jahr 2002 und wurde von ihrem Ehemann beerbt. Keine der beiden Töchter machte nach dem Tod ihrer Mutter den Pflichtteil geltend.
Der Vater verstarb im Jahr 2014 und wurde von seinen beiden Töchtern je zur Hälfte beerbt.
Nach dem Tod der Eltern wollen die Kinder das Grundbuch berichtigen lassen
Nachdem sich im Nachlass ihres Vaters auch eine Immobilie befand, stellten die beiden Erbinnen beim zuständigen Grundbuchamt einen Antrag auf Grundbuchberichtigung. Zum Nachweis ihrer Berechtigung legten die beiden Erbinnen das notarielle Testament ihrer Eltern vor und verwiesen auf die Bestimmung in § 35 Grundbuchordnung.
Dem zuständigen Rechtspfleger beim Grundbuchamt reichte dies jedoch nicht als Nachweis. Er argwöhnte, dass nach dem Tod der Mutter von einer der beiden Töchter der Pflichtteil gefordert worden sei. Um diese Bedenken zu zerstreuen, forderte er die beiden Erbinnen auf, einen (kostenpflichtigen) Erbschein vorzulegen.
Die beiden Erbinnen lehnten dies ab, erklärten sich aber bereit, eidesstattliche Versicherungen vorzulegen, wonach von ihnen der Pflichtteil im ersten Erbfall gerade nicht geltend gemacht worden sei. Im Übrigen vertraten sie die Auffassung, dass auch eine solche eidesstattliche Versicherung im vorliegenden Fall überflüssig sei, da ja beide beteiligten Erbinnen übereinstimmend bestätigten, dass ein Pflichtteil nie geltend gemacht worden sei.
Das Grundbuchamt blieb bei seiner Einstellung, die Erbinnen legten Beschwerde zum Oberlandesgericht ein. Dort bekamen sie Recht.
Das OLG stellte in seiner Entscheidung fest, dass grundsätzlich „die Tatsache der fehlenden Geltendmachung des Pflichtteils … grundbuchverfahrensrechtlich an sich durch eine öffentliche Urkunde nachgewiesen werden“ müsse.
OLG lässt eine eidesstattliche Versicherung der Kinder ausreichen
Als „Nachweis der (negativen) Tatsache der fehlenden Geltendmachung des Pflichtteils (könne) allerdings auch eine vor einem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung genügen“.
Die Forderung nach einem Erbschein sei, so das OLG, bei Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung nur dann gerechtfertigt, wenn „unter Einbeziehung der eidesstattlichen Versicherungen noch Zweifel verbleiben, die über die abstrakte Möglichkeit eines anderen Sachverhalts hinausgehen.“
In diesem Zusammenhang müsse aber auch gefordert werden, so das OLG, dass sämtliche Erben eine eidesstattliche Versicherung abgeben, wonach Pflichtteilsrechte nicht geltend gemacht wurden.
Dem Ansinnen der beiden Erbinnen, auch eine privatschriftliche Erklärung, wonach der Pflichtteil nicht gefordert wurde, ausreichen zu lassen, wollte sich das Gericht ausdrücklich nicht anschließen. „Bedeutung und Funktion des Grundbuches“ würden es erforderlich machen, Eintragungen im Grundbuch „nur auf gesicherter urkundlicher Nachweisbasis“ vorzunehmen.
Im Ergebnis gestattete das Gericht den Erbinnen demnach, das bestehende Eintragungshindernis durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen zu beheben.
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